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Christian Kracht – Wikipedia

Christian Kracht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Schriftsteller und Journalist Christian Kracht
Schriftsteller und Journalist Christian Kracht

Christian Kracht (* 29. Dezember 1966 in Gstaad) ist ein schweizerischer Schriftsteller und Journalist.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Kracht, der zu den bekanntesten Vertretern der deutschsprachigen Popliteratur der Gegenwart zählt, besuchte mehrere Elite-Internate, unter anderem die Schule Schloss Salem und die Lakefield College School in Lakefield, Ontario, Kanada. Kracht ist Absolvent des Sarah Lawrence College in Bronxville, New York, USA. In Deutschland war Kracht als Journalist für B.Z., Tempo und Der Spiegel tätig. Mitte der 1990er Jahre ging er als Indienkorrespondent des Spiegels nach Neu-Delhi, als Nachfolger von Tiziano Terzani. Anschließend lebte Kracht für mehrere Jahre in Bangkok im Gebäude der ehemaligen jugoslawischen Botschaft und bereiste von dort aus verschiedene Staaten Asiens. Von Herbst 2004 bis Juni 2006 gab er gemeinsam mit Eckhart Nickel das Magazin Der Freund heraus. Er lebte zunächst am Redaktionssitz in Kathmandu. Kracht verließ Nepal mit der Redaktion aber, als die Unruhen in Nepal die Arbeitsbedingungen erschwerten. Das Magazin wurde danach in San Francisco fertiggestellt; dem ursprünglichen Plan gemäß erschienen acht Hefte. Krachts Vater, Christian Kracht sen., war in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Generalbevollmächtigter Axel Springers.

[Bearbeiten] Werk

Krachts erster Roman Faserland (1995) wurde von einigen Kritikern als richtungsweisendes Werk einer Welle deutschsprachiger Popliteratur ab Mitte der 1990er Jahre bezeichnet, andere zogen Parallelen zum Werk Bret Easton Ellis' oder sahen gar ein Plagiat.[1] Er setzt sich mit der modernen Konsumkultur, dem Zerfall des Nachkriegsmodells von der nivellierten Mittelstandsgesellschaft und der mit ihm verbundenen Krise der Identitätsfindung im individuellen und nationalen Rahmen auseinander.

Krachts in der Welt am Sonntag veröffentlichten Reiseberichte sind unter dem Titel Der gelbe Bleistift (2000) in Buchform erschienen; ein mit Eckhart Nickel verfasstes, fiktionalisiertes Reisetagebuch - Ferien für immer - erschien schon 1998.

In dem im September 2001 erschienen Roman 1979, der von der Kritik als Abgesang auf die Popliteratur gewertet wurde, schildert Kracht die Fragilität eines als dedakent beschriebenen westlich-großbürgerlichen Wertesystems und seine Ohnmacht gegenüber den östlich-totalitären Modellen Islamismus und Maoismus: Man sah Kracht auf dem Weg „in Richtung echten Ernst“.[2] Der Roman erschien in unmittelbarer zeitlicher Nähe zu den Anschlägen vom 11. September 2001, was ihm zusätzliche Beachtung verschaffte.

Einem breiteren Publikum bekannt wurde Kracht auch durch seinen Auftritt[3] in der Harald Schmidt Show. Ferner erschien er 1999 mit seinem Kollegen Benjamin von Stuckrad-Barre in einer Werbekampagne der Bekleidungskette Peek & Cloppenburg.[4]

2004 bis 2008 [5]lief eine Bühnenversion von 1979 an verschiedenen deutschsprachigen Theaterhäusern unter der Regie von Matthias Hartmann; am Schauspielhaus Zürich, am Schauspielhaus Bochum und am Niedersächsischen Staatstheater in Hannover.

Mitte November 2006 bis Ende Oktober 2007 war er fester Kolumnist der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Seine jeden zweiten Samstag erscheinende Kolumne trug den Titel „Brief aus...“ (manchmal auch „Gespräch mit...“). Absicht sei es gewesen, „mich ein Jahr lang in der Kolumne mit der Selbstreferenzialität zu beschäftigen“; nach diesem Jahr ist die Kolumne ausgelaufen.[6]

Ende Februar 2007 erschien, als Niederschlag einer Kilimandscharo-Besteigung[7] mit Ingo Niermann, Metan, in dem es um die geheimnisvolle Macht des Gases Methan geht. Die ersten Rezensionen gaben sich ablehnend[8] bis verwundert: Was die beiden Dichter in der Folge dieser Reise da jedenfalls über die Erneuerung des Menschengeschlechts aus dem Geist des Furzes zusammenschwadronieren, ist wirklich beunruhigend. Oder auch einfach: großer Quatsch.[9] Ein anderer Rezensent erkannte in der vermeintlichen Verschwörungstheorie jedoch eine Parodie des alarmistischen, menschheitsbelehrenden Groß-Sachbuches und befand: Wenn man allerdings dieses Buch für einen Scherz hält, dann ist es vielleicht gar kein schlechter.[10].

Das Werk Krachts enthält verfremdende Anspielungen u.a. auf Thomas Manns Zauberberg, Jean Baudrillards Der symbolische Tausch und der Tod, die sanft-ironischen Reiseberichte Robert Byrons und Hergés Die Abenteuer von Tim und Struppi. Im Stil der von Hergé entwickelten ligne claire sind auch die Illustrationen von Dominik Monheim in der 1998 bei Kiepenheuer & Witsch in Köln erschienen Erstausgabe der Ferien für immer, einem gemeinsam mit Eckhart Nickel verfassten Brevier über „die angenehmsten Orte der Welt“, gehalten.

Seinen eigenen, in 14 Sprachen übersetzten Büchern gegenüber äußert sich Kracht scheinbar selbstironisch – sie seien bloß „light entertainment“[11] – jedoch verbirgt sich hinter dieser Aussage kein geringer Anspruch: „Das höchste Erreichbare in der Kultur ist nach der Architektur die Komödie. Ich begreife meine Werke humoristisch“.[12] Dem Etikett „Popliteratur“ steht Kracht distanziert gegenüber. Beispielhaft hierfür mag stehen, dass er den Abdruck seiner Texte in einer Anthologie zum Thema in seinem eigenen Verlag Kiepenheuer & Witsch ablehnte.[13]

Die Umschlaggestaltung seiner Bücher lässt jedoch auf weit verzweigtere Verbindungen zu Pop schließen, als von Kracht behauptet wird. Der Umschlag des Romans „1979“ wurde z.B. vom britischen Grafiker Peter Saville gestaltet, Gründer von Factory Records und einflussreicher Gestalter der Albencover diverser Musikgruppen wie Joy Division, New Order und Suede. Die Hörbuch-Version von „1979“ wurde vom britischen Grafiker Mike Alway, Chef des legendären El-Plattenlabels (Momus, The Monochrome Set) und Cherry Red Records gestaltet. Des Weiteren sind auf zwei seiner Bücher Gemälde des zeitgenössischen norwegischen Malers Odd Nerdrum abgebildet, der behauptet, seine Bilder sollen nicht als Kunst verstanden werden, sondern als Kitsch.

[Bearbeiten] Kontroversen

Kracht, der sich nicht als Schweizer, sondern als Kosmopolit versteht, ist eine der umstrittensten Figuren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. In seinen wenigen Interviews gibt er sich, je nach Sichtweise, dandyistisch-schnöselig oder ironisch-distanziert; die Bedeutung seiner Interviewaussagen ist selten eindeutig. So sind auch Krachts oft als provokant empfundene Einlassungen zum Zeitgeschehen mitunter cum grano salis zu nehmen bzw. in ihrem Zusammenhang zu verstehen. Dies gilt etwa für das Interview kurz nach den Anschlägen von 9/11, in dem er den Talibanführer Mullah Omar (genauer: die Taliban selbst) als „camp“ bezeichnete:[11] Die moralische Wertung trat hier hinter der medienästhetischen zurück. Ähnlich mag es sich auch mit Krachts Vorwort zum Bildband Die totale Erinnerung (2006) verhalten, in dem von Nordkorea v.a. als einer riesigen Inszenierung, als einem aus Propagandazwecken vermitteltem Simulacrum die Rede ist,[14] wobei die vermeintliche Nichtbeachtung tatsächlichen Leids manche Kommentatoren verärgert hat.[15]

Zu einer kleineren Kontroverse kam es im September 2007 anlässlich eines Interviews, welches Kracht und David Woodard der Neofolk-Zeitschrift Zwielicht gaben, woraufhin in der Süddeutschen Zeitung der Vorwurf einer Annäherung an Positionen der Neuen Rechten und des Satanismus erhoben wurde.[16] In der FAZ erschien daraufhin eine Glosse, in der die Vorwürfe als Mißverständnis ad absurdum geführt werden sollten.[17]

Auf der alljährlich erscheinenden Liste der 500 wichtigsten Intellektuellen Deutschlands des politischen Magazins Cicero belegt Kracht im Jahr 2007 Platz 101, ein Aufstieg von 29 Plätzen im Vergleich zum Vorjahr.[18]

[Bearbeiten] Buchveröffentlichungen

Krachts Werke wurden in das Dänische, Englische, Französische, Russische, Italienische, Niederländische, Estnische, Litauische, Lettländische, Spanische, Japanische, Arabische, Hebräische und Tschechische übersetzt.

[Bearbeiten] Hörbücher

[Bearbeiten] Auszeichnungen

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Siehe etwa Ina Hartwig, „Standpunkt verschleiert“ in der Frankfurter Rundschau vom 23. Dezember 2003
  2. So Stefan Zweifel, „Trash Total“, in Facts vom 7. April 2005
  3. Mitschnitt hier, ausgestrahlt 2001
  4. Siehe hierzu die Äußerungen beider im Interview mit der Zeit, „Wir tragen Größe 46“, Nr. 37/1999
  5. 'http://www.schauspielhaus.ch/
  6. Siehe Kracht, „Brief aus der Vergangenheit, letzter Teil“, FAZ vom 20. Oktober 2007.
  7. Siehe hierzu auch die Bildreportage von Kracht und Niermann, „Kilimanjaro“, in Qvest, Nr. 23 (Dez. 06/Jan. 07), S. 59-71.
  8. So Harald Peters in der Welt am Sonntag vom 4. März 2007, „Über kleine und größere Stinker“
  9. Volker Weidermann in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 4. März 2007, S. 30
  10. Christoph Bartmann, „Eine große Weltatemtheorie“, Süddeutsche Zeitung vom 16. April 2007, S. 16.
  11. a b Interview mit Volker Weidermann und Edo Reents, „Ich möchte ein Bilderverbot haben“, in Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 30. September 2001
  12. Interview von Daniel Arnet, „Kim Jong Kracht“, in Facts vom 21. September 2006
  13. Siehe Kerstin Gleba und Eckhard Schumacher (Hg.), Pop seit 1964, Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2007, S. 398.
  14. Siehe hierzu Björn Weyand „Der gelenkte Blick“ in Freitag (Zeitung) vom 18. April 2008
  15. So etwa Daniel Herbstreit, „Die Liebe zum Beton“ in Der Tagesspiegel vom 14. September 2006
  16. Markus Tillmann, „Unheilige Allianzen; Christian Kracht, David Woodard und die Neue Rechte“, Süddeutsche Zeitung vom 13. September 2007, S. 16.
  17. FAZ vom 14. September 2007, hier nachzulesen.
  18. Siehe Cicero, Mai 2007.


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