Lesebühne
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Eine Lesebühne ist eine Veranstaltungsform, bei der ein festes Autorenensemble (ggf. ergänzt durch Gäste) regelmäßig – z. B. wöchentlich oder monatlich – am gleichen Ort selbst verfasste, oft unterhaltsame Texte vor Publikum vorträgt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Begriff
Der Begriff „Lesebühne“ entstand gegen Ende der 90er Jahre, um das in Berlin entstandene Phänomen einer damals sehr speziellen Form personell miteinander verbundenen Vorlesegruppen zu bezeichnen. Obgleich bei einigen Lesebühnen teilweise Abweichungen zu beobachten sind, lassen sich als grundlegende Elemente festhalten:
- Lesebühnen bilden ein festes Team ohne Wettbewerbs-Charakter (im Gegensatz zu Poetry Slams).
- Der Fokus liegt auf gelesenen Texten (im Gegensatz zu auswendig vorgetragenen oder improvisierten Comedy-Nummern o. ä.).
- Die Veranstaltung findet regelmäßig, meist in wöchentlichem oder monatlichem Rhythmus statt.
- Die vorgetragenen Texte sind selbst verfasst.
- Der Show-Charakter der Veranstaltungen hebt diese Lesungen ab von z. B. dem Literarischen Salon, bei denen nach dem Vortrag der Texte über diese diskutiert wird.
- Die vorgetragenen Texte sind kurz, ihre Dauer überschreitet selten 10 Minuten.
Eine Definition des Phänomens der Lesebühnen anhand der Textinhalte („Alltags“-Texte, Großstadttexte, politisch links usw.) wie sie sowohl von deren Protagonisten als auch von der Presse zeitweise versucht wurde, ist aufgrund der inhaltlichen und textlichen Ausdifferenzierung nicht haltbar. Auch äußere Charakteristika der ersten Lesebühnen (Alltagskleidung, Lesen im Stehen, Dauerpräsenz auf der Bühne) sind, obgleich immer noch häufige Merkmale, nicht zu den entscheidenden Charakteristika zu zählen.
Obwohl auch immer mehr Mischformen entstehen, sind die Lesebühnen insbesondere zu unterscheiden von:
Das Phänomen der Lesebühnen ist vermutlich auf Deutschland beschränkt.
[Bearbeiten] Geschichte
Die Entstehung der Lesebühnen kann man im Berlin der Wendezeit verorten.
- 1988: Höhnende Wochenschau
- 1989: Mittwochsfazit
- 1990: Dr. Seltsams Frühschoppen
Der Boom der Lesebühnen kam ca. 10 Jahre später, als sich die Berliner Lesebühnen im Jahrestakt vermehrten, dann auch die überregionale Presse auf dieses subkulturelle Phänomen aufmerksam wurde und schließlich einige Autoren auch kommerziell bei Verlagen erfolgreich wurden (z. B. Wladimir Kaminer, Jochen Schmidt und Jakob Hein).
Obschon in dieser Form in Berlin entstanden, gibt es mittlerweile auch in anderen deutschen Städten Veranstaltungen, die sich „Lesebühne“ nennen.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Publikationen
- Salbader. 0/1989 - 36/2006, Berlin ISSN 0947-1073. (Regulär erscheinende Publikation der Lesebühnen)
[Bearbeiten] Literatur
- Henryk M. Broder, Reinhard Mohr: Der Aufstand der Surfpoeten. In: Der Spiegel. 7. Februar 2000.
- Dan Richter: Die Berliner Lesebühnen. 2004 (Darstellung aus persönlicher Sicht eines Lesebühnen-Mitgliedes).
- Kolja Reichert: Die Toskana kann warten : Wie Berliner Lesebühnen-Autoren sich über Wasser halten.. In: Der Tagesspiegel. 18. August 2006.
- Markus Schneider: Berliner Lesebühnen. In: Goethe-Institut Magazin KuBus. Nr. 74, 2006.