Pomerium
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Das Pomerium war in der Antike die heilige Grenze der Stadt Rom. Juristisch – genauer: sakralrechtlich – gesehen, existierte Rom nur innerhalb des Pomeriums, und alles außerhalb war einfach Land, das zu Rom gehörte. Der Legende nach wurde das Pomerium von dem (wohl sagenhaften) König Servius Tullius festgelegt, wobei es allerdings nicht der Linie der Servianischen Mauern folgte, so dass seine Beteiligung daran ohnehin unwahrscheinlich ist.
Das Pomerium blieb offenbar bis zur Diktatur Sullas unverändert. Einige Grenzsteine, die von Kaiser Claudius herrühren, der das Pomerium erweitern ließ, wurden in situ (d. h. am ursprünglichen Ort) gefunden, manche abseits ihrer ursprünglichen Position. Diese Steine markierten die Grenzen und relativen Dimensionen der Ausdehnung des Pomeriums unter Claudius, die durch Tacitus und die Lex de imperio Vespasiani aufgezeichnet wurde. Aulus Gellius berichtet über Erweiterungen durch die Kaiser Augustus, Nero, und Trajan, wozu es allerdings keine weiteren geschriebenen oder archäologischen Hinweise gibt. Erweiterungen des Pomeriums wurden offenbar mit Erweiterungen des Herrschaftsgebiets des römischen Volkes begründet.
Das Pomerium war keine Mauer, sondern eine gesetzlich und vor allem religiös definierte und durch weiße Steine (cippi) markierte Linie, die im Übrigen auch nicht das gesamte Gebiet der Hauptstadt umfasste: Der Palatin lag innerhalb, der Aventin außerhalb des Pomeriums, die Curia Hostilia und der Comitia-Brunnen auf dem Forum Romanum, zwei besonders wichtige Orte der städtischen Regierung, lagen innerhalb, der Tempel der Kriegsgöttin Bellona und das Marsfeld (Campus Martius) außerhalb. In den beiden letzten Fällen hing dies damit zusammen, dass alles, was mit Krieg verbunden war, normalerweise außerhalb des Pomeriums zu bleiben hatten. Desgleichen hatte schon das Zwölftafelgesetz festgelegt, dass keine Toten innerhalb des Pomeriums bestattet werden dürften. Hieran hielt man sich (mit wenigen Ausnahmen wie Trajan) bis in die Hohe Kaiserzeit.
Religiöse und politische Zwänge verboten gekrönten (auswärtigen) Herrschern, das Pomerium zu betreten, mit dem Ergebnis, dass bei Staatsbesuchen Peinlichkeiten auftreten konnten; Kleopatra zum Beispiel betrat, als sie Caesar in Rom besuchte, niemals die „eigentliche“ Stadt.
Des Weiteren war es den Promagistraten und Generälen verboten, in ihrer Funktion die Grenze zu überschreiten, sodass sie ihr Imperium im Moment des Übertritts automatisch niederlegten und als Privatleute (meist in der Toga) die Stadt betraten. Demzufolge hatte ein General, der anlässlich der Feier eines Triumphzugs angereist war, außerhalb des Pomeriums bis zu dessen Beginn zu warten. Nur im Rahmen eines Triumphes durfte der Feldherr in Waffen und mit seinen Soldaten das Pomerium überschreiten, um den Göttern zu opfern. Die Comitia Centuriata, die das römische Volk in Waffen repräsentierten, mussten auf dem Campus Martius außerhalb des Pomerium tagen (s. o.). Das Theater des Pompeius, in dem Caesar ermordet wurde, lag ebenfalls außerhalb und enthielt ein Senatszimmer (curia Pompeia), wo der Senat ggf. einzelne Magistrate treffen konnte, denen es aus den genannten Gründen verboten war, das Pomerium zu übertreten, ohne ihr Imperium einzubüßen, und die man deshalb nicht in der Curia Hostilia empfangen konnte.
In der Kaiserzeit wurden viele der alten Vorschriften zunehmend locker gehandhabt; so erlosch das Imperium der Kaiser beim Überschreiten des Pomeriums faktisch nicht, und in Gestalt der Prätorianergarde wurden bald auch bewaffnete Soldaten im Stadtgebiet stationiert. Die um 275 errichtete Aurelianische Stadtmauer umschloss sehr viel Gebiet, das außerhalb des Pomeriums lag. Mit der Christianisierung des Reiches in der Spätantike verlor das Pomerium dann jede Bedeutung.