Lichtbildwerk
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Ein Lichtbildwerk ist in Deutschland eine Fotografie, die eine geistige Schöpfung nach § 2 UrhG darstellt. Sie ist vom (einfachen) Lichtbild nach § 72 UrhG zu unterscheiden.
Ein Lichtbildwerk genießt nach § 64 UrhG (ebenso wie das Kunstwerk) den Schutz von 70 Jahren nach dem Tod des Fotografen (Regelschutzfrist).
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[Bearbeiten] EU-Recht
Seit der Umsetzung der EU-Schutzdauerrichtlinie durch den bundesdeutschen Gesetzgeber im Jahr 1995 ist davon auszugehen, dass die früheren Maßstäbe, die eine besondere künstlerische Leistung oder Originalität voraussetzten, nicht mehr gültig sind und auch normale Fotografien als Lichtbildwerke zu betrachten sind.
Erwägungsgrund 17 der Richtlinie lautete: Der Schutz von Fotografien ist in den Mitgliedstaaten unterschiedlich geregelt. Damit die Schutzdauer für fotografische Werke insbesondere bei Werken, die auf Grund ihrer künstlerischen oder professionellen Qualität im Rahmen des Binnenmarkts von Bedeutung sind, ausreichend harmonisiert werden kann, muss der hierfür erforderliche Originalitätsgrad in der vorliegenden Richtlinie festgelegt werden. Im Sinne der Berner Übereinkunft ist ein fotografisches Werk als ein individuelles Werk zu betrachten, wenn es die eigene geistige Schöpfung des Urhebers darstellt, in der seine Persönlichkeit zum Ausdruck kommt; andere Kriterien wie z. B. Wert oder Zwecksetzung sind hierbei nicht zu berücksichtigen. Der Schutz anderer Fotografien kann durch nationale Rechtsvorschriften geregelt werden.
[Bearbeiten] Rechtslage in Deutschland
Auf die sorgfältige Zusammenstellung der maßgeblichen deutschen Literatur durch den österreichischen Obersten Gerichtshof in seiner Entscheidung Eurobike (Beschluss vom 12. September 2001, 4 Ob 179/01d) kann Bezug genommen werden.[1]
Der OGH referiert insbesondere die Ansicht des Kommentars von Fromm/Nordemann zum deutschen UrhG: Für den einfachen Lichtbildschutz verblieben demnach (von Zufallsfotos infolge eines versehentlichen Auslösens der Kamera abgesehen) nur technische Fotos, bei denen jeder Fotograf mit denselben Fähigkeiten und Kenntnissen dasselbe Ergebnis, nämlich eine technisch einwandfreie Wiedergabe, erzielen müsse (also etwa Reproduktionen von Gemälden, Fotos von Maschinen, Fotos für die Verbrecherkartei, kartografische Luftaufnahmen und - im Regelfall - Passbilder aus Fotoautomaten).
Da auch Österreich die Unterscheidung zwischen Lichtbildern und Lichtbildwerken kennt, kann man die ausführlicheren Stellungnahmen des obersten österreichischen Zivilgerichtes, des OGH, auch für die deutsche Rechtslage heranziehen.
1999 setzte sich der deutsche Bundesgerichtshof (Az.: I ZR 55/97) mit der Argumentation eines Gerichtes auseinander, das für den urheberrechtlichen Schutz als Lichtbildwerke im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG verlangt hatte, dass sie eine eigenschöpferische Prägung und Gestaltung aufwiesen. Bei einem Gesamtvergleich mit den vorbestehenden Gestaltungen müßten sich schöpferische Eigentümlichkeiten ergeben, die über das Handwerksmäßige und Durchschnittliche deutlich hinausragten. In den Fotos offenbare sich jedoch kein besonderes fotografisches Können. Bei dieser Beurteilung ist das Berufungsgericht von Anforderungen an die Schutzfähigkeit von Fotografien ausgegangen, die jedenfalls seit dem 1. Juli 1995 nicht mehr gelten, d.h. dem Zeitpunkt, in dem die Richtlinie 93/98/EWG des Rates zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte vom 29. Oktober 1993 (ABl. Nr. L 290/9) nach ihrem Art. 13 Abs. 1 umzusetzen war und auch durch das Dritte Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vom 23. Juni 1995 (BGBl. I S. 842) umgesetzt worden ist (Art. 3 Abs. 2 des 3. UrhG-ÄndG). Nach Art. 6 der Richtlinie sollen Fotografien geschützt werden, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind (vgl. dazu auch Erwägungsgrund 17 der Richtlinie). Eines besonderen Maßes an schöpferischer Gestaltung bedarf es danach für den Schutz als Lichtbildwerk nicht (vgl. Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 2. Aufl., § 2 Rdn. 33, 179; Schricker/Vogel aaO § 72 Rdn. 21; Nordemann/Vinck in Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl., § 2 Rdn. 74; Hertin ebd. § 72 Rdn. 2; Heitland, Der Schutz der Fotografie im Urheberrecht Deutschlands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika, 1995, S. 60 ff.; Platena, Das Lichtbild im Urheberrecht, 1998, S. 233 ff.; A. Nordemann/Mielke, ZUM 1996, 214, 216) [2].
Auf Kritik stieß bei Fotorechtlern die Entscheidung des Landgerichts München I vom 25. April 2002 zu Scharping-Fotos (Az.: 7 O 16110/01) [3], das in den Fotos nur Lichtbilder, aber keine Lichtbildwerke erkennen wollte.
[Bearbeiten] Rechtslage in Österreich
In seinem Beschluss Weinatlas vom 16. Dezember 2003, Az.: 4 Ob 221/03h, führte der OGH nochmals aus: Lichtbilder sind nach der jüngeren Rechtsprechung des erkennenden Senats dann als Lichtbildwerk iSd § 3 Abs 2 UrhG zu beurteilen, wenn sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind, ohne dass es eines besonderen Maßes an Originalität bedürfte. Entscheidend ist, dass eine individuelle Zuordnung zwischen Lichtbild und Fotograf insofern möglich ist, als dessen Persönlichkeit auf Grund der von ihm gewählten Gestaltungsmittel (Motiv, Blickwinkel, Beleuchtung uvm) zum Ausdruck kommt. Eine solche Gestaltungsfreiheit besteht jedenfalls nicht nur für professionelle Fotografen bei Arbeiten mit dem Anspruch auf hohes künstlerisches Niveau, sondern auch für die Masse der Amateurfotografen, die alltägliche Szenen in Form von Landschafts-, Personen- oder Urlaubsfotos festhalten; auch solche Lichtbilder sind als Lichtbildwerke zu beurteilen, sofern nur die eingesetzten Gestaltungsmittel eine Unterscheidbarkeit bewirken. Dieses Kriterium der Unterscheidbarkeit ist immer schon dann erfüllt, wenn man sagen kann, ein anderer Fotograf hätte das Lichtbild möglicherweise anders gestaltet (MR 2001, 389 [M.Walter] = ÖBl 2003, 39 [Gamerith] - Eurobike). Der zweidimensionalen Wiedergabe eines in der Natur vorgefundenen Objekts ist dann urheberrechtlicher Werkcharakter zuzubilligen, wenn die selbst gestellte Aufgabe, eine möglichst naturgetreue Abbildung zu erreichen, dennoch ausreichend Spielraum für eine individuelle Gestaltung zulässt (MR 2003, 162 [M.Walter] - Felsritzbild).[4]
[Bearbeiten] Rechtslage in der Schweiz
Anders als in Deutschland und Österreich gibt es in der Schweiz keinen Sonderschutz für Fotografien. Fotos sind nur geschützt, wenn sie Werke im Sinne des URG sind. In zwei Entscheiden zur Pressefotografie kam das Bundesgericht zu gegensätzlichen Resultaten: Während in der Entscheidung Bob Marley der Schutz bejaht wurde, wurde er beim Wachmann Meili (Christoph Meili) verneint.
Befremdlich wirken auf Außenstehende die Ausführungen der Schweizer Rechtsanwältin Gitti Hug (in sic! 2005), wonach von der Kunstwelt hochgeschätzte Fotografien künstlerischer Fotografen in Ermangelung der erforderlichen Individualität urheberrechtlich schutzlos sein könnten.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Fußnoten
- ↑ http://www.internet4jurists.at/entscheidungen/ogh4_179_01d.htm
- ↑ http://www.rws-verlag.de/bgh-free/volltex/1999/vo63356.htm
- ↑ http://www.kanzlei-prof-schweizer.de/bibliothek/urteile/index.html?id=1019&suchworte=
- ↑ http://www.internet4jurists.at/entscheidungen/ogh4_221_03h.htm Die Entscheidung Felsritzbild: http://www.internet4jurists.at/entscheidungen/ogh4_274_02a.htm
[Bearbeiten] Weblinks
- EU Schutzdauerrichtlinie
- Hinweise zur Schweizer Rechtslage PDF
- Aufsatz von Gitti Hug zur Schweiz (PDF)
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