Rettungsdienst
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Der zivile Rettungsdienst (kurz: RD, RettD, in der Schweiz Sanität, in Österreich die Rettung) hat die Aufgabe, rund um die Uhr bei medizinischen Notfällen aller Art – Verletzungen, Vergiftungen und Erkrankungen – durch den Einsatz von qualifiziertem Rettungsfachpersonal und den geeigneten Rettungsmitteln rasch und sachgerecht zu helfen und Leben zu retten. Dabei wird unterschieden zwischen:
- dem bodengebundenen RD mit den Aufgabenbereichen Notfallrettung und qualifiziertem Krankentransport
- der Luftrettung,
- dem Bergrettungsdienst
- und dem Wasserrettungsdienst,
wobei die Spezialorganisationen der Berg- oder Wasserrettung den Patienten nach der Rettung zur weiteren Versorgung an den allgemeinen Rettungsdienst übergeben. Als internationales Erkennungszeichen für den Rettungsdienst hat sich der Star of Life etabliert.
[Bearbeiten] Rettungsdienst in Europa
Als europaweit einheitliche Notrufnummer wurde die 112 für Hilfeersuchen aller Art vereinbart, die dann ggf. an die zuständige Stelle weitergeleitet werden. Darüber hinaus gibt es in Europa weiterhin zahlreiche verschiedene national und lokal gültige Notrufnummern.
Europaweite Standards gibt es zum Beispiel für
- Rettungsdienstliche Einsatzkleidung (DIN EN 443, DIN EN 471, DIN EN 659)
- Fahrzeuge zur Patientenbeförderung (DIN EN 1789)
- Krankenfahrtragen (DIN EN 1865)
Einige Rettungsdienstorganisationen sind auch nach Europäischen Qualitätsmanagement-Normen zertifiziert (ISO 900x). Diese Organisationen garantieren damit, einen gewissen Standard einzuhalten, von der Materialbeschaffung bis zur Behandlung des Patienten.
Es gibt keine EU- oder gar europaweiten Richtlinien für die Einhaltung bestimmter Hilfsfristen. Allenfalls gibt es die Empfehlung einer Hilfsfrist zwischen zehn und zwanzig Minuten, die die Mitgliedsstaaten eigenständig nach oben oder unten abwandeln dürfen.
[Bearbeiten] Rettungsdienst in Deutschland
In Deutschland ist der Rettungsdienst nach dem Föderalismusprinzip des Grundgesetzes Ländersache und wird daher durch Landesgesetze geregelt. Zur Durchführung des Rettungsdienstes greifen die Länder dabei auf unterschiedliche subsidiäre Modelle zurück. Die Länder legen die Aufgaben wiederum per Gesetz auf die Landkreise oder kreisfreien Städte (in Bayern auf sogenannte Zweckverbände für Rettungsdienst Feuerwehralarmierung(ZRF)) um. Um dieser Aufgabe nachzukommen, stellen die Kommunen selbst Personal und Ausstattung des Rettungsdienstes oder betreiben eigene Rettungsdienstunternehmen, bzw. übertragen diese, sofern vorhanden, den hauptberuflichen Kräften ihrer Feuerwehr oder vergeben den Rettungsdienst an gemeinnützige Organisationen (das häufigste Modell in Deutschland) bzw. privatwirtschaftliche Unternehmen.
Wahrgenommen wird der bodengebundene Rettungsdienst im Auftrag der Kommunen durch:
- kommunale Rettungsdienstunternehmen (der Landkreis führt den Rettungsdienst eigenständig mit hauptberuflichen bzw. hauptamtlichen Kräften durch)
- die Feuerwehr mit hauptberuflichen bzw. hauptamtlichen Kräften
- die Hilfsorganisationen
- private Rettungsdienstunternehmen
Die Luftrettung wird gemeinsam durch die Betreiber der Rettungshubschrauber sowie Kliniken und Hilfsorganisationen erfüllt. Träger der Luftrettung sind die jeweiligen Bundesländer. Die Bergrettung nimmt die Bergwacht wahr, die Wasserrettung die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG), die Wasserwacht im Deutschen Roten Kreuz, der Freiwillige Seenot-Dienst (FSD) und der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Die Seenotrettung auf Nord- und Ostsee stellt die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) sicher.
Die Einsatzkräfte werden durch die jeweils zuständige Rettungsleitstelle/Integrierte Leitstelle alarmiert und koordiniert.
Die Finanzierung der Vorhaltung ist unterschiedlich geregelt, für den Patiententransport kommt in der Regel die Krankenversicherung des Patienten auf.
Von der individualmedizinisch ausgerichteten Patientenversorgung des Rettungsdienstes sind die Strukturen beim Massenanfall von Verletzten (MANV) abzugrenzen, die sich dadurch auszeichnen, dass primär nicht genügend Einsatzkräfte für die Bewältigung der Schadenslage vor Ort sind. Die medizinische Einsatzleitung bei einem solchen Ereignis obliegt dem Leitenden Notarzt (LNA). Der Organisatorische Leiter Rettungsdienst (Orgl/OLRD) übernimmt die Koordination der Rettungsmittel vor Ort und in Zusammenarbeit mit dem LNA die Verteilung der Patienten auf die Rettungsmittel, um sie in geeignete Krankenhäuser bringen. Der reguläre Rettungsdienst wird dabei durch Helferinnen und Helfer unterstützt, die in Einsatzeinheiten (EE) oder Schnelleinsatzgruppen (SEG) zusammengefasst sind und bei Bedarf alarmiert werden. Diese Gruppen sind in der Lage, vor Ort Strukturen (zum Beispiel einen Behandlungsplatz) zur Patientenversorgung zu schaffen und können so die behandlungsfreie Zeit verkürzen. Das Rettungskonzept der ärztlichen Versorgung des Patienten vor Ort wird auch stay and play (Stabilisierung des Patienten vor Ort mit anschließendem Transport in eine geeignete Klinik) genannt - im Gegensatz zu scoop and run (Sofortiger Transport des Patienten und Behandlung erst während des Transports oder in der Zielklinik). Letzteres System wird z.B. in den USA angewandt.
In Deutschland bestehen auch Gemeinschaftsprojekte unter den Rettungsorganisationen. DLRG und Wasserwacht stellen Einsatztaucher, die mit dem Hubschrauber zu Unfallplätzen geflogen werden. Zudem gibt es Kooperationen zwischen der Feuerwehr, die das Material und das Fahrzeug (ein so genannter Gerätewagen Wasserrettung (GWW)) bereithält und der Wasserrettung, die das Personal stellt.
Da viele Ortsgruppen der Hilfsorganisationen oder der freiwilligen Feuerwehren auf dem Land Einsatzfahrzeuge besitzen, werden diese zunehmend auch als Einrichtungen örtlicher Erster Hilfe (First Responder oder Helfer vor Ort) eingesetzt, wenn ein Notfall in deren unmittelbarer Nähe geschieht. In Großstädten werden manche Berufsfeuerwehren ebenfalls zu diesem Zweck eingesetzt, wenn der Standort eines Löschfahrzeuges näher als der des nächsten Rettungsfahrzeuges liegt. Sie bilden das Bindeglied zwischen Erster Hilfe und Rettungsdienst. Sie übernehmen die Patientenversorgung auf notfallmedizinischem Niveau und die Überbrückung der Zeit bis zum Eintreffen eines regulären Rettungsmittels.
Seit Beginn der 90er Jahre ist die psychosoziale Betreuung von Einsatzkräften nach extrem belastenden Einsätzen, z. B. Kindertodesfällen, und die Betreuung von betroffenen Personen nach einem Schadensereignis, z. B. Angehörige nach einer erfolglosen Wiederbelebung, die Aufgabe von Kriseninterventionsdiensten (KIT) und der Notfallseelsorge (NFS).
Derzeit gibt es ca. 47.000 hauptberuflich Beschäftigte im deutschen Rettungsdienst. Dabei handelt es sich zum größten Teil um Rettungsassistenten (berufliche Ausbildung), die die primäre Besetzung von Rettungsmitteln stellen. Weitere Qualifikationsgrade sind Rettungssanitäter, Rettungshelfer und je nach Landesrettungsdienstgesetz eventuell Sanitätshelfer.
[Bearbeiten] Rettungsdienst in Österreich
In Österreich ist das Rettungswesen wie die Feuerwehr Gemeindesache und ist in Landesgesetzen geregelt. Anders als bei der Feuerwehr ist, dass die Gemeinden bestehende Rettungsdienst-Organisationen mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragen und sich nur finanziell beteiligen. Daher sind die Rettungsdienste meist für mehrere Gemeinden zuständig. Bundesweit ist der Rettungsdienst über die Notrufnummer 144 erreichbar. Der alpine Notruf ist unter der Nummer 140 erreichbar.
Neben hauptamtlichen Mitarbeitern werden Zivildiener und zahlreiche ehrenamtliche Mitarbeiter im Rettungs- und Krankentransport eingesetzt.
Die wichtigsten Organisationen, die in Österreich den Rettungsdienst durchführen, sind das Österreichische Rote Kreuz und der Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs. Neben diesen beiden großen Organisationen, die österreichweit agieren, gibt es noch lokal verschieden stark vertretene Organisationen, wie den Malteser Hospitaldienst Austria, die Johanniter-Unfall-Hilfe und andere. Auch kleinere Firmen wie das Grüne Kreuz können mit den Gemeinden Verträge haben, um den Rettungsdienst durchzuführen.
Vor allem im ländlichen Raum werden von den Organisationen sowohl der Rettungsdienst als auch Krankentransporte durchgeführt. Vereinzelt wird dort auch das First-Responder-System in Zusammenarbeit mit der Feuerwehr und der Polizei angewandt.
Bei speziellen Teilaufgaben, wie etwa beim Notarztdienst oder der Flugrettung, wird mit anderen Institutionen zusammengearbeitet. Vor allem im ländlichen Bereich werden die Notärzte von lokalen Krankenhäusern gestellt. In der Flugrettung wird mit dem ÖAMTC und privaten Firmen kooperiert (z.B. der Air Rescue Austria Flugrettungs GmbH oder dem Unternehmen SHS Helikopter in Tirol), die die Helikopter mit dem notwendigen Flugpersonal bereitstellen.
Der Österreichische Bergrettungsdienst und die Österreichische Wasserrettung sind eigenständige Organisationen, die fast ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern getragen werden. Die Aufgaben der Wasserrettung werden teilweise aber auch von den lokalen Rettungsorganisationen übernommen.
Im Gegensatz zu Deutschland gibt es in Österreich keine eigenständigen Katastrophenhilfe-Einheiten, sondern die entsprechenden Mittel werden durch die regulären Rettungsdienste vorgehalten. Der hohe Anteil an ehrenamtlichen Mitarbeitern im Rettungs- und Krankentransportdienst ermöglicht die Mobilisierung ausreichender Personalreserven.
Der Rettungsdienst in Österreich wurde 2002 neu organisiert. Mit dem Sanitätergesetz (SanG) wurde erstmals zwischen Rettungssanitäter und Notfallsanitäter unterschieden. Notfallsanitäter durchlaufen eine umfassendere Ausbildung als Rettungssanitäter und können – einzelne sogenannte Notfallkompetenzen erwerben, wie beispielsweise das Legen eines der peripheren Venenzugangs, die Gabe einiger weniger Notfallmedikamente, sowie die endotracheale Intubation. Diese Tätigkeiten werden explizit als Notfallkompetenzen bezeichnet, weil die Regelkompetenz dem Notarzt vorbehalten ist, ein Notfallsanitäter darf nur invasive Maßnahmen ergreifen wenn ein Notarzt nicht oder nicht rechtzeitig verfügbar ist, sowie keine weniger invasiven Maßnahmen die Situation des Patienten verbessern können.
Eine Rettungsmannschaft besteht mindestens aus zwei Rettungssanitätern, wobei immer häufiger mindestens ein Besatzungsmitglied die erweiterte Ausbildung zum Notfallsanitäter abgeschlossen hat. Ein Notarztteam am Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) besteht aus einem Notfallsanitäter und einem Notarzt. Vor allem im ländlichen Bereich gibt es auch Gebiete, in denen der Notarzt alleine mit dem NEF (Notarzteinsatzfahrzeug) anrückt. Hier muss die RTW Mannschaft (also die Mannschaft des Rettungswagens) die Notarztassistenz übernehmen. Des weiteren gibt es in manchen Teilen Österreichs noch das Notarztwagen (NAW) System. Die Besatzung eines NAW besteht in der Regel aus mindestens einem Notfallsanitäter, einem Rettungssanitäter und einem Notarzt.
[Bearbeiten] Rettungsdienst in Wien
In der Bundeshauptstadt Wien ist die Magistratsabteilung 70 (Wiener Berufsrettung) mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt. Die Rettungsorganisationen Rotes Kreuz, Samariterbund, Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser Hospitaldienst stellen allerdings ein nicht unerhebliches Kontingent an zusätzlichen Rettungswagen und Notarztwagen zur Verfügung. Die unter dem Motto "Vier für Wien" mit der Berufsrettung kooperierenden Organisationen ergänzen das Versorgungsnetz speziell in den Randbezirken und führen zusammen mehr als ein Viertel[1] aller über die Notrufnummer 144 eingehenden Transporte durch. Außerdem sind die mehreren hundert Krankentransportwagen der vier Organisationen in das First-Responder-System einbezogen. Der Großteil der Notarzteinsätze wird im Rendezvous-System durch die 13 Notarzteinsatzfahrzeuge Wiener Berufsrettung durchgeführt. Außerdem stehen rund um die Uhr mindestens vier Notarztwagen der Rettungsorganisationen und der Berufsrettung zu Verfügung. Auch der Rettungshubschrauber C9 wird mit einem Notarzt der Wiener Berufsrettung besetzt.
[Bearbeiten] Rettungsdienst in der Schweiz
[Bearbeiten] Allgemeines
In der Schweiz ist das Rettungswesen Gemeindesache. Hinzu kommen kantonale Regelungen und Gesetze. Flächendeckend wird der Rettungsdienst über die Notrufnummer 144 aufgeboten. Die Rettungsdienste in der Schweiz können öffentlich-rechtlicher Natur sein oder aber auf privater Basis betrieben werden. Die Mehrzahl der Rettungsdienste ist einem Spital angeschlossen. Auch in Sachen Rettungswesen herrscht in der Schweiz der Liberalismus. So gibt es zwischen den einzelnen Rettungs-Organisationen große Unterschiede und verschiedene gesetzliche Grundlagen. In der Schweiz gibt es in etwa 160 Rettungsdienste.
[Bearbeiten] Großereignisse & Katastrophen
Auch hier ist dies weitgehend kantonal geregelt. Beispiel Kanton Zürich: Man hat den Kanton topografisch in eine nördliche und eine südliche Hälfte geteilt. Im Süden ist der Rettungsdienst der Stadt Zürich (sh. Schutz und Rettung Zürich zuständig und im Norden der Rettungsdienst Flughafen Zürich. Der zuständige Rettungsdienst übernimmt die rettungsdienstliche Führung des Ereignisses und koordiniert die Einsätze der lokal ansässigen Rettungsdienste. Um diese Aufgabe zu erfüllen besitzen diese beiden verantwortlichen Rettungsdienste umfangreiches Einsatzmaterial (z. B. LKW mit Katastrophenmaterial, Kommandofahrzeuge, Behandlungsstellen etc.) für diese Führungsaufgabe. Jeder Rettungsdienst im Kanton hat zusätzlich Material für größere Ereignisse stationiert (z. B. kleinere Anhänger).
[Bearbeiten] Rettungsdienst in Südtirol
In Südtirol ist das Rettungswesen staatlichen, öffentlich rechtlichen und privaten Körperschaften anvertraut. Flächendeckend wird der Rettungsdienst über die Notrufnummer 118 angeboten. Neben den klassischen Rettungsdiensten in der Bodenrettung, finden sich in Südtirol auch zahlreiche spezialisierte Rettungsdienste (z.B. Bergrettung).
Nennenswert ist auch die ethnische Komponente in Südtirol, die in der jüngeren geschichtlichen Entwicklung des Landes dazu führte, dass sich im selben Territorium sprachlich getrennte Rettungsdienste mit gleicher Aufgabenstellung und Zielsetzung entwickelt haben. Während der 1965 gegründete "Landesrettungsverein Weißes Kreuz" flächendeckend arbeitet, operiert das staatlich getragene "Italienische Rote Kreuz" vorwiegend in jenen Orten mit einem hohen Anteil italienischsprachiger Bürger.
[Bearbeiten] Rettungsdienst in den USA und Kanada
Der Rettungsdienst in den meisten anglo-amerikanischen Ländern, vor allem aber in den USA und Kanada unterscheidet sich grundlegend von dem "franko-germanischen Modell", das beispielsweise in Deutschland, Österreich, Frankreich, aber auch teilweise in der Schweiz praktiziert wird. Im Gegensatz zum Notarzt-System, bei dem sowohl Ärzte, als auch nichtärztliches Personal präklinisch zusammen arbeiten, liegt in den anglo-amerikanischen Ländern die Notfallversorgung rein in den Händen von Sanitätern, den sogenannten Paramedics, die meistens eine umfangreiche Ausbildung absolvieren und viele Tätigkeiten durchführen, die beispielsweise in Deutschland und Österreich nur Ärzten vorbehalten sind (Thoraxdrainagen, Rapid Sequence Induction etc.). Das Prinzip des möglichst schnellen Transports in ein Krankenhaus mit erst dort stattfindender ärztlicher Versorgung wird auch scoop and run genannt. Die Paramedics können sich zum Critical Care Paramedic und zum Certified Flight Paramedic weiterbilden, die auf den Rettungshelikopter und Critical Care transfers eingesetzt werden. In der USA sind auch die Rettungshelikopter ohne Ärzte mit Paramedics und Flight Nurses besetzt.
[Bearbeiten] Geschichtliche Entwicklung
Siehe auch entsprechender Abschnitt im Artikel: Rettungswagen.
Erste frühstrukturelle Ansätze sind schon in der Ära Napoleons zu suchen. Zunächst einmal mussten für die Verletztenversorgung zuständige Personen gefunden werden, die mit in die Schlacht zogen. Obwohl Ärzte als Berufsstand etabliert waren wurden die Heere nicht ärztlich begleitet. Dies war seinerzeit noch nicht üblich. Also musste man sich auf andere bzw. deren Fähigkeiten verlassen. Friseure und Barbiere bildeten den "Rettungsdienst". Sie waren praktisch die einzigen, die sich mit der Anatomie des Menschen beschäftigten. Während der Kämpfe blieben sie in sicherer Entfernung. Als es die ersten Verletzten gab, rannten sie mit Holzkarren auf das Schlachtfeld und transportierten die Verwundeten ab. Über die damaligen konkreten Möglichkeiten der Versorgung besteht geschichtswissenschaftlich keine Einigkeit, die hygienischen Bedingungen müssen jedoch katastrophal gewesen sein.
Im Gegensatz zu manch gängiger Auffassung war die behördlich geförderte und im allgemeinen Bewusstsein der Öffentlichkeit heute selbstverständliche „Rettung von Menschen aus Lebensgefahr“ und in medizinischen Notlagen erst ein Phänomen des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts. Ende des 18. Jahrhunderts entstanden die ersten obrigkeitlichen Rettungsverordnungen in den einzelnen deutschen Ländern, in denen die Lebensrettung zur Pflicht jedes Bürgers erklärt sowie Belohnungen für erfolgreiche Wiederbelebungen von „Scheintoten“ ausgesetzt wurden und die auch zeitgenössische Anleitungen zur Hilfeleistung und Lebensrettung enthielten.
Ende des 19. Jahrhunderts verfügten die meisten deutschen Großstädte über ein organisiertes Krankenbeförderungswesen. Mit der Durchführung waren private Unternehmen, zivile Samaritervereine, Sanitätskolonnen des Roten Kreuzes und/oder die Feuerwehr beauftragt. Die Motorisierung der Krankenbeförderung begann nach dem Ersten Weltkrieg. Im Frühjahr 1943 wurde durch einen nationalsozialistischen „Führer-Erlass“ der Versuch einer Vereinheitlichung des Krankentransportwesens in Deutschland gemacht, das nach dem Willen der NS-Staatsführung ausschließlich dem gleichgeschalteten Deutschen Roten Kreuz zugewiesen werden sollte. Der Ausgang des Zweiten Weltkrieges beendete diesen Versuch.
Nach dem Ende des nationalsozialistischen Regimes und des Deutschen Reiches übertrugen die Besatzungsmächte die Durchführung der Krankenbeförderung und damit auch die Notfallrettung zunächst an die Kommunen (zum Beispiel in der britischen Besatzungszone) oder an das entnazifizierte und neu gegründete DRK. In den fünfziger Jahren wurden dann vor allem außerhalb der Großstädte für die Sicherstellung der Krankenbeförderung und mangels anderer Regelung auch für die Gewährleistung der Unfallrettung wieder vermehrt Konzessionen an Privatunternehmer vergeben.
Die zunehmende Dichte des Straßenverkehrs führte etwa ab Ende der fünfziger Jahre zu einem stetigen Anstieg der Unfallzahlen. Hinzu kamen ab Mitte der sechziger Jahre neue Erkenntnisse bzw. verbesserte Grundsätze in der Behandlung von Notfallpatienten und daraus abgeleitete Weiterentwicklungen in der Fahrzeug- und Gerätetechnik. Mit diesen neuen Anforderungen konnte das bestehende Rettungswesen in Deutschland nicht Schritt halten und es entwickelte sich seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts auch in der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit ein beklagenswerter „Rettungsnotstand“. Diese unzuträgliche Situation führte ab Mitte der sechziger Jahre zum verstärkten Engagement von Verwaltungsfachleuten, Medizinern und Hilfsorganisationen und schließlich zur behördlichen Reorganisation des Rettungswesens ab Anfang der siebziger Jahre. Auch private Initiativen, besonders die Björn-Steiger-Stiftung hat sich in diesen Jahren sehr für den Aufbau entsprechender Infrastruktur, Notrufsäulen und Fahrzeugen gekümmert. Da mittlerweile diese Ziele erreicht sind, engagiert sich diese Stiftung für die Bekämpfung des plötzlichen Herztodes und versucht Laien-Defibrillatoren (AED) flächendeckend zu verbreiten.
[Bearbeiten] Fahrzeuge im Regelrettungsdienst
- Der Krankentransportwagen (KTW) wird für die qualifizierte Krankenbeförderung eingesetzt. Das heißt, wenn kein akuter Notfall vorliegt, beispielsweise dann, wenn jemand krankheitsbedingt oder aufgrund einer Verletzung in ein Krankenhaus eingeliefert werden muss. Außerdem wird der KTW auch verwendet um krankheits- oder altersbeeinträchtigte Personen unter medizinischer Beaufsichtigung zu Behandlungen in Arztpraxen oder Rehaeinrichtungen zu verlegen. Falls der nächste RTW nicht verfügbar ist, kann auch ein KTW als primäres Rettungsmittel eingesetzt werden.
- Der Rettungswagen (RTW) wird zu Notfällen geschickt, bei denen das Leben oder die Gesundheit des Patienten gefährdet sind. Er unterscheidet sich in seiner Mindestausstattung erheblich von einem Krankentransportwagen. In einigen Bundesländern Deutschlands ist für die Besetzung eines Rettungswagens mindestens ein Rettungsassistent vorgeschrieben. Dies ist aber von Land zu Land unterschiedlich – Niedersachsen z.B. fordert lediglich "zwei geeignete Personen". Es ist somit Aufgabe der Kommunen, einen Standard festzulegen, an den sich die Beauftragten Rettungsdienstorganisationen halten müssen. In Österreich ist ein RTW üblicherweise mit mindestens einem Notfallsanitäter besetzt. Der RTW wird bei Bedarf ebenfalls für die qualifizierte Krankenbeförderung eingesetzt.
- Das Mehrzweckfahrzeug (MZF) wird ebenfalls ähnlich dem RTW zu Notfällen geschickt, bei denen das Leben oder die Gesundheit des Patienten gefährdet sind. Er wird in einigen Bundesländern inzwischen als Übergang zwischen KTW und RTW eingesetzt. Die Ausstattung entspricht im Gegensatz zum in Österreich eingesetzten Notfallkrankenwagen im Notfallmedizinischen Bereich voll der des RTW. Allerdings verfügt er über Krankentransportspezifische Zusatzausrüstung wie z.B. einen vollwertigen Tragestuhl (im Gegensatz zum RTW, der - je nach Ausbau und Ausstattung - normalerweise nur über einen kleinen Klapptragestuhl für kürzere Strecken verfügt). Auf dem Tragestuhl des MZF kann der Patient auch während des Transportes sitzen ohne im Fahrzeug umgelagert werden zu müssen. Die Besatzung orientiert sich an der des RTW, da er von der Leitstelle primär als solcher eingesetzt und nur bei Bedarf aufgrund der Ausstattung auch als KTW disponiert wird. So wird z. B. im Saarland auf vielen Rettungswachen als 2. Fahrzeug ein MZF vorgehalten, um so zwei Arbeitsbereiche (Notfallrettung und Krankentransport) mit einem Fahrzeug bedienen zu können. Auf kleineren Wachen gibt es teilweise nur ein MZF, um die Anschaffung eines KTW einzusparen.
Im Rendezvous-System wird der RTW am Notfallort durch den zusteigenden Notarzt zum NAW.
- Der Notfallkrankenwagen (NKTW), oft auch als Mehrzweckfahrzeug (MZF) oder Sanitätseinsatzwagen (SEW) bezeichnet, wird vor allem in Österreich eingesetzt. Ein SEW wird sowohl in der Notfallrettung als auch im Krankentransportwesen eingesetzt, wobei der verantwortliche Transportführer sowohl Rettungssanitäter als auch Notfallsanitäter (Ö) bzw. Rettungsassistent (D) sein kann. Die Ausstattung der Fahrzeuge ist in der Regel nicht so umfangreich wie jene eines RTW; auch das Platzangebot ist vielfach deutlich geringer. Bei Bedarf wird ein NKTW, je nach Art des Notfallrettungssystems des jeweiligen Gebietes, gemeinsam mit einem Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) oder Notarztwagen (NAW) zu einem Einsatzort gesendet. Dort übernimmt entweder das Team vom Notarztwagen die weitere Versorgung sowie den Transport, oder der Notarzt vom Notarzteinsatzfahrzeug steigt in den NKTW zu und fährt mit ins Krankenhaus.
- Das Notarzteinsatzfahrzeug (NEF) ist zumeist ein PKW, der den Notarzt unabhängig von den übrigen Fahrzeugen zum Einsatz befördert. Auch dieses Fahrzeug verfügt über eine umfassende medizinisch-technische Notfallausstattung. Üblicherweise besteht die Besatzung aus dem Notarzt (NA) und einem Fahrer, der zumindest die Qualifikation eines Rettungssanitäters, oft jedoch auch eine Qualifikation des Rettungsassistenten hat, in Österreich muss der Fahrer ausgebildeter Notfallsanitäter sein.
- Der Notarztwagen (NAW) entspricht einem RTW mit einem Notarzt an Bord. Ein NAW ist üblicherweise an einem Krankenhaus stationiert, damit der Arzt schnell zusteigen kann. Es kommt jedoch auch vor, dass der NAW zunächst von der Rettungswache zum Krankenhaus fährt, um den Arzt aufzunehmen. Manchmal ist der Arzt während seiner Dienstzeit an der Rettungswache stationiert, wie das andere NAW-Personal auch.
- Der Intensivtransportwagen (ITW) (auch Intensivmobil genannt) ist meist ein LKW oder Bus, der in eine rollende Intensivstation umgebaut wurde. Hiermit ist es möglich, intensivpflichtige Patienten von Klinik zu Klinik zu verlegen. Die Besatzung besteht aus drei oder mehr Personen, darunter mindestens ein Arzt.
- Der Rettungshubschrauber (RTH), auch Notarzthubschrauber (NAH) genannt, ist ein Luftfahrzeug, das primär einen Notarzt unabhängig von den übrigen Einsatzfahrzeugen zum Einsatz befördert. Außerdem wird er bei bestimmten Krankheitsbildern bzw. Verletzungsmustern als Transportmittel benutzt. Besetzt ist er in der Regel mit einem Piloten, einem Arzt mit „Fachkundenachweis Rettungsdienst“ bzw. einem Arzt mit der "Zusatzbezeichnung Notfallmedizin" (Notarzt) und einem in Avionik und Flugnavigation geschulten Rettungsassistenten (HEMS Crew Member).
- Der Intensivtransporthubschrauber (ITH) ist ein Großraumhubschrauber, der ähnlich wie ein Intensivtransportwagen ausgerüstet ist. Der ITH wird vor allem bei dringenden Verlegungen von Patienten über größere Distanzen eingesetzt. Für Auslandsrückholungen von Patienten werden oft auch speziell ausgestattete Flugzeuge eingesetzt.
- Motorrettungsboote (MRB) dienen der Sicherung von Veranstaltungen, der Suche nach Personen sowie dem Transport von Patienten, Helfern und Material auf dem Wasser.
Im Rettungsdienst werden zwei Systeme unterschieden, wie der Notarzt die Einsatzstelle erreicht:
- Beim Rendezvous-System gelangt der Notarzt unabhängig vom Rettungswagen zum Notfallort.
- Ist der Rettungsdienst im Kompakt-System organisiert, fährt der Notarzt direkt im Notarztwagen zur Einsatzstelle.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Filme
Bringing Out the Dead – Nächte der Erinnerung
[Bearbeiten] Literatur
Ausbildungsliteratur
- Kühn, Dietmar (Hrsg.); Luxem, Jürgen (Hrsg.); Runggaldier, Klaus (Hrsg.): Rettungsdienst heute. Elsevier, München 2007. Inklusive Online-Bonusmaterial. ISBN 978-3-437-46192-7.
- Gorgaß, B., Ahnefeld, F.W., Rossi, R., Lippert, H.-D., Krell, W., Weber, G.: Das Rettungsdienst-Lehrbuch, 8. Auflage incl. Online-Zugang Springer Verlag Heidelberg Berlin. 2007, ISBN 978-3-540-72277-9.
- Christoph Redelsteiner u.a. (Hrsg.): Das Handbuch für Notfall- und Rettungssanitäter. 1. Auflage. Braumüller, Wien 2005, ISBN 3-7003-1467-1
- Kersten Enke (Hrsg.), Bernd Domres (Mitbegr.): Lehrbuch für präklinische Notfallmedizin: LPN. 5 Bände. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stumpf und Kossendey, Edewecht, Wien 2005, ISBN 3-938179-04-X
- Rossi, R., Gorgaß, B., Ahnefeld, F.W.: "Die Rettungsdienst-Prüfung", 6. Auflage, Springer Verlag Heidelberg Berlin, 2007, ISBN 978-3-540-46656-7
Systemliteratur
- Behrendt, H.: Personalbedarf und Dienstplangestaltung Edewecht, 1. Aufl., Verlagsgesellschaft Stumpf und Kossendey 2006, ISBN 3-938179-30-9
- Behrendt, H., Runggaldier, K.: Statistik für den Rettungsdienst. Eine allgemeine Einführung. Edewecht, Verlagsgesellschaft Stumpf und Kossendey 2005, ISBN 3-938179-01-5
- Gerdelmann, Werner / Korbmann, Heinz / Kutter, Stefan Erich, Krankentransport und Rettungsdienst, Loseblattwerk, Stand: 2007, Erich Schmidt Verlag, ISBN 978-3-503-01549-8
- Schmiedel R., Behrendt, H., Betzler, E.: Bedarfsplanung im Rettungsdienst. Standorte · Fahrzeuge · Personal · Kosten. Berlin, Heidelberg, New York, Springer-Verlag 2004, ISBN 3-540-21222-1
- Schmiedel, R, Moecke, HP., Behrendt, H.: Optimierung von Rettungsdiensteinsätzen. Praktische und ökonomische Konsequenzen. Bundesanstalt für Straßenwesen (Hrsg.): Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen. Mensch und Sicherheit, Heft M 140. Bergisch Gladbach, Bremerhaven, Wirtschaftsverlag NW 2002, ISBN 3-89701-878-0
Berichte, Statistiken & Normen
- Behrendt, H.: Zahlenspiegel Rettungsdienst - Ein Übersicht über die wichtigsten Kennzahlen im Rettungsdienst. Mendel Verlag 2008, ISBN 978-3-930670-44-4
- Schmiedel, R., Behrendt, H.: Leistungen des Rettungsdienstes 2000/01. Zusammenstellung von Infrastrukturdaten zum Rettungsdienst 2000 und Analyse des Leistungsniveaus im Rettungsdienst für die Jahre 2000 und 2001. Wirtschaftsverlag N. W. Verlag für neue Wissenschaft 2002, ISBN 3-89701-925-6
- DIN (Hrsg.): Rettungsdienst: Normen – DIN-Taschenbuch 257. 2. Auflage, Beuth, Berlin, Wien, Zürich 2000, ISBN 3-410-14558-3
- DIN (Hrsg.): Rettungsdienst: Normen – DIN-Taschenbuch 257. Beuth, Berlin, Wien, Zürich 2004, ISBN 3-410-15843-X (CD-ROM)
Fahrzeuge
- Udo Paulitz: 100 Jahre Sanitäts- und Krankenfahrzeuge – Vom Anfang des 20. Jahrhunderts bis heute, Kosmos 2003, ISBN 3-440-09293-3
- Alex Buchner: Der Sanitätsdienst des Heeres – Organisation, Ausrüstung, Einsätze, Nebel Verlag 2003, ISBN 3-89555-095-7
Geschichte
- Ralf Bernd Herden: Roter Hahn und Rotes Kreuz - Chronik der Geschichte des Feuerlösch- und Rettungswesens, BoD Norderstedt 2005, ISBN 3-8334-2620-9
[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Einsatzstatistik der Berufsretter-Wien. (Stand: 21. Juli 2008).
[Bearbeiten] Weblinks
- Richtlinien, Leitlinien, Empfehlungen und Stellungnahmen der Bundesärztekammer
- Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V.
- Vereinigung Rettungssanitäter Schweiz
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