Landkreis Konitz
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Der Kreis Konitz war ein von 1818 bis 1920 bestehender preußischer Kreis im Regierungsbezirk Marienwerder. Mit diesem gehörte er zur Provinz Westpreußen, zwischenzeitlich zur Provinz Preußen. Von 1939 bis 1945 wurde er unter dem Namen Landkreis Konitz als Teil des deutschen Reichsgaus Danzig-Westpreußen nochmals eingerichtet. Danach fiel das Gebiet wie schon 1920 an Polen.
Der Landkreis Konitz umfasste am 1. Januar 1945 die beiden Städte Heiderode (bis 1942 Czersk) und Konitz sowie 101 weitere Gemeinden.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Verwaltungsgeschichte
Nach der Neuorganisation der Kreisgliederung im preußischen Staat nach dem Wiener Kongress entstand mit dem 1. April 1818 der Kreis Konitz im Regierungsbezirk Marienwerder in der preußischen Provinz Westpreußen. Dieser umfasste meist ländliche Gebiete um die Städte Konitz und Tuchel. Das Landratsamt war in Konitz.
Seit dem 3. Dezember 1829 gehörte der Kreis – nach dem Zusammenschluss der bisherigen Provinzen Preußen und Westpreußen – zur neuen Provinz Preußen. Diese wurde 1878 wieder in zwei Provinzen mit vormaligem Zuschnitt geteilt.
Seit dem 1. Juli 1867 gehörte der Kreis zum Norddeutschen Bund und ab 1. Januar 1871 zum Deutschen Reich.
Durch das stetige Anwachsen der Bevölkerung im 19. Jahrhundert erwiesen sich die Kreise in Westpreußen meist als zu groß, eine Verkleinerung erschien erforderlich. Vor diesem Hintergrund entstand 1875 aus Teilen des Kreises Konitz der neue Landkreis Tuchel.
Zum 1. April 1882 wurden die Landgemeinden Gotthelp und Pustki aus dem Kreis Preußisch Stargard in den Kreis Konitz eingegliedert.
Nach dem Inkrafttreten des Versailler Vertrages am 10. Januar 1920 gehörte der Kreis Konitz nunmehr als Powiat Chojnicki (Kreis Chojnice) dem polnischen Staat an.
Nach der deutschen Besetzung Polens und während des Polenfeldzuges wurde zum 26. November 1939 der Kreis Chojnice als Landkreis Konitz Teil des Regierungsbezirks Danzig im neugebildeten Reichsgau Danzig-Westpreußen. Im Frühjahr 1945 wurde das Kreisgebiet durch die Rote Armee besetzt und wurde danach wieder ein Teil Polens.
[Bearbeiten] Kommunalverfassung
Die Kreis Konitz gliederte sich vor der Abtretung an Polen zunächst in die Stadtgemeinde Konitz, ferner in Landgemeinden und selbstständige Gutsbezirke. Nach dem Überfall auf Polen wurden die Städte Heiderode und Konitz der im Altreich gültigen Deutsche Gemeindeordnung vom 30. Januar 1935 unterstellt, welche die Durchsetzung des Führerprinzips auf Gemeindeebene vorsah. Die übrigen Gemeinden waren in Amtsbezirken zusammengefasst, Gutsbezirke gab es nicht mehr. Zuletzt wurde noch am 1. April 1944 den 11 Gemeinden in der „Koschneiderei“ (Amtsbezirk Osterwick, Kr. Konitz) die Deutsche Gemeindeordnung verliehen.
[Bearbeiten] Bevölkerung
[Bearbeiten] Übersicht nach offiziellen Statistiken
Im folgenden eine Übersicht[1] mit offiziellen Angaben zu Einwohnerzahl, Konfessionen und Sprachgruppen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kreis 1875 verkleinert wurde und die Zahlen über diesen Zeitpunkt hinweg nicht vergleichbar sind.
Jahr | 1821 | 1831 | 1841 | 1852 | 1861 | 1871 | / | 1880 | 1890 | 1900 | 1910 |
Einwohner | 26.433 | 35.050 | ? | 54.334 | 62.083 | 70.817 | / | ? | 52.483 | 57.952 | 63.723 |
Evangelische Katholiken Juden |
5.640 20.191 602 |
6.913 27.224 913 |
12.182 40.255 1.897 |
13.999 45.902 2.182 |
15.601 53.021 2.193 |
/ / / |
10.547 40.974 953 |
11.213 46.080 648 |
11.529 51.728 434 |
||
deutschsprachig zweisprachig polnischsprachig* |
12.262 - 22.788 |
24.012 - 30.322 |
28.343 - 33.740 |
/ / / |
24.454 909 27.106 |
26.214 640 31.087 |
28.032 753 34.917 |
Unter „polnischsprachig“ fallen hier auch die Kaschubischsprachigen.
[Bearbeiten] Sprachen
Hinsichtlich der Sprachgruppen sind Einschränkungen zu machen, was die Aussagekraft der Angaben angeht[2]. In den Jahren 1831, 1852 und 1861 sind unter „deutschsprachig“ alle Personen gefasst, die die deutsche Sprache beherrschten, also auch viele mit der Muttersprache Polnisch. Auch wegen anderer methodischer Ungenauigkeiten sind die Angaben zu den Polnischsprachigen für diese Jahre nur als Mindestwert anzusehen. In den Jahren 1890, 1900 und 1910 wurde die Muttersprache erhoben. Allerdings waren auch hier trotz allgemein verbesserter Methodik mögliche Fehlerquellen enthalten. Vor dem Hintergrund der damaligen Auseinandersetzung zwischen dem deutschen Staat und der polnischen Nationalbewegung neigten die eingesetzten Zählkräfte und Behörden vor Ort manchmal dazu, gewisse „Korrekturen“ zuungunsten der polnischen Sprachgruppe vorzunehmen. Die sogenannten Zweisprachigen etwa sind in der Regel gänzlich jener Gruppe zuzurechnen.
Auch für die Sprachzählung unter den Schulkindern, die in den preußischen Kreisen zwischen 1886 und 1911 fünfjährlich durchgeführt wurde, können diese Einschränkungen nicht ausgeschlossen werden. Andererseits kann sie als zweiter Bezugspunkt helfen die sprachlichen Verhältnisse zu klären. Die Angaben der Jahre 1891, 1901 und 1911 für den Kreis Konitz[3]:
Jahr | 1891 | 1901 | 1911 |
Schulkinder | 10.177 | 11.617 | 12.718 |
deutschsprachig zweisprachig polnischsprachig |
4.411 236 5.530 |
4.717 411 6.489 |
4.799 511 7.406 |
Errechnet man für die absoluten Werte der Volkszählungen und Schulkinderzählungen die Prozentsätze, ergibt sich folgendes Bild (zu bedenken ist wieder die Verkleinerung des Kreises 1875):
Jahr | 1831 | 1852 | 1861 | / | 1890/91 | 1900/01 | 1910/11 |
deutschspr. lt. Volkszählung deutschspr. lt. Schulkinderzählung |
? |
? |
? |
/ | 46,6% 43,3% |
45,2% 40,6% |
44,0% 37,7% |
zweispr. lt. Volkszählung zweispr. lt. Schulkinderzählung |
? |
? |
? |
/ | 1,7% 2,3% |
1,1% 3,5% |
1,2% 4,0% |
polnischspr. lt. Volkszählung polnischspr. lt. Schulkinderzählung |
65,0%+ |
55,8%+ |
54,3%+ |
/ | 51,6% 54,3% |
53,6% 57,3% |
54,8% 58,2% |
Damit ergibt sich unter gebotener Hinzuzählung der Zweisprachigen zu den Polnischsprachigen, dass vor dem Ersten Weltkrieg zwischen 56% und 62% der Bevölkerung des Kreises Konitz Polnisch oder Kaschubisch als Muttersprache hatten und dieser Anteil noch im Steigen begriffen war.
[Bearbeiten] Ortsnamen
Angesichts der ethnisch gemischten Bevölkerung trugen viele Orte sowohl polnische wie auch deutsche Namen (z.B. Angowice = Hennigsdorf), von denen einer - je nach gerade gültiger staatlicher Zugehörigkeit des Kreises - jeweils als offizielle Bezeichnung galt.
Nach der Wiedereingliederung in das Deutsche Reich 1939 galten nach unveröffentlichtem Erlass vom 29. Dezember 1939 vorläufig die bisher vor 1918/1920 gültigen Ortsnamen weiter. Mittels der Anordnung betreffend Änderung von Ortsnamen des Reichstatthalters in Danzig-Westpreußen vom 25. Juni 1942 wurden mit Zustimmung des Reichsministers des Innern alle Ortsnamen eingedeutscht. Dabei wurden sämtliche Ortsnamen lautlich angeglichen oder übersetzt, zum Beispiel:
- Chotzenmühl: Holzmühl,
- Ciß: Eibenort,
- Czersk: Heiderode,
- Dombrowo: Eichenfier,
- Gurki: Görken, Kr. Konitz,
- Karschin: Karschen,
- Lesno: Leisten, Kr. Konitz,
- Lubna: Lubben,
- Schwornigatz: Schwarnegast,
- Zappendowo: Zappen.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.107
- ↑ Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.7ff.
- ↑ Leszek Belzyt: Sprachliche Minderheiten im preußischen Staat 1815–1914. Marburg 1998. S.107