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Staubexplosion – Wikipedia

Staubexplosion

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Eine Staubexplosion ist die Variante einer Explosion, bei der in der Luft feinverteilte feste Stoffpartikel gezündet werden. Die Folge ist eine plötzlich verlaufende Kraftentfaltung, die auf dem Ausdehnungsbestreben von plötzlich erhitzten Gasen und Dämpfen beruht.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Bedingungen

Eine Staubexplosion mit Bärlappsporen
Eine Staubexplosion mit Bärlappsporen

Gemische aus Staub und Luft sind explosionsfähig, wenn der Staub aus brennbarem Material besteht, wie z. B. Kohle, Mehl, Holz, Kakao, Kaffee, Stärke oder Cellulose. Auch anorganische Stoffe und Elemente wie Magnesium, Aluminium und sogar Eisen und Stahl sind in dieser Form explosiv oder zumindest brennbar. Neben der Brennbarkeit (Fähigkeit, mit dem Luftsauerstoff exotherm zu reagieren) ist die geringe Partikelgröße der Stäube entscheidend, d. h. die explosiven Effekte steigen mit abnehmender Größe. Durch den Prozess der Zerkleinerung entstehen sehr große Oberflächen, wodurch die Staubpartikel einerseits sehr schnell oxidieren und damit erhitzt werden und andererseits sehr gut Wärme aufnehmen und damit durchzünden können. Durch diese Effekte ist es möglich, dass auch Materialien, die in fester Form als nicht brennbar gelten, in dieser feinverteilten Form brennen. Feine Stahlwolle z. B. brennt mit heller Flamme, während ein massiver Stahlblock unter normalen Umständen niemals entzündet werden könnte. Entscheidend für die Zündfähigkeit ist nämlich auch der Sauerstoffanteil in der Luft und der Aggregatzustand (z. B. tiefstgekühlt flüssig und damit hochkonzentriert).

Bei Nahrungs- und Futtermittelstäuben sind die Voraussetzungen einer Staubexplosion gegeben, wenn je nach Feinheit und Substanz 60–2000 Gramm Staub je Kubikmeter Luft auf eine geeignete Zündquelle treffen.

Als Zündquelle können verschiedene elektrische oder mechanische Effekte mit ausreichender Temperatur und Energiedichte dienen. Als Zündquelle kann ein Funke ausreichen, der z. B. durch das Ziehen eines elektrischen Steckers oder Fehlfunktionen in Elektrogeräten entsteht, aber auch im ordnungsgemäßen Fall treten beim Betätigen von Schaltern und dergleichen unter gewissen Umständen energiereiche Funken auf. Ebenfalls eine bedeutende Gefahrenquelle besteht in der elektrostatischen Elektrizität, im Kleinen z. B. durch elektrostatisch wirksame Kleidung, viel mehr aber auch in Fördermitteln (Transportbänder aus Gummi o. Ä.), die durch ihre andauernde Reibung und Bewegung ganz erhebliche elektrostatische Spannungen und Ladungen erzeugen können (Bandgenerator). Weitere Zündquellen sind heiße Oberflächen (Nahrungsmittelproduktion), Schleif- oder Reibfunken, Glimmnester etc.

Auch große Mengen Hausstaub, die oft zu 80 Prozent aus abgeschilferten Hautzellen des Menschen und weiterem organischen Material bestehen und die sich z. B. in einer abgehängten, aber nicht luftdicht abgeschlossenen Decke sammeln, können im Brandfall zünden und durch die Druckwelle, die weiteren Haustaub aufwirbelt, bei ungenügender Abtrennung der abgehängten Decken zwischen den Räumen eine Staubexplosion in einem gesamten Stockwerk auslösen.

[Bearbeiten] Vorsorge

Mit der Verhinderung von Staubexplosionen beschäftigt sich der Bereich des Staubexplosionsschutzes. Hier werden die Möglichkeiten beschrieben, die zu einer Minimierung des Gefährdungspotentials führen. Die Ergebnisse der aktuellen Forschungsbemühungen fließen in Normungsvorhaben und Gesetzesinitiativen ein, die allerdings weltweit zu anderen Umsetzungen führen. Es werden Bestimmungen unterschieden, die sich an den Betreiber explosionsgefährdeter Anlagen richten und die für die Herstellung explosionsgeschützter Betriebsmittel notwendig sind. Prinzipiell hat der Betreiber das Gefährdungspotential seiner Anlage zu begutachten und die hieraus bedingten Maßnahmen zu definieren.

Eines der größten Vorhaben zur Prävention waren die von der Berufgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten angestoßenen Forschungen. Dabei wurden in Deutschland über 700 Staubexplosionen hauptsächlich in Silos, Entstaubungsanlagen, Mühlen und Förderanlagen der Nahrungsmittelindustrie ausgewertet (H. Beck, A. Jeske: Berichte über Staubexplosionen – Einzelergebnisse und Dokumentation, in VDI-Berichte 1272 Sichere Handhabung brennbarer Stäube, S. 365–387, VDI-Verlag Düsseldorf 1996). Anschließend wurde in einem Staublabor 1200 Produkte und Produktgemische der Nahrungsmittel- und Futtermittelindustrie auf ihre explosionstechnischen Kenngrößen untersucht und mittels einer Datenbank der Industrie zur Verfügung gestellt.

Geeignete Vorsorgemaßnahmen bestehen in der regelmäßigen Kontrolle der gesamten Anlagen, wie z. B. der regelmäßigen Überprüfungen der elektrischen Geräte, der Erdung statisch aufladbarer Gegenstände und der Einhaltung der notwendigen Sauberkeit. Dies ist besonders wichtig, da schon eine wenige Millimeter dicke Staubschicht bei entsprechender Verwirbelung und gleichzeitigem Auftreten eines Zündfunkens zu einer Staubexplosion führen kann. Außerdem sind alle Maßnahmen einzuhalten, die im Explosionsschutzdokument für die jeweilige Anlage festgeschrieben sind.

Gefahr und möglicher Ablauf von Staubexplosionen sind schwer einzuschätzen. Dies erklärt sich beispielhaft mit Hilfe des folgenden Szenarios: Durch unzureichende Reinigungsmaßnahmen in einem Mühlengebäude sammelt sich eine Mehlstaubschicht auf einem Elektromotor. Als Folge der guten thermischen Isolationsfähigkeit der Stäube kommt es zum Überhitzen des Motors, wodurch sich die Staubschicht entzündet. Hierdurch entstehen Glutnester, die ohne sichtbare Flamme glimmen. Durch das Öffnen einer Tür entsteht eine Luftströmung, die zu einer Verwirbelung der Staubschicht in der Nähe der Glutnester führt. Es kommt zu einer Verpuffung, die zunächst keine Schäden anrichtet. Allerdings wird durch diese Verpuffung Mehlstaub in die Luft gewirbelt, so dass nun eine Explosionsfähige Atmosphäre mit großem Volumen entsteht. Die noch vorhandenen Glutnester entzünden das Staub-Luft-Gemisch; erst diese Explosion richtet den Hauptschaden an, bis hin zur Zerstörung der gesamten Anlage.

Im Steinkohlebergbau sind Explosionen von Kohlestaub gefürchtet. Solche Staubexplosionen entstehen im Bergwerk häufig durch Schlagwetterexplosionen, die den überall vorhandenen Kohlestaub zunächst aufwirbeln und dann zünden. Verhindert lassen sich untertägige Kohlenstaubexplosionen durch Wasservorlagen, die sich an der Stollenkappe befinden und durch Aufplatzen beim Durchlaufen einer Schlagwetterexplosion den Kohlenstaub mit Wasser niederschlagen.

[Bearbeiten] Brandbekämpfung

Bei Löscharbeiten muss darauf geachtet werden, dass durch den Wasserstrahl kein Staub aufgewirbelt wird, da sich dieser dann explosionsartig entzünden und zu einer Ausbreitung des Feuers führen kann. Weiterhin ist die Staubbildung in den Bereichen zu beobachten, die sich in relevanter Nähe zum Brandbereich befinden. Bei der Beurteilung der Gefahren bei Bränden in staubgefährdeten Bereichen wird oft die Möglichkeit einer Gasexplosion übersehen, bei der Gasgemische gezündet werden können, die durch eine unvollständige Verbrennung entstehen (z. B. Kohlenmonoxid).

Ein Beispiel ist die Explosion in der Bremer Rolandmühle. Am 6. Februar 1979 wurde durch einen kleinen Brand die bisher größte Mehlstaubexplosion im deutschsprachigen Raum ausgelöst. Für die Schwere des Schadens war der Umstand maßgeblich, dass das relativ kleine Schadenfeuer eine Kettenreaktion ausgelöst hat, bei der durch jede Explosion eine weitere und teilweise auch heftigere Explosion ausgelöst wurde. Die Schadenbilanz verzeichnet 14 Tote und 17 Verletzte sowie einen Sachschaden in der Größenordnung von umgerechnet etwa 50 Millionen Euro.


[Bearbeiten] Literatur

  • Barton, J.: „Dust Explosion, Prevention and protection, a Practical Guide.“, IChemE, Warkwickshire, 2002, ISBN 0-85295-410-7
  • Bussenius, S.: “Wissenschaftliche Grundlagen des Brand- und Explosionsschutzes.“, Kohlhammer, Stuttgart, Berlin, Köln, 1996, ISBN 3-17-013867-7
  • Hesener, U.: „Ein wissensbasiertes System zur Sicherheitsbetrachtung bei staubverarbeitenden Anlagen.“, Fortschr.-Ber. VDI Reihe 3 Nr. 508, VDI Verlag, Düsseldorf, 1997, ISBN 3-18-350803-6
  • Lienenklaus, E.; Wettingfeld, K.: „Elektrischer Explosionsschutz nach DIN VDE 0165“, 2. Auflage, VDE Verlag, Berlin und Offenbach, 2001, ISBN 3-8007-2410-3
  • Olenik, H., u. a.: „Elektroinstallation und Betriebsmittel in explosionsgefährdeten Bereichen“, Hüthig & Pflaum, München/Heidelberg/Berlin, 2000, ISBN 3-8101-0130-3

[Bearbeiten] Weblinks

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