John Coltrane

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John William Coltrane (* 23. September 1926 in Hamlet, North Carolina; † 17. Juli 1967 in New York City) war ein US-amerikanischer Jazz-Saxophonist (Tenor- und Sopransaxophon).

Coltranes Stil entwickelte sich in und aus der Post-Bop-Zeit; in den frühen 1960er Jahren entfaltete er seine eigene Spielweise, deren herausragendes Merkmal die „sheets of sound“ sind, bis hin zu freiem, aber nach eigenen Aussagen immer auf den Blues bezogenem Spiel. Er gilt als einer der musikalischen Wegbereiter des Free Jazz, dem er sich aber erst ab 1965 selbst zuwandte.

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[Bearbeiten] Leben und Werk

John Coltrane
John Coltrane

Kurz nach der Geburt zogen seine Eltern zum Großvater Walter Blaire, der Reverend in einer methodistischen Kirche war. Seine Familie war musikalisch, sein Vater spielte mehrere Instrumente. Über den Großvater kam Coltrane schon als kleines Kind mit geistlicher Musik in Berührung. Mit zwölf Jahren bekam er von den Eltern seine erste Klarinette geschenkt und nahm klassischen Musikunterricht. Als 1938 sein Großvater und bald darauf sein Vater starb, geriet die Familie in Geldnöte, die Mutter musste als Dienstmädchen arbeiten und konnte nur gerade so das Geld für die Musikschule aufbringen. Ihr Sohn spielte schon bald im Schulorchester. In der Highschool-Zeit lernte er Altsaxophon und machte erste Gehversuche im Jazz.

Nach dem Militärdienst in einer Musikkapelle Mitte der 1940er Jahre ging er nach Philadelphia und gründete dort auch seine erste Band. In der Musikerszene kam er mit Heroin in Berührung, das damals eine Modedroge war, und wurde schließlich abhängig. Dennoch behielt er auch in dieser Zeit ein tägliches Übungspensum von mehreren Stunden bei. 1949 wurde er Mitglied der Dizzy Gillespie Big Band, wurde allerdings schnell wieder entlassen, weil Gillespie keinen Junkie in seiner Band haben wollte. In der Musikerszene gab man ihm den Spitznamen Country Boy, weil er oft barfuß durch die Gegend lief. Nach einem kurzen Engagement bei Johnny Hodges' Band im Hochsommer 1954 lernte er 1955 seine erste Frau Naima kennen, im gleichen Jahr engagierte ihn Miles Davis zum ersten Mal. Dies bedeutete für Coltrane den Durchbruch; Davis war bereits ein Star. Coltrane spielte Tenorsaxophon, behielt dabei aber die Intonation des Alt bei und entwickelte seinen charakteristischen Klang. Doch bereits im Herbst des folgenden Jahres warf Davis Coltrane wegen dessen Drogensucht wieder aus der Band. Coltrane zog sich zurück und konnte mithilfe Naimas vom Heroin loskommen.

Im Jahr darauf kehrte er, nun clean, auf die Bühne zurück und stürzte sich mit neuer Energie in die Arbeit. Er arbeitete unter anderem mit Thelonious Monk. Aus dem Zusammenspiel mit Monk brachte er die an den Kirchentonarten orientierten Skalen ein. Diese "modale" Spielweise überwindet die herkömmliche, an Harmoniefolgen gebundene Improvisation. In der Folge wurden Coltranes Soli immer länger und ekstatischer. In jenen Jahren (ca. 1958-60) perfektionierte er eine neue Spielweise, welcher der Jazz-Kritiker Ira Gitler den Namen „sheets of sound“ gab, zu deutsch Klangflächen. Das Spiel verlief so schnell, dass neben dem aktuellen Ton noch die vorherigen Töne in der Luft lagen. Hierbei wurden die horizontalen Linien mehr gewichtet und die althergebrachten schemenartigen Akkordmuster und -Verbindungen bewusst vernachlässigt, der Takt wurde aufgelöst. Der besondere Reiz dieser Technik besteht darin, dass die Musik vielsagend wird, weil oft nicht klar ist, in welcher Tonart Coltrane genau spielt. Wichtig ist, dass der Pianist eingewiesen ist. Monk beispielsweise spielte statt eines C-Dur-Dreiklanges nur das c, womit er die Tonart nicht eindeutig vorgab. In dieser Zeit trat Coltrane – mehr oder weniger notgedrungen, denn er benötigte Material für seine neue Spielweise – als Komponist hervor. Von 1958 bis 1960 spielte er dann auch wieder im Davis-Quintett. Die beiden herausragenden Alben Milestones und Kind of Blue entstanden, dazu noch sein Album Giant Steps – ein Titel, der durchaus wörtlich zu nehmen ist. 1960 erschien dann My Favorite Things. Das Titelstück dieses Albums (im Drei-Viertel-Takt) stammt aus dem Rodgers-und-Hammerstein-Musical The Sound of Music. Coltrane spielte Sopransaxophon und verhalf damit diesem im Jazz seit längerer Zeit relativ selten gespielten Instrument zu einer Renaissance.

Dieser Erfolg machte das John Coltrane Quartet neben Miles Davis' Quintett zu einer der einflussreichsten Jazz-Gruppen der Sechzigerjahre. Neben John Coltrane bestand die klassische Besetzung aus McCoy Tyner (Piano) sowie Elvin Jones (Schlagzeug). Jimmy Garrison löste im Herbst 1961 seine Vorgänger am Bass, Art Davis und Reggie Workman, ab und vervollständigte das Quartett. Diese Besetzung sollte sich nun für die nächsten Jahre nicht verändern.

Bei einigen Live-Aufnahmen im Village Vanguard wirkte auch der Avantgarde-Saxophonist Eric Dolphy (as, bcl, fl) mit, der unter anderen bereits mit Charles Mingus (b, p, leader, comp, arr) zusammengespielt hatte.

Musikalisch sprengte Coltrane die Fesseln des herkömmlichen Jazz und nahm in sein Spiel beispielsweise afrikanische und orientalische Einflüsse auf. Eine der wichtigsten Platten mit dem klassischen Quartett ist die Suite A Love Supreme aus dem Jahre 1964 (Impulse!), bei welcher Coltranes spirituelle Ausrichtung deutlich wird. Coltrane, der auch den psalmenartigen Text schrieb und sang, schuf das Werk nach Lektüre des Buches The Greatest Thing In The World von Henry Drummond, einem evangelikalen Autor des 19. Jahrhunderts.

In der zweiten Hälfte der 1960er Jahre orientierte sich John Coltrane immer stärker am offenen Spiel des Free Jazz. Elvin Jones wurde durch den Schlagzeuger Rashied Ali erst ergänzt, später dann ersetzt, der auch ungebundene Metren spielte; für McCoy Tyner kam Coltranes zweite Frau Alice Coltrane (sie spielte Piano und Harfe, ein im Jazz selten vertretenes Instrument). Zumeist verstärkte der Saxophonist Pharoah Sanders die Intensität der Saxophonklänge.

Musikalisch war Coltrane immer auf der Suche nach allen möglichen Einflüssen – er hat den Jazz traditioneller oder moderner Musik bis hin zu Béla Bartók und Arnold Schönberg geöffnet. Dabei blieb sein Stil immer eigenständig und in seiner Geschwindigkeit und Komplexität auch unvergleichlich. Er veröffentlichte in zwölf Jahren ca. 50 Aufnahmen mit seiner eigenen Band und ein Dutzend mit anderen Bands.

John Coltrane starb 1967 an Leberkrebs. John und Alice Coltrane haben drei gemeinsame Kinder, den Schlagzeuger John Coltrane Jr. (Ende der 1980er tödlich verunglückt) und die Saxophonisten Oran und Ravi. Seine Tochter, die Sängerin Miki Coltrane, stammt aus Johns Ehe mit Naima.

Seine Aufnahme Lush Life mit Johnny Hartman, aus dem Album John Coltrane and Johnny Hartman (1963) sowie die Alben Blue Train (1957), Giant Steps (1960), A Love Supreme (1964), My Favorite Things (1961) und Thelonious Monk with John Coltrane (1961) wurden in die "Grammy Hall of Fame" aufgenommen [1].

[Bearbeiten] Aufnahmen (Auswahl)

Als Leader:

1957–1958 – Die Prestige-Jahre
1959–1961 – Die Atlantic-Jahre
  • 1959: Giant Steps (Atlantic)
  • 1959: Coltrane Jazz (Atlantic, 1959-60)
  • 1960: My Favorite Things (Atlantic)
1961–1964 – Die Impulse!-Jahre
1965–1967 – Das Spätwerk
  • 1965: Ascension
  • 1965: Sun Ship
  • 1967: Interstellar Space

[Bearbeiten] Literatur

  • Yasuhiro Fujioka: John Coltrane: A Discography and Musical Biography. The Scarecrow Press, Inc., Metuchen, N.J., 1995, ISBN 0-8108-2986-X
  • Lewis Porter: John Coltrane: his life and music. The University of Michigan Press, 1998 ISBN 0-472-10161-7 (engl. Originalausgabe)
  • Ashley Kahn: A Love Supreme: the story of John Coltrane's signature album. Viking Penguin, New York 2002 ISBN 0-670-03136-4 (engl. Originalausgabe)
  • Ashley Kahn: A Love Supreme: John Coltranes legendäres Album" Rogner & Bernhard bei Zweitausendeins, Berlin 2004 (dt. Übersetzung) ISBN 3-8077-0030-7
  • J.C.Thomas: Chasin' the trane: Musik und Mystik von John Coltrane. hannibal, Wien 1986 ISBN 3-85445-024-9 (dt. Übersetzung, engl. Original 1975)
  • Ralf Dombrowski: John Coltrane: sein Leben, seine Musik, seine Schallplatten. Oreos, Waakirchen 2002 ISBN 3-923657-63-3 (dt., vollständig überarbeitete Neuauflage)
  • Carl Woideck: The John Coltrane Companion. Schirmer Books, 1998 ISBN 0-7119-6994-9
  • Studs Terkel: Giganten des Jazz. Zweitausendeins, Frankfurt 2005 ISBN 3-86150-723-4
  • Carlo Boccadoro: Jazz! Einaudi, Torino 2005 ISBN 88-06-17911-X

[Bearbeiten] Referenzen

  1. Grammy Awards Site, Grammy Hall Of Fame Award

[Bearbeiten] Weblinks