Neolithisierung
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Als Neolithisierung (v. griech. νεο „neu, jung“ und λιθος „Stein“) wird die Verbreitung der neuen Methoden des Ackerbaus und der Viehzucht nach Beginn des Neolithikums (Jungsteinzeit) bezeichnet. Die Einführung dieser neuen Lebensweise wird teilweise auch als „Neolithische Revolution“ bezeichnet.
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[Bearbeiten] Neolithisierung vom Vorderen Orient aus
Die Wurzeln der Neolithisierung sind im Fruchtbaren Halbmond zu suchen. Der Ackerbau verbreitete sich von dort aus in alle Richtungen:
- Der Weg der frühen Bauern führte aus der Levante nach Zypern und gleichzeitig von Anatolien nach Griechenland und Bulgarien und von dort nordwärts, über den Balkan die Donau aufwärts bis nach Nordfrankreich und Nordeuropa.
- Die zweite Route führte über Griechenland nach Südostitalien und in einem zweiten Schritt entlang der Küsten Spaniens, Portugals und Südfrankreichs bis nach Westfrankreich.
- Die dritte Route führte nach Armenien und Georgien und vielleicht auch in die östliche Ukraine
- Die vierte Route führte über den Sinai nach Ägypten und Nordafrika.
- Weitere Routen führten nach Südarabien, in den Iran, nach Afghanistan und von dort weiter nach Osten.
[Bearbeiten] Merkmale der Neolithisierung Europas
Kennzeichen des Neolithikums sind sesshafte Lebensweise, der Anbau von Kulturpflanzen, Haustierhaltung, der Gebrauch von Keramik und geschliffenen Steingeräten. Letzteres ist durch die Grabung von Castleconnell im County Limerick in Irland in Zweifel gezogen worden. Falls sich die Beobachtungen von 2001 bestätigen, haben bereits mesolithische Menschen geschliffene Steinbeile gekannt.[1]
Ob die sich ausbreitenden Kulturen durch die Akkulturation einheimischer Jäger und Sammler oder durch Zuwanderung von Kolonisten entstehen, ist nur in seltenen Fällen auszumachen. So gelten die Träger der Cardial- oder Impressokultur, die im 7. Jahrtausend v. Chr. in mehreren Küstenregionen des westlichen Mittelmeers bekannt ist, als zugewandert. Das Epi-Cardial, das sich in den umliegenden Gebieten entwickelt, gilt dagegen als Nachahmung durch ansässige Wildbeuter, ebenso die La-Hoguette-Keramik. Ob die bandkeramische Besiedlung Mitteleuropas durch Zuwanderer oder durch Akkulturation entstand, ist auch anhand genetischer Untersuchungen noch nicht zu bestimmen. Sicher ist nur, dass alle europäischen Rinder aus Anatolien stammen und keine gezähmten europäischen Auerochsen sind.
Im wesentlichen wird Europa auf zwei Routen neolithisiert. Die Donau aufwärts und über das Mittelmeer. Für Mitteleuropa galt lange die Kolonisation durch einwandernde „Bandkeramiker“ als gesichert. Sie ist von der Ukraine bis ins Pariser Becken verbreitet und besiedelt vor allem fruchtbare Lössböden. In einem ersten Schritt breitet sie sich ca. 5600 bis 5400 v. Chr. von Westungarn bis ins Rhein-Main-Gebiet aus, in einem zweiten bis ins Pariser Becken aber auch weit nach Osten.
Schon etwas früher, nämlich um 5900/5800 v. Chr. werden die Küsten des westlichen Mittelmeers von Bauern besiedelt. Von hier aus erreichen bestimmte Kulturpflanzen und Kulturmerkmale auch die Gebiete nördlich der Alpen. In welchem Zusammenhang frühe Ackerbauspuren im Alpenvorland stehen, die bereits um 6900 v. Chr. nachweisbar sind, ist selbst für Archäologen rätselhaft, da die sicher fassbaren neolithischen Kulturen damals noch auf den Orient und das östliche Mittelmeer beschränkt waren.
In der nordeuropäischen Tiefebene, auf den Britischen Inseln und in Skandinavien setzt sich die Neolithisierung erst nach 4500 v. Chr. allmählich durch.
Von der „Neolithischen Revolution“ spricht man nur im Kontext mit dem ersten Auftreten der Domestikation von Tieren und Pflanzen in der Levante, wo das so genannte „neolithische Bündel“, also die Kernmerkmale der Neolithisierung erstmals auftaucht
[Bearbeiten] Ursachen der Neolithisierung
Der Verlauf der Neolithisierung, die regionale Veränderung der Wirtschaftsweise, ist nicht abschließend geklärt, weil der Prozess nicht nur unterschiedlich verlief, sondern sich auch in Regionen mit ganz unterschiedlichen Ressourcen und klimatischen Verhältnissen abspielte. Drastische Umweltveränderungen waren der Auslöser der Domestikationen, aber offenbar hat primär die demographische Explosion die Verbreitung der Lebensweise nach sich gezogen.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ T. Collins, F. Coyne: Fire and Water – Early mesolithic cremations at Castleconnell, Co. Limerick. In: Archaeology Ireland, Summer 2003, S. 24ff.
[Bearbeiten] Literatur
- Brigitte Volkhausen: Ethnographische Parallelen und Vergleiche zum Prozess der Neolithisierung. P. Lang, Frankfurt/M 1994, ISBN 9783631471128.
- Marion Benz: Die Neolithisierung im Vorderen Orient. Ex oriente, Berlin 2000, ISBN 9783980424165.
- Silviane Scharl: Die Neolithisierung Europas. Ausgewählte Modelle und Hypothesen. Verlag Marie Leidorf, Rahden/Westf. 2004, ISBN 9783896460721.