Murgang
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Ein Murgang (auch Mure oder Rüfe genannt) ist ein talwärts erfolgender Strom aus Schlamm und Gesteinen im Gebirge. Er ist durch einen sehr hohen Anteil an Sedimenten gekennzeichnet. Durch seine Energie kann er größere Verwüstungen anrichten. Ein großer Murgang transportiert einige hunderttausend Kubikmeter Material. Die meist klar definierte Front kann eine Geschwindigkeit von bis zu 60 km/h erreichen.
Ein Murgang entsteht im Gebirge, wenn im steilen Gelände wenig verfestigtes Material (Geröll, Schutt und Erdmaterial), das sehr stark mit Wasser durchtränkt ist, in Bewegung gerät und in einem Bachbett oder einer Rinne kanalisiert wird. Oft werden Murgänge durch lange Regenperioden oder die Schneeschmelze ausgelöst. Auf seinem Weg reißt der Murgang meist zusätzliches Material mit, so dass er zu einem Gemisch aus Wasser, Schlamm, Sand, Geröll, metergroßen Felsen und Baumstämmen wird. Murgänge folgen meist existierenden Bachbetten, die sie stark erweitern, aber sie können auch ein neues Bett graben. Besonders wenn das Gefälle des Betts abnimmt, gibt es oft Ablagerungszungen.
Ein Murgang hat deutlich mehr Energie und kann erheblich höheren Schaden anrichten als ein Hochwasser. Wird Kulturland verschüttet, ist dies noch das kleinere Übel. Ein mit voller Wucht treffender Murgang kann Häuser, Straßen, Eisenbahnlinien und Brücken zerstören. Oft werden die Straßen und die Erdgeschosse von Häusern meterhoch mit dem Schlamm-Geröllgemisch verschüttet. Dies geschieht unter anderem, wenn Bachläufe in Ortschaften zu eng kanalisiert sind und der Murgang dort über die Ufer tritt. Wegen der häufig sehr langen Wiederholperioden ist sich die Bevölkerung oft nicht der Gefahr des Murgangs bewusst.
Wegen der Klimaerwärmung wird für die nächsten Jahrzehnte mit einem Anstieg der Anzahl von Murgängen gerechnet. Das Auftauen vom hochalpinen Permafrostböden und Blockgletschern wird mehr potentiell mobilisierbares Material bereitstellen, das dann Murgänge auslösen kann.
Am Pragser Wildsee, in den italienischen Dolomiten, wurde die Beziehung zwischen Murgängen und den daraus resultierenden Ablagerungen feinklastischer Sedimente auf dem Seegrund untersucht. Während der grobkörnige Schutt auf den Murkegeln akkumuliert wird, erreichte der feinkörnige den See, in welchem er je nach Ereignisgröße in variierender Mächtigkeit sedimentierte. Die Ereignislagen lassen sich über die aufgeschichtete Normalsedimentation datieren. Durch Auswertung der See-Sedimente war es möglich, einen Mur-Kalender zu erstellen. Hierbei sind über Jahrhunderte deutliche Unterschiede in der Mur-Frequenz festzustellen. Ein Zusammenhang zwischen Mur-Aktivität und Großklima konnte jedoch nicht festgestellt werden, so dass anthropogene Ursachen vorliegen sollten.
Zur Vorbeugung von Murgängen und Murgangschäden gehören:
- Eine strikte Gefahrenzonenplanung.
- Bauliche Schutzmaßnahmen wie Geschiebesammler, Sperren, Rückhaltedämme oder Ablenkbauwerke.
- Das Verbreitern von kanalisierten Bächen und die Vermeidung von Engpässen (besonders bei Brücken), damit der Murgang nicht über die "Kanalufer" tritt. In Brig wurde zum Beispiel nach der Katastrophe von 1993 eine automatische Hubbrücke gebaut.
- Säuberung der Gebirgsbäche von losem Material (Bäume, Äste und Geröll), das manchmal einen Murgang auslösen oder nähren kann.
- Murgangwarnungen sind noch im experimentellen Stadium.
