Lokator
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Der Lokator (auch Locator, lateinisch so viel wie Verpachter, Vermieter) oder Kolonistenführer (Siedlungsunternehmer) spielte bei der mittelalterlichen Besiedlung einer zu gründenden Stadt oder eines Dorfes während der Ostkolonisation wie auch der Hollerkolonisation – Kolonisation durch holländische Experten für Entwässerung sumpfigen Geländes durch Anlage von engmaschigen Grabensystemen – in Norddeutschland eine wichtige Rolle.
Er musste sich vor der beginnenden Besiedlung, die im Auftrag eines adligen oder geistlichen Grundherrn erfolgte, um die Anwerbung von Siedlern kümmern, das Land vermessen und zuweisen, und war verpflichtet, den Siedlern während der Rodungszeit den Lebensunterhalt zu gewährleisten. Diese Verantwortung war ein nicht unbeträchtliches Risiko für den Lokator. Für seine Leistungen erhielt er daher in Handfesten festgelegte und verbriefte Vergünstigungen vom Eigentümer des Landes. Zu diesen Vergünstigungen zählte mitunter ein Flurstück, oft doppelt bis dreifach so groß wie das eines normalen Siedlers und zusätzlich oft abgabenfrei („Freihufe“), das Vorsteher- oder Schulzenamt der neu gegründeten Gemeinde oder andere Rechte wie zum Beispiel eine Mühle oder das Recht des Ausschanks (Kretscham) oder der Bierbrauerei; auch die „niedere Gerichtsamkeit“ mit den sich daraus ergebenden Einnahmen – meist ein Drittel für den Lokator, zwei Drittel für den Grundherrn – konnte zu den Privilegien und „Gerechtsamen“ gehören.
Lokatoren gehörten, aufgrund der erwähnten hohen Investitionen, oft dem niederem Adel oder der Schicht der Städtebürger an. Selten waren es reiche Bauern. Oft kam es vor, dass der Lokator nach Anlage des Dorfes seine erworbenen Privilegien verkaufte und sich andernorts wieder als Lokator betätigte. Darauf deutet zumindest die große Präzision, mit der, eingedenk der primitiven Mittel der Landvermessung, die Anlage vieler Kolonistendörfer vermessen wurde und die kaum von Laien zu erreichen war.
Die Namen dieser Locatores spiegelten sich häufig im Namen der neu entstandenen Orte wider.
Als Beispiel siehe auch: Geschichte der Gemeinde Bahretal