Audienzfigur
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Eine Audienzfigur ist eine naturgetreue Nachbildung seiner selbst, die der spanische König Philipp II. nutzte, um sich unnütz empfundenen Repräsentationspflichten zu entziehen.
Philipp II. (1527–1598) war ein bürokratischer König, der sich viel mit Schreibarbeit beschäftigte und zu seinen Untertanen Distanz hielt. Die Geringschätzung seiner Repräsentationspflichten zeigte sich unter anderem darin, dass seine Untertanen manchmal nicht den wirklichen Philipp aus Fleisch und Blut zu sehen bekamen, sondern dessen naturgetreues Konterfei.
Solche Audienzfiguren, die aus einer bemalten Büste und einem Prunkharnisch bestanden, haben König Philipp als Doppelgänger gedient. Er ließ sie in angemessener Entfernung zu seinen Untertanen oder auch ausländischen Gesandten, die er mitunter für unwürdig erachtete, aufstellen. Manche Audienzfiguren waren beweglich und konnten winken, nicken und ähnliche Gesten ausführen. Diese Figur des Königs ist mechanisch; doch Philipps Publikum schöpfte niemals Verdacht, nur eine Attrappe gesehen zu haben.
Die im Bild dargestellte Audienzfigur befindet sich heute in der Wiener Hofburg. Der Madrider Hofbildhauer Pompeo Leoni (um 1533–1610), Sohn des italienischen Goldschmieds Leone Leoni (1509–1590), schuf den Kopf – ein realistisches Porträt bis hin zu den Details des gelockten Bartes und der dunkelgetönten Haut, der fest mit dem Harnisch verbunden ist. Letzterer ist ein Meisterwerk deutscher Waffenschmiede aus Augsburg, die die bevorzugten Lieferanten von Philipps Vater, Kaiser Karl V., waren. Die eingravierten Goldbänder auf dem Bruststück des Harnischs kennzeichnen ihn als Prunkstück, das nicht dem Kampf diente, sondern repräsentativen Zwecken vorbehalten war.
[Bearbeiten] Literatur
- Istituto Poligrafico e Zecca dello Stato: Bollettino di Numismatica. Benvenuto Cellini-Pompeo Leoni, Civiche Raccolte Numismatiche Medaglie Mailand (1994) ISBN 9788824038317