Stuhlgang
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Als Stuhlgang bzw. medizinisch Defäkation (von lat. faex „Hefe“, „Bodensatz“) bezeichnet man das Ausscheiden von Kot aus dem menschlichen Verdauungstrakt bzw. Darm. Die Bezeichnung Stuhlgang rührt vom Leibstuhl her, der im 18. Jahrhundert entwickelt wurde und aus einem Stuhl mit eingebautem Nachttopf zur Aufnahme der Fäkalien bestand.
Umgangssprachlich, aber vulgär, wird Stuhlgang auch als kacken (von lat. cacare „scheißen“) oder scheißen bezeichnet.
Im Darm wird Kot nicht durch Muskelkraft (Peristaltik) transportiert, wie oftmals fälschlicherweise angenommen, sondern durch das Nachrücken von unverdaulicher Materie aus dem Ileum. Peristaltik existiert zwar, ist aber ungerichtet und dient nur der Durchmischung des Stuhls. Dieser wird schließlich im Enddarm (Mastdarm) vorübergehend gesammelt, bis Dehnungsrezeptoren in der Darmwand dann im Gehirn das Bedürfnis zur Ausscheidung stimulieren. Diese kann von den meisten Menschen bewusst gesteuert werden, verantwortlich dafür ist der Schließmuskelring des Anus. Diese Fähigkeit heißt Kontinenz. Bei Menschen, die ihren Stuhlgang nicht bewusst kontrollieren können, spricht man von Stuhlinkontinenz.
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Häufigkeit und Ausprägung
Viele Menschen haben täglich Stuhlgang, aber dennoch kann die Häufigkeit beim gesunden Menschen von mehrmals täglich bis einige wenige Male wöchentlich variieren. Erst bei deutlichen Abweichungen von den individuellen Gewohnheiten spricht man von Durchfall oder Verstopfung. Die Konsistenz schwankt zwischen hart und weich erheblich von Mensch zu Mensch und auch je nach körperlicher und seelischer Verfassung, hängt vor allem aber von der aufgenommenen Nahrung ab. Europäer haben in der Regel tägliche Stuhlgewichte von 100−200 g; Vegetarier infolge des höheren Ballaststoffanteils in der Nahrung bis 350 g. Die Menge des bei einem einzigen Stuhlgang ausgeschiedenen Materials kann im Einzelfall auch bis zu 1 kg betragen. Aufgrund der Peristaltik und der Speicherfähigkeit des Darmes kommt bei den meisten Menschen etwa eine Minute nach der Erstentleerung, die den Hauptanteil stellt, noch weiterer Kot in etwas weicherer Form hinzu. Medizinisch gilt ein großes Stuhlvolumen als günstig (der Stuhl sollte zumindest anfangs auf dem Wasser schwimmen). Die braune Farbe wird hauptsächlich durch das Tetrapyrrol Sterkobilin hervorgerufen, welches auch die Farbe des Urins bestimmt. Die Farbe des Stuhles wird jedoch auch durch die aufgenommene Nahrung und/oder Krankheiten des Magen-Darmtraktes beeinflusst.
Körperhaltung
Die Körperhaltung beim Stuhlgang unterscheidet sich nach Art und Einrichtung und nach Kulturkreis. In Mitteleuropa werden dafür meistens Sitztoiletten verwendet. In Südeuropa oder Asien (Artikel: Toiletten in Japan) finden sich noch häufig Steh- bzw. Hocktoiletten, welche von manchen Menschen als hygienischer erachtet werden, letztlich und hauptsächlich aber billiger sind. Sitztoiletten breiten sich aus guten Gründen rund um den Globus aus: Nicht nur ältere Leute tun sich aufgrund ihrer Bewegungseinschränkungen und Sturzgefährdung damit wesentlich leichter; auch im Falle einer Durchfallerkrankung, aber auch bei verschiedenen Blasenentleerungsstörungen ist es von Vorteil, sich nicht erst tief bücken zu müssen.
Durchführung
Der Kot wird durch stoßartiges Ein- und Ausatmen bei der Stuhlentleerung aus dem Enddarm bewegt. Man sollte starkes Pressen vermeiden, da es die Bildung von Hämorrhoiden fördern kann. Sollte der Kot sich nur sehr schwer ausscheiden lassen, spricht man von einer Obstipation. Im Allgemeinen wird zur Durchführung des Stuhlganges eine Toilette oder ein vergleichbarer Ort aufgesucht.
Intimreinigung
Auch die Art der Reinigung nach dem Stuhlgang hängt stark vom Kulturkreis ab und wird meist mit Hilfe von eigens dafür gefertigtem Toilettenpapier oder mit Hand, Wasser und Seife durchgeführt. Dazu kann auch ein Bidet benutzt werden.
Scham und Öffentlichkeit
Im Gegensatz zum Harnlassen, das zumindest in den meisten öffentlichen Herrentoiletten Deutschlands noch in einem offenem Raum stattfindet (siehe auch: Urinal, Pinkelrinne) ist der Stuhlgang heutzutage in der Regel Privatangelegenheit. Überlieferungen aus der Antike oder dem Mittelalter zeigen, dass es damals beim Verrichten der Notdurft noch keine Geheimnisse und Schamgefühle gab. Diese entstanden erst später und entwickelten sich zeitlich zunächst in den größeren Städten, wahrscheinlich auch aufgrund der durch Kot übertragbaren Krankheiten. Aber auch die Nacktheit des Unterleibs und das Zurschaustellen der Geschlechtsorgane hemmt viele Menschen, ihren Stuhlgang in Gegenwart anderer Menschen auszuführen. Auf dem Land hingegen war das Gemeinschaftsgefühl häufig noch stärker ausgeprägt. Innerhalb der Familie gab es noch bis ins 19. Jahrhundert Gemeinschaftssitze. In den skandinavischen Wochenendhäusern einfacher Prägung findet man auch heute noch externe mehrsitzige Plumpsklos. In China sind, nicht nur auf dem Land, Toiletten ohne Trennwände, in denen man sich auch noch gegenübersitzt, häufig anzutreffen, ohne dass dies das Schamgefühl anrührte.
In einem noch größeren Umfang als das Anspucken und das Harnlassen stellt der Stuhlgang auf eine Person oder auch auf einen speziellen Gegenstand eine Demütigung des Opfers dar, die wiederum im Mittelpunkt einiger Sexualpraktiken des BDSM-Spektrums steht. Anders die Koprophilie, bei der der Koprophile sexuelle Stimulierung durch den Umgang mit dem Stuhl erfährt.
Vegetativer Hintergrund
Wenn das Rektum durch zunehmende Füllung gedehnt wird, werden anorektale Afferenzen aktiv und es entsteht ein vermehrter Stuhldrang. Der zur glatten Muskulatur gehörende innere Schließmuskel entspannt sich, während der Tonus des quergestreiften äußeren Schließmuskels steigt.
Bei Erfolgen der Defäkation muss der äußere Schließmuskel bewusst entspannt werden. Die Defäkation tritt ein, wenn auch der innere Schließmuskel erschlafft und gleichzeitig die Kontraktion von Sigmoid und Mastdarm ausgelöst wird. Das geschieht durch rektale Afferenzen über einen spinalen parasympathischen Reflex, den Defäkationsreflex.
Literatur
- Mila Schrader: Plumpsklo, Abort, Stilles Örtchen, 2003, ISBN 3-931824-25-X
- Rainer Klinke (Hrsg.): Physiologie. Stuttgart und New York: Thieme, 5. komplett überarbeitete Auflage 2005, ISBN 3-13-796005-3.
- Franz Knoedler: "De egestionibus". Texte und Untersuchungen zur spätmittelalterlichen Koproskopie, Würzburg 1979 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen, 18)
- John Gregory Bourke: Der Unrat in Sitte, Brauch, Glauben und Gewohnheitsrecht der Völker. Unveränd. Nachdr. der dt. Erstausg., Leipzig, Ethnologischer Verl., 1913. - Frankfurt am Main : Eichborn, 1996. - 600 S. Originaltitel: Scatalogic rites of all nations. ISBN 3-8218-0503-X
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