Betreibermodell
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Betreibermodelle kennzeichnen Projekte, in denen der eigentliche Produzent (OEM) Teile der oder die gesamte Produktion sowie Instandhaltung für eine limitierte Zeit auf einen Betreiber überträgt und danach als Kunde gegenüber der Betreibergesellschaft auftritt.
Bei der klassischen Form eines Betreibermodells wird die Investition für die Anlage durch die Betreibergesellschaft getätigt und taucht entsprechend auch in deren Bilanz und nicht in der des Kunden auf. Dieses Vorgehen ist bei Bilanzierung nach HGB noch relativ gut möglich, nach den Regeln des IAS oder US-GAAP aber an strengere Regeln gebunden.
Man spricht hierbei von Projektfinanzierung. Der Betreiber bekommt die getätigte Investition von seinem Kunden in der Regel anteilig pro produzierter Einheit bezahlt (PoP: Pay on Production). In den meisten Fällen stehen Betreibermodelle im Zusammenhang mit einem Anlagenneubau, wobei der Betreiber in der Regel der Anlagenbauer selbst oder eine zur Verringerung des Risikos als Ableger gegründete Betreibergesellschaft (SPC: Special Purpose Company) ist. Einige Betreibermodelle sind aber auch schon auf bereits bestehende Anlagen angewandt worden, so zum Beispiel in der Lackiererei von Seat in Spanien.
Ihren Ursprung haben Betreibermodelle in öffentlichen Projekten. In diesem Zusammenhang wird oft die Bezeichnung Public Private Partnership) verwendet. Das Konzept hat Mitte der 1990er Einzug in industrielle Sektoren, besonders der Automobilindustrie gehalten. Einen der ersten konsequenten Anläufe machte wohl VW-Manger Ignacio López, als er im Werk Puebla in Mexiko einführte, dass die Lieferanten ihre Teile am Band selbst verbauen und die Zahlung dafür erst bei der Qualitätsfreigabe des gesamten Fahrzeuges fällig wird. Auch der Industriepark smartville (smart GmbH) in Hambach zählt sicherlich zu den bekanntesten Beispielen und besteht aus einer Vielzahl einzelner Betreibermodelle.
Ob öffentliches oder industrielles Betreibermodell, die Motive sind ähnlich: Auf der einen Seite stehen finanzielle Aspekte, auf der anderen Seite das Einbeziehen des Wissens eines Spezialisten, also eine Form des Outsourcings, und damit verbunden auch eine Verlagerung des unternehmerischen Risikos vom Kunden auf den Lieferenten, insbesondere bei einer PoP-Bezahlung ohne garantierte Jahresstückzahl.
Der englische Oberbegriff für Betreibermodelle ist BOT (Build Operate Transfer) und kennzeichnet die drei Phasen, aus denen ein Betreibermodell besteht, der Bauphase, der Konzessionsphase, in der die Betreibergesellschaft die Anlage betreibt und dem Transfer-Step, in dem die Anlage auf den Kunden übertragen werden soll. In der Praxis wird dann aber meist eine neue Konzessionsphase ausgehandelt, da der Kunde gewöhnlich wenig Interesse daran hat, die Anlage nun selbst zu betreiben.
Besondere Formen sind
- ROT (Rehabilitate Operate Transfer), also kein Anlagenneubau, sondern lediglich eine Renovierung,
- BLOT (Build Lease Operate Transfer), hier least der Betreiber die Anlage entweder vom Kunden oder einer Leasingfirma,
- BTO (Build Transfer Operate), hier wird die Anlage eigentumsrechtlich schon vor Ablauf der Konzessionsperiode auf den Kunden übertragen,
- BOOT (Build Own Operate Transfer), eigentlich wie BOT, nur gibt es keine Early-Buy-Out-Option, wo der Kunde die Anlage vorzeitig auf sich übertragen kann und
- BOO (Build Own Operate), wo ein Transfer of Ownership auf den Kunden gar nicht vorgesehen ist.
[Bearbeiten] Literatur
- Beckmann, Daniel: Controlling Betreibermodell-basierter Infrastrukturprojekte : Eine Konzeption aus Projektträgersicht. Aachen: Shaker, 2003 - ISBN 3-8322-1203-5.
- Werding, Arndt: Bewertung von Betreibermodellen in Produktionsbetrieben : Entwicklung einer Methodik zur Auswahl der optimalen Bezugsart. Aachen: Shaker, 2005 - ISBN 3-8322-4104-3.