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Nornen – Wikipedia

Nornen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Dieser Artikel beschreibt Wesen aus der germanischen Mythologie. Zu anderen Bedeutungen siehe Nornen (Begriffsklärung).
J.L. Lund (1777–1867): Nornir
J.L. Lund (1777–1867): Nornir
Die Nornen spinnen die Schicksale zu Füßen des Weltenbaumes
Die Nornen spinnen die Schicksale zu Füßen des Weltenbaumes

Die Nornen (altnord. Nornir) sind in der nordischen Mythologie schicksalbestimmende Frauen, von denen einige von Göttern, andere von Zwergen oder Elfen abstammen sollen.[1] Innerhalb der indogermanischen Religionen und Mythologien besteht eine Verwandtschaft mit den römischen Parzen und den griechischen Moiren.[2]

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Die Nornen in der Edda

Drei Schicksalsfrauen werden mit Namen genannt: Sie heißen Urd (das Gewordene), Skuld (das Werdensollende) und Verdandi (das Werdende), d. h. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Nach der Völuspá wohnen sie an der Wurzel der Weltenesche Yggdrasil an einem Brunnen, der nach der ältesten Norne Urdaborn heißt. Sie lenken die Geschicke der Menschen und Götter.

Ask veit eg standa,
heitir Yggdrasill,
hár baðmur, ausinn
hvíta auri;
þaðan koma döggvar
þær er í dala falla,
stendur æ yfir grænn
Urðarbrunni.

Þaðan koma meyjar
margs vitandi
þrjár úr þeim sæ,
er und þolli stendur;
Urð hétu eina,
aðra Verðandi,
skáru á skíði,
Skuld ina þriðju.
Þær lög lögðu,
þær líf kuru
alda börnum,
örlög seggja.

Eine Esche weiß ich,
heißt Yggdrasil,
Den hohen Baum
netzt weißer Nebel;
Davon kommt der Tau,
der in die Täler fällt.
Immergrün steht er
über Urds Brunnen.

Davon kommen Frauen,
vielwissende,
Drei aus dem See
dort unterm Wipfel.
Urd heißt die eine,
die andre Verdandi:
Sie schnitten Stäbe;
Skuld hieß die dritte.
Sie legten Lose,
das Leben bestimmten sie
Den Geschlechtern der Menschen,
das Schicksal verkündend.

Verdandi kommt nur hier vor und hat sonst keine nachweisbare Tradition und wird dem Dichter der Völuspá selbst zugeschrieben.[3] Skuld ist in anderem Zusammenhang Walküre, so dass eigentlich nur Urd eine genuine Schicksalsmacht ist.

Nach Gylfaginning wird der Baum nicht durch Nebel erhalten, sondern die Nornen pflegen ihn:

„Enn er þat sagt, at nornir þær, er byggja við Urðarbrunn, taka hvern dag vatn í brunninum ok með aurinn þann, er liggr um brunninn, ok ausa upp yfir askinn, til þess at eigi skuli limar hans tréna eða fúna. En þat vatn er svá heilagt, at allir hlutir, þeir er þar koma í brunninn, verða svá hvítir sem hinna sú, er skjall heitir, er innan liggr við eggskurn.“

„Ferner erzählt man, dass die Nornen, die am Urdabrunnen hausen, täglich Wasser aus dem Brunnen schöpfen und dazu den Schlamm, der um die Quelle herum liegt, und dies über die Esche ausgießen, damit ihre Zweige nicht verdorren oder verfaulen. Dies Wasser ist so heilig, dass alle Dinge, die in jene Quelle geraten, so weiß werden wie die Haut, die man Skjall nennt und die innen an der Eierschale sitzt.“

– Gylfagynning Kap. 16.

In diesem Zusammenhang werden die Nornen als Schicksalsmacht für die Menschheit gedacht. Daneben werden noch solche Nornen erwähnt, die Müttern bei der Geburt beistehen: In Fafnismál fragt Sigurd den Drachen Fafnir:

Segðu mér, Fáfnir,
alls þik fróðan kveða
ok vel margt vita,
hverjar ro þær nornir,
er nauðgönglar ro
ok kjósa mæðr frá mögum?
Fáfnir kvað:
Sundrbornar mjök
segi ek nornir vera,
eigu-t þær ætt saman;
sumar eru áskunngar,
sumar alfkunngar,
sumar dætr Dvalins.

Laß dich fragen, Fafnir,
da du vorschauend bist
Und wohl manches weißt:
Welches sind die Nornen,
die notlösend heißen
und Mütter mögen entbinden?
Fafnir:
Verschiedenen Geschlechts
scheinen die Nornen mir
Und nicht eines Ursprungs.
Einige sind Asen,
andere Alfen,
Die dritten Töchter Dwalins.

Im Anschluss daran wuchs ihnen die Aufgabe zu, dem Kind seine Lebensdauer anzusagen. Hier erzeugen sie das persönliche Fatum des einzelnen Menschen.[1] In der Edda heißt es:

Nótt varð í bæ,
nornir kómu,
þær er öðlingi
aldr of skópu;
þann báðu fylki
frægstan verða
ok buðlunga
beztan þykkja.[4]

Nacht wurde es im Gehöft,
Nornen kamen,
die dem Edlen
die Lebenszeit schufen;
sie bestimmten, dass dieser Heerführer
der berühmteste werde
und als der Fürsten
bester erscheine.[5]

„Skuld“ (wörtlich: Schuld, „skal“: sollen) ist auch bekannt als der Name einer Walküre.

Sá hún valkyrjur
vítt um komnar,
görvar að ríða
til Goðþjóðar;
Skuld hélt skildi,

Ich sah Walküren
weither kommen,
Bereit zu reiten
zum Rat der Götter.
Skuld hielt den Schild,

Ähnliche Schicksalsgöttinen gibt es auch in der griechischen (Moiren), der römischen (Parzen) und der slawischen Mythologie (Zorya).

Eine weitere Variante ist, dass die Nornen nicht das Geschick als solches bestimmen, sondern dass gute Nornen Gutes und böse Nornen Böses zuteilen.

„Góðar nornir ok vel ættaðar skapa góðan aldr, en þeir menn, er fyrir ósköpum verða, þá valda því illar nornir.“

„Gute Nornen aus vornehmem Geschlecht bescheren gutes Leben; wen aber Unglück heimsucht, der verdankt das den bösen Nornen.“

– Gylfaginning Kap. 15.

In diesem Urdabrunnen schwimmen zwei Schwäne, von denen alle weißen Schwäne abstammen:

„Fuglar tveir fæðast í Urðarbrunni. Þeir heita svanir, ok af þeim fuglum hefir komit þat fuglakyn, er svá heitir.“

„Im Urdabrunnen leben zwei Vögel, die heißen Schwäne, und von ihnen stammt die Vogelart dieses Namens.“

– Gylfaginning Kap. 16.

Oft werden die Nornen mit den Walküren verwechselt. Manchmal werden sie auch mit den Schutzgeistern Fylgja sowie den weisen Frauen volur und spåkonur vermischt.

[Bearbeiten] Rezeption

Aufgrund der dem Schicksal naturgemäß innewohnenden Unwägbarkeiten gelten die Nornen als Ausprägung des ambivalenten Aspekts des sog. Mutterarchetyps im Sinne der Analytischen Psychologie Carl Gustav Jungs.

Im Vorspiel von Richard Wagners Götterdämmerung, dem letzten Teil seiner Tetralogie Der Ring des Nibelungen spielen die Nornen eine wesentliche Rolle. Sie erinnern an das in den drei Abenden vorher Geschehene, das Gegenwärtige und schließlich, während ihnen das Schicksals-Seil reisst von dem sie wie träumend die Runen ablesen, das nahe Ende der Götter, die hereinbrechende Götterdämmerung (Ragnarök).

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. a b Gylfaginning Kap. 15.
  2. J.de Vries:Altgermanische Religionsgeschichte § 192–193, 527–530, 585.
    R.Simek:Lexikon der Germanischen Mythologie S. 270, 286, 307, 405.
    HddA: Bd.6, Sp. 1121–1124.
  3. Ström S. 143.
  4. Helgakviða Hundingsbana I, Strophe 2.
  5. Übersetzung v. See u.a. S. 171.

[Bearbeiten] Literatur

  • Klaus von See u.a.: Kommentar zu den Liedern der Edda Bd. 4. Heidelberg 2004.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks


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