Schurkenstaat
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Mit dem politischen Schlagwort Schurkenstaaten bezeichnen die US-Regierung und auch ihre Verbündeten eine Gruppe von diktatorisch regierten Staaten, die sich angeblich aggressiv gegenüber anderen Ländern verhalten und nach Ansicht der US-Regierung die Stabilität ganzer Weltregionen untergraben und sich zugleich internationalen Verhandlungen verweigern.
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Zum Begriff
„Schurkenstaat“ ist die allgemein übliche deutsche Übersetzung des englischen Begriffs „Rogue State“. Diese Übersetzung vermag nicht ganz den Inhalt des Originals zu transportieren, da im Englischen mit Rogue nicht nur eine allgemein boshafte Person bezeichnet wird, sondern darüber hinaus ein unberechenbarer und irrational handelnder Einzelgänger, der eine schwer einzuschätzende Gefahr für andere darstellt.
„Schurkenstaaten“ ist zudem die deutsche Übersetzung des Begriffs „outlaw states“, den John Rawls, amerikanischer Philosoph des 20. Jahrhunderts, in „Das Recht der Völker“ gebraucht. Er bezeichnet damit Staaten, die der Gemeinschaft der Völker feindselig gegenüberstehen, aggressive Ziele verfolgen und die Menschenrechte ihrer Bürger massiv missachten. Nach Rawls hat die Gemeinschaft derjenigen Völker, die Frieden sichern wollen, das „Recht“, Schurkenstaaten „nicht zu tolerieren“. Selbst wenn ein Schurkenstaat „nur“ seine Bürger unterdrücke, beeinflusse er damit doch die anderen Völker negativ und vergifte die internationalen Beziehungen. Schurkenstaaten müssten verurteilt werden und in schwerwiegenden Fällen Sanktionen und sogar Interventionen unterworfen werden. Als geeignete Sanktionen führt Rawls den Ausschluss des betreffenden Staates von der internationalen Kooperation und vom Warenverkehr an. Als letztes Mittel sei sogar die gewaltsame militärische Intervention zum Schutz der Bürger des „Schurkenstaates“ legitim.
Die Definition der US-Regierung
Als typisches Erkennungsmerkmal, das die Bush-Regierung den Schurkenstaaten gibt, gelten die Unterstützung des Terrorismus und das Streben nach Massenvernichtungswaffen, vor allem nuklearen. Über die betroffenen Staaten wurden in unterschiedlichen Konstellationen durch multinationale Organisationen (UNO), Staatengruppen (EU) und/oder Einzelstaaten (USA) Sanktionen erlassen, wobei dies in aller Regel keine Zustimmung zur These von den „Schurkenstaaten“ der gegenwärtigen US-Regierung implizierte.
Nach den US-amerikanisch geführten Interventionen in Afghanistan 2002 und im Irak 2003, die zur Beendigung der Herrschaft der Taliban und zum Sturz sowie zur späteren Gefangennahme Saddam Husseins führten, verloren beide Staaten diesen „Status“. Mit der Erklärung Libyens 2004, die Unterstützung des Terrorismus aufzugeben und die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen einstellen zu wollen, wurde der Weg für eine Aufhebung der internationalen Sanktionen und eine Rückkehr in die Staatengemeinschaft geebnet.
In den letzten sechs Monaten der Regierungszeit von Bill Clinton wurde der Begriff in „Besorgnis erregende Staaten“ (engl. states of concern) geändert, ohne jedoch die zugrundeliegende Bedeutung im Kern aufzugeben. Allerdings wurde dieses Schlagwort von der Regierung unter George W. Bush erst 2004 wieder aufgegriffen, um weitere Länder – solche, die nicht ganz das für die Rubrik ausgemachter „Schurkenstaaten“ erforderliche Gefahrenpotential aufweisen – in diese Gruppe aufnehmen und sanktionieren zu können.
Vorbehalte und Kritik
In den meisten seriösen Medien wird der Terminus „Schurkenstaaten“ in der Regel in Anführungen gesetzt (oft auch auf redaktionelle Verfügung bzw. Übereinkunft), da er – wie kritisiert wird – wissenschaftlichen und politischen Kriterien von auch nur hinreichender Schlüssigkeit mitnichten standhalte und vielfach als propagandistisch betrachtet wird. Eine vielbeachtete, fundamentale und ironische Kritik des Begriffs hat der französische Philosoph Jacques Derrida in seinem Essay „Schurken“ (2003) versucht. In den USA selbst ist der Begriff „Schurkenstaaten“ unter Kritikern der Bush-Regierung einer der meistpersiflierten und -parodierten, obwohl er auch von Clinton zeitweise benutzt wurde. Die Verwendung dieses Begriffs und die Politik der USA führten dazu, dass die USA selbst als Schurkenstaat bezeichnet werden (z. B. von Noam Chomsky[1] oder William Blum).
Liste der „Schurkenstaaten“
Folgende Staaten werden von der US-Regierung aktuell als „Schurkenstaat“ bezeichnet:
Liste der ehemaligen „Schurkenstaaten“
Quellen
- ↑ http://journal-ethnologie.inm.de/portal/WebObjects/PortalJE.woa/wa/select?id=110000984&entity=Artikel
- ↑ USA streichen Nordkorea aus der Liste der Schurkenstaaten
- ↑ Artikel auf dw-world.de
- ↑ Pressebericht aus dem Weißen Haus