Privatdozent
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Ein Privatdozent (PD oder Priv.-Doz.) ist ein in der Bundesrepublik Deutschland verwendeter Titel für einen habilitierten Wissenschaftler an einer Universität oder einer Pädagogischen Hochschule, der noch keine Professorenstelle inne hat. Privatdozenten sind als Hochschullehrer selbstständig und alleinverantwortlich zur akademischen Lehre berechtigt. In einigen Bundesländern sind sie zu einer Mindestzahl von Veranstaltungen verpflichtet, da sie in diesen Ländern bei Nichtanbieten von Lehrveranstaltungen den Anspruch auf den Titel „Privatdozent“ verlieren würden (Titellehre). Im Gegensatz zum Privatdozenten wurde für einen besoldeten Dozenten noch im 20. Jahrhundert der Titel Diätendozent benutzt.
In Österreich verliehen Universitäten bis 2003 auf Grund der Habilitation die Lehrbefugnis als Universitätsdozent (Univ.-Doz.), was immer wieder zu Verwechslungen mit der gleichnamigen Verwendungsgruppe für Beamte führte. Erst 2004 wurde die Bezeichnung Privatdozent auch in Österreich eingeführt, damit wurde die Lehrbefugnis (als Privatdozent) von der Beamtenstellung (Univ.-Doz.) auch begrifflich unterschieden.
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[Bearbeiten] Situation in Deutschland
[Bearbeiten] Titel
Die Bedeutung des Titels Privatdozent und der Kreis derer, die ihn führen dürfen, ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Es folgen einige Beispiele:
- Mancherorts wird die Bezeichnung Privatdozent mit Abschluss des Habilitationsverfahrens als zusätzlicher akademischer Titel (nicht als akademischer Grad) verliehen.
- In Baden-Württemberg zum Beispiel darf sich ein Habilitierter, der Vorlesungen in einem bestimmten Umfang hält, Privatdozent nennen. Hält er keine Vorlesungen mehr, so kann er seinem Doktorgrad den Zusatz habil. anfügen, den Titel Privatdozent aber nicht mehr führen.
- Andernorts, wie z. B. in Bayern, wird zwischen Lehrbefähigung und Lehrberechtigung unterschieden: die Habilitation umfasst die Lehrbefähigung. Die Lehrberechtigung (lat. venia legendi) mit dem Titel Privatdozent und der Zugehörigkeit zur Hochschullehrerschaft muss in diesen Ländern anschließend separat beantragt werden. In den theologischen Fakultäten ist die Unterscheidung bedeutsam, da die Lehrberechtigung außer der Habilitation auch eine kirchliche Erlaubnis voraussetzt.
- In Brandenburg und anderen Bundesländern erhält der Habilitierte einen weiteren Doktorgrad, den Dr. habil. (Beispiel: Dr. med., Dr. med. habil.), während er in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen u. a. Bundesländern seinem Doktorgrad den Zusatz „habil.“ hinzufügen darf (Beispiel: Dr. med. habil.; mit der Habilitation wird dort kein weiterer Doktorgrad verliehen).
- In Rheinland-Pfalz als einzigem Bundesland wird der Titel Privatdozent zur Zeit nicht mehr verliehen. Auch wenn der Habilitierte Vorlesungen hält, darf er sich nur Dr. habil. nennen.
[Bearbeiten] Stellung an der Universität
Habilitation und Lehrbefugnis begründen kein Dienstverhältnis und keine Anwartschaft auf Begründung eines Dienstverhältnisses. Sie können an der Hochschule in einem Dienstverhältniss stehen, beispielsweise als wissenschaftlicher Mitarbeiter (z.B. als Akademischer Rat oder im Angestelltenverhältnis), oder nebenberuflich tätig sein. Privatdozenten gehören in einigen Bundesländern zur Gruppe der Hochschullehrer. Als solche dürfen sie im Rahmen von Promotions- und Habilitationsverfahren Betreuer, Gutachter und Prüfer sein und akademische - und bei entsprechender Bestellung - auch kirchliche und staatliche Prüfungen abnehmen. Die Prüfungsberechtigung ist je nach Landesrecht unterschiedlich ausgeprägt.
Auf Vorschlag der jeweiligen Fakultät bzw. des jeweiligen Fachbereichs kann aufgrund eines entsprechenden Verfahrens, das hervorragende Leistungen in Forschung und Lehre attestiert, die Würde eines außerplanmäßigen Professors (apl. Prof.) verliehen werden. In einigen Bundesländern sind Mindestzeiten als Privatdozent vorgeschrieben (in der Regel vier bis acht Jahre). Mit den apl. Professoren wird ebenfalls kein Dienstverhältnis begründet.
Anfang der 1970er Jahre war für einen befristeten Zeitraum in Hochschul- bzw. Hochschullehrergesetzen der Länder eine Übernahme von Habilitierten, die sich zum Zeitpunkt der Habilitation auf Stellen des sog. akademischen Mittelbaus alter Art befanden, auf Professorenstellen (Besoldungsgruppen AH 3 bis 5) vorgesehen. Diese Überleitungen wurde allerdings dann oft zu großzügig (z. B. in Hamburg) oder rechtlich bedenklich (z. B. in Nordrhein-Westfalen) angewandt, was oft zu Rechtsstreitigkeiten führte.
[Bearbeiten] Finanzielle Situation der Privatdozenten
Bis etwa 1965 bekamen die Privatdozenten und Professoren Hörergeld nach der Zahl der an ihren Veranstaltungen teilnehmenden Studierenden. Für die Privatdozenten war dies der einzige Lohn, für die planmäßigen Professoren ein Zusatzverdienst zu ihren Dienstbezügen.
Heute werden einige Privatdozenten durch (überwiegend befristete) Beschäftigungs- bzw. Dienstverhältnisse im Angestellten- oder Beamtenverhältnis bzw. aus Drittmitteln bezahlt. Die Vertretung einer Professur durch einen Privatdozenten (beispielsweise bis zum Abschluss des entsprechenden Berufungsverfahrens) ist möglich; die Besoldung bzw. Vergütung entspricht dann in der Regel der eines entsprechend eingestuften Professors.
Besonders in den Geisteswissenschaften arbeiten manche Privatdozenten auf der Grundlage von Lehraufträgen, die teils unbezahlt sind, teils sehr deutlich unterhalb des Existenzminimums vergütet werden. Anreisekosten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch Auslagenentschädigung für Seminarmaterial und Fotokopien werden jedoch fast immer erstattet.
Ein Privatdozent, der eine gewisse Zeit nicht an einer Universität lehrt, verliert in einigen Bundesländern seine Lehrberechtigung und hat dadurch deutlich reduzierte Chancen, auf eine Professur berufen zu werden.
[Bearbeiten] Situation in Österreich
Privatdozenten sind Personen, denen auf Grund ihrer wissenschaftlichen oder künstlerischen Qualifikation von der Universität die Lehrbefugnis (venia docendi) für ein wissenschaftliches oder künstlerisches Fach verliehen wurde (Habilitation).[1] Durch die Erteilung der Lehrbefugnis (venia docendi) wird weder ein Arbeitsverhältnis begründet, noch ein allfällig bestehendes Arbeitsverhältnis zur Universität verändert.[2] Die Privatdozenten zählen nicht zum Universitätspersonal, sehr wohl aber (wie auch z. B. die Studierenden) zu den Universitätsangehörigen.[3]
[Bearbeiten] Einzelnachweise
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Zur asymmetrischen Struktur in der deutschen Hochschullandschaft. Mit dem Aufruf zur Gründung einer Privatdozenten-Organisation (2005)
- Manuel J. Hartung: „Lehre ohne Lohn: An deutschen Universitäten unterrichten Tausende von Privatdozenten – unbezahlt“. In: DIE ZEIT Nr. 31 vom 24.07.2003, S. 65.
- Akademische Nobodies? Zur Vergütung von Lehrbeauftragten und Privatdozenten (2007). - Über die fragwürdige staatliche Praxis, Privatdozenten zur Arbeit ohne Vergütung zu verpflichten.