Johann Liebieg

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Johann Liebieg (* 7. Juni 1802 in Braunau in Böhmen; † 16. Juli 1870 in Smirschitz), ab 1868 Johann Freiherr von Liebieg, war ein böhmischer Textilfabrikant und Industrieller.

[Bearbeiten] Leben

Johann Liebieg erlernte bei seinem Vater Franz die Tuchmacherei, arbeitete dann in Reichenberg und etablierte hier einen kleinen Kramladen, dann ein Schnittwarengeschäft. 1828 erwarb er zusammen mit seinem Bruder Franz (1799-1878) die ehemalige clam-gallassche Spinnerei-Manufaktur und entwickelte diese bis 1841 zu einer der größten Textilfabriken der österreichischen Monarchie. Nach der Fabrikation von Merinos, Lastings und Tibets, welche schnell einen großartigen Aufschwung nahm, übernahm er 1843 die Herstellung von Orléans und Mohairs. 1850 gründete er in Reichenberger eine Worstedspinnerei. 1873 waren dort 600 mechanische und 180 Handwebstühle sowie 5300 Weftgarn- und 2000 Streichgarnspindeln in Tätigkeit.

1845 eröffnet er in Swarow bei Groß Hammer eine Baumwollspinnerei, mit welcher er zehn Jahre später eine Spinnerei und Zwirnerei im benachbarten Haratitz verband. Hier waren 1873 47000 Baumwollspindeln, 6400 Zwirnspindeln und 400 mechanische Webstühle in Tätigkeit. Eine zweite großartige Baumwollspinnerei errichtete er von 1856 bis 1863 in Eisenbrod. Etwa um dieselbe Zeit erbaute er in Mildenau im Bezirk Friedland eine Kammgarnspinnerei, verbunden mit 120 Handwebstühlen, während er in den umliegenden Ortschaften Hunderte solcher Stühle beschäftigte. Schon 1841 hatte er für sein Zentraldepot in Wien eine Färberei und Appreturanstalt in Mödling errichtet, welche er aber 1845 nach Nußdorf verlegte.

1852 erwarb Liebieg im Komitat Bihar eine verlassene Glashütte und bedeutende Waldungen. Er siedelte hier böhmische Arbeiter an, erbaute mit großem Aufwand Straßen, richtete die Glashütte wieder ein und erzeugte bald 60000 Ztr. Glas im Jahr. Doch verkaufte er die Besitzung 1866. In der Folge begründete und erwarb er ferner eine großartige Kunstmühle in Haratitz, Dachschieferbrüche in Racic bei Eisenbrod, Kupferwerke in Rochlitz und Gutenstein, eine Spiegelfabrik in Elisenthal, Kalksteinbrüche und Kalköfen bei Smrc bei Eisenbrod sowie eine Dampfbrettsäge und eine Bierbrauerei auf den Domänen Smirschitz und Horinowes im Königgrätzer Kreis, zu welch letztern er später noch die Waldherrschaft Daschitz hinzukaufte.

Für seine 6300 Arbeiter und Beamte richtete Liebieg viele humanitäre Anstalten (Unterstützungsinstitute, Bäckereien, Speiseanstalten, Unterrichtsanstalten, Kinderkrippen, Wohnsiedlungen) ein, welche einen jährlichen Aufwand von bis zu 20.000 Gulden erforderten. Vielfach beteiligte er sich auch an öffentlichen Angelegenheiten. Er war Vorstand des Reichenberger Gewerbevereins, Präsident der dortigen Handelskammer, 1849 Delegierter der k.u.k. Regierung beim volkswirtschaftlichen Ausschuss in Frankfurt a. M., 1851 Mitglied der Kommission zur Regulierung der Valuta sowie langjähriges Reichsratsmitglied.

Liebiegs Söhne Theodor und Heinrich sowie spätere Familienmitglieder waren auch in den liebiegschen Unternehmen tätig. Die Liebieg-Werke gehörten zu den größten Industrieunternehmen Österreich-Ungarns und der späteren Tschechoslowakei.

[Bearbeiten] Siehe auch

Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.