Volkssturm
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Deutsche Volkssturm wurde von der nationalsozialistischen Regierung durch einen Führererlass vom 25. September 1944 einberufen, um die regulären Truppen der deutschen Wehrmacht zu verstärken. So sollten alle bislang noch nicht kämpfenden „waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren den Deutschen Volkssturm bilden“ und eingezogen werden, um den Kernbereich des Deutschen Reiches zu verteidigen und so den deutschen „Endsieg“ herbeizuführen. Nach Plänen der Regierung unter Adolf Hitler war eine Rekrutierung von sechs Millionen Männern angestrebt.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Organisatorische Einbindung
Die Wehrmacht, in deren Zuständigkeit traditionell die Aufstellung eines solchen Landsturms hätte fallen müssen, wurde nicht herangezogen.
Die organisatorische und politische Verantwortung hatte der Chef der Parteikanzlei der NSDAP, Martin Bormann, inne. Der in Bataillone aufgeteilte Volkssturm wurde lokal auf Gauebene durch die Gauleiter der NSDAP aufgebaut, begleitet von umfangreichen Propagandaaktivitäten.
Den militärischen Oberbefehl über den Volkssturm hatte SS-Leiter Heinrich Himmler. Das Aufgabengebiet des Volkssturmes umfasste in erster Linie Bau- und Schanzarbeiten, Sicherungsaufgaben und die Verteidigung von Ortschaften, zumeist in unmittelbarer Heimatgegend.
[Bearbeiten] Rekrutierung
Eingeteilt war der Volkssturm in vier Aufgebote. Das Aufgebot IV umfasste alle nicht Kriegsdienstverwendungsfähigen, das heißt eigentlich wehruntauglichen Männer, die jedoch für Wach- und Sicherungsaufgaben eingesetzt werden sollten. Das Aufgebot III, auch HJ-Aufgebot genannt, umfasste die noch nicht zur Wehrmacht oder Waffen-SS eingezogenen Jahrgänge 1925 bis 1929. Im Aufgebot II waren alle sonstigen Männer bis zum 60. Lebensjahr organisiert, die einen als kriegswichtig erachteten Beruf ausübten. Diese Einheiten wurden immer nur kurzzeitig und in unmittelbarer Heimatnähe eingesetzt, um mögliche Rüstungsproduktionen nicht zu stören. Das Aufgebot I hingegen konnte bis zu sechs Wochen ununterbrochen einberufen und innerhalb des jeweiligen NSDAP-Gaues auch in größerer Distanz zum Wohnort eingesetzt werden. Darüber hinaus zog insbesondere Martin Bormann auch die Aufstellung von Frauenverbänden in Betracht, ohne dass es zu konkreten Maßnahmen in dieser Richtung noch gekommen wäre.
[Bearbeiten] Strategische Bedeutung
Der Volkssturm wurde nur notdürftig ausgerüstet und ausgebildet, weshalb die militärische Wirkung eher gering war. Jugendliche, Alte, Kranke und Schwache sollten „den Heimatboden mit allen Waffen und Mitteln verteidigen.“ An Waffen stand ein Sammelsurium von Beutegewehren aus dem Fundus einst besiegter Armeen zur Verfügung, oft ohne ausreichende Munition. Dennoch verteidigten 15.000 Angehörige des Volkssturms mit Soldaten der Wehrmacht in panischer Angst und immer wieder angetrieben von dem Gauleiter Karl Hanke monatelang das belagerte Breslau bis in den Mai 1945 hinein.
Insgesamt hatte der Volkssturm hohe Verluste bei minimaler militärischer Wirkung zu verzeichnen. Exakte Opferzahlen sind unbekannt, jedoch wird angenommen, dass von den 175.000 als vermisst gemeldeten Volkssturmangehörigen die meisten gefallen sind.
Die Strategie von Bormann und Joseph Goebbels, durch fanatischen Widerstand und damit auch für die Alliierten steigenden Opferzahlen doch noch einen Ermattungsfrieden zu ertrotzen, ging nicht auf. Entsprechende Hoffnungen beruhten auf der deutschen Einschätzung, dass die öffentliche Meinung insbesondere in den Ländern der Westalliierten sich bei fortgesetzt hohen Opferzahlen gegen die Strategie der westlichen Regierungen wenden werde, den Krieg ohne Einschränkungen bis zur Kapitulation der deutschen Streitkräfte fortzusetzen.
[Bearbeiten] Rechtlicher Status und Uniformierung
Der Volkssturm war keine Partisanenarmee, eine Armbinde mit der Aufschrift „Deutscher Volkssturm – Wehrmacht“ machte seine Angehörigen als Kombattanten kenntlich, auch wenn sie in der Uniform der Hitler-Jugend oder in Zivilkleidung kämpften. Im Durcheinander des Kriegsendes ist anzunehmen, dass nicht immer die Armbinde verteilt wurde.
Es gab nur vier unterschiedliche Dienstgrade: Gruppenführer, Zugführer, Kompanieführer und Bataillonsführer.
Da die Wehrmacht nicht ausreichend Uniformen zur Verfügung stellen konnte, trugen zahlreiche Volkssturmangehörige „Phantasieuniformen“, so etwa diejenige der Reichsbahn, umgefärbte Partei- oder HJ-Uniformen, alte Uniformen des kaiserlichen Heeres oder gewöhnliche zivile Anzüge.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Perry Biddiscombe: Werwolf! The History of the National Socialist Guerilla Movement 1944–1946. Univ. of Toronto Press,: Toronto 1998. ISBN 0-8020-0862-3.
- Klaus Mammach: Der Volkssturm. Das letzte Aufgebot 1944/45. Pahl-Rugenstein, Köln 1981. ISBN 3-7609-0642-7.
- Alastair Noble: The People's Levy. The Volkssturm and Popular Mobilisation in Eastern Germany 1944–45. In: Journal of Strategic Studies 24/2001, S. 165–187.
- David K. Yelton: „Ein Volk steht auf.“ The German Volkssturm and Nazi Strategy, 1944–45. In: Journal of Military History 64/2000, S. 1061–1083.
- Franz W. Seidler: „Deutscher Volkssturm“. Das letzte Aufgebot 1944/45. 2. Aufl. Herbig, München 1991. ISBN 3-7766-1608-3.
- David K. Yelton: Hitler's Volkssturm. The Nazi Militia and the Fall of Germany 1945–1945. Univ. of Kansas Press, Lawrence (Kans.) 2002. ISBN 0-7006-1192-4.
- David K. Yelton: The SS, NSDAP, and the Question of Volkssturm Expansion. In: Alan E. Steinweis/Daniel E. Rogers (Hg.): The Impact of Nazism. New Perspectives on the Third Reich and its Legacy. Univ. of Nebraska Press, Lincoln 2003. S. 167–181. ISBN 0-8032-4299-9.
[Bearbeiten] Weblinks
- www.dhm.de/ 1939 - 1945 Der Volkssturm
- Lexikon der Wehrmacht/ Der Volkssturm - Eine Übersicht