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Völkerstrafrecht – Wikipedia

Völkerstrafrecht

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Als Völkerstrafrecht bezeichnet man die Summe der Normen, die die Strafbarkeit einzelner Individuen unmittelbar aufgrund von Völkerrecht begründen.

Das bedeutet, dass Individuen direkt aufgrund von völkerrechtlichen Normen strafbar sein können - eine Ausnahme vom nicht mehr ganz aktuellen Prinzip, dass das Völkerrecht nur die Beziehungen zwischen Staaten und internationalen Organisationen regelt. Man kann diese Erweiterung des Kreises der Völkerrechtssubjekte als Kehrseite der Entwicklung der Menschenrechte verstehen: Einerseits so, dass nur die schlimmsten Menschenrechtsverletzungen als völkerstrafrechtliche Verbrechen bestraft werden können, und andererseits, indem die Menschenrechte Individuen berechtigen, während das Völkerstrafrecht Individuen verpflichtet.

Die Entwicklung des Völkerstrafrechts begann zwar schon vor dem Zweiten Weltkrieg, als im Versailler Vertrag die Anklage des deutschen Kaisers Wilhelm II. wegen internationaler Verbrechen vorgesehen wurde. Doch aufgrund der Weigerung der Niederlande, Wilhelm II. auszuliefern, konnte sich das Völkerstrafrecht vorerst nicht entwickeln. Erst die Nürnberger Prozesse von 1946 haben die Entwicklung des Völkerstrafrechts nachhaltig gefördert. Zum ersten Mal wurden Einzelpersonen persönlich für Handlungen, die als Teile von Staatsorganen begangen hatten, zur Rechenschaft gezogen. Zwar sind die Nürnberger Prozesse oft als "Siegerjustiz" diffamiert worden; auch wurde dem Militärtribunal vorgeworfen, es verletze den Grundsatz "nulla poena sine lege" bzw. "nullum crimen sine lege", indem es quasi neue Völkerstrafrechtstatbestände kreierte. Jedoch sind die Grundsätze, die im Urteil von Nürnberg niedergelegt sind, grundlegend und zum Teil noch heute gültig.

Während des Kalten Krieges stagnierte die Entwicklung des Völkerstrafrechts. Erst durch die Schaffung der Ad-hoc-Tribunale für Ex-Jugoslawien und Ruanda durch die Resolutionen des UN-Sicherheitsrates Nr. 827 (25. Mai 1993) bzw. 955 (8. November 1994) konnte der Entwicklung des Völkerstrafrechts ein neuer Schub gegeben werden. Vorläufiger Höhepunkt der Entwicklung des Völkerstrafrechts ist die Schaffung des Internationalen Strafgerichtshofes mit Sitz in Den Haag durch das Rom-Statut vom 17. Juli 1998, das nach Hinterlegung der 60. Ratifikationsurkunde am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist.

Einzelne Tatbestände des Völkerstrafrechts sind insbesondere:

Im Rahmen des Rom-Statuts ist das Verbrechen des Angriffskrieges nicht definiert. Es besteht insbesondere Streit darüber, welche Rolle der UN-Sicherheitsrat bei der Ausübung der Gerichtsbarkeit des IStGH über dieses Verbrechen spielen soll. Mit einer Definition ist wahrscheinlich in naher Zukunft nicht zu rechnen.[1]

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Werle, Gerhard: Völkerstrafrecht, S. 446 (Rn. 1175); Kittichaisaree, Kriangsak: International Criminal Law 2001, S. 217.

[Bearbeiten] Literatur

  • Werle, Gerhard: Völkerstrafrecht, Tübingen 2003, ISBN 3-16-148087-2.
  • Beier, Nicole: Die Rechte des Angeklagten im Internationalen Strafprozess, Frankfurt (Oder) 2003, http://voelkerrecht.euv-frankfurt-o.de/Publikationen/SeminararbeitBeier.pdf
  • Markus Benzing, The Complementarity Regime of the International Criminal Court: International Criminal Justice between State Sovereignty and the Fight against Impunity. In: Max Planck Yearbook of United Nations Law, Leiden 2003, S. 591-628. ISSN 1389-4633
  • Hatem Elliesie: Die Darfur-Krise im Sudan und das Völkerrecht: Eine Herausforderung für die Vereinten Nationen (UN) und den Internationalen Strafgerichtshof (ICC). In: Verfassung und Recht in Übersee (Law and Politics in Africa, Asia and Latin America) 2007/2, 40. Jahrgang, Baden-Baden/Hamburg 2007, S. 199-229. ISSN 0506-7286
  • Hans-Heiner Kühne, Robert Esser, Marc Gerding: Völkerstrafrecht. 12 Beiträge zum internationalen Strafrecht und Völkerstrafrecht, Julius Jonscher Verlag Osnabrück 2007, ISBN 3-9811-3991-7

[Bearbeiten] Siehe auch

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