Mindestreserve
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Die Mindestreserve MR ist eine minimale Einlage von Geschäftsbanken bei der Zentralbank, zu welcher sie von dieser verpflichtet werden. Die Mindestreserve ist ein geldpolitisches Instrument der Zentralbanken zur Steuerung der Nachfrage der Geschäftsbanken nach Zentralbankgeld. Sie wird von der Zentralbank festgelegt in Prozent der Einlagen der Kunden der jeweiligen Geschäftsbank.
Die Mindestreserve ist ein mengenwirksames (liquiditätspolitisches) Instrument der Geldpolitik. Sie ermöglicht es der Zentralbank, die Geschäftsbanken bei ihrer Krediterteilung von ihren eigenen Krediten bei der Zentralbank abhängig zu machen, indem sie die Mindestreservepflicht erhöht oder senkt. Die Geschäftsbanken sind im Gegenzug auf Zentralbankgeld angewiesen, zum Beispiel durch das Hauptrefinanzierungsinstrument der Europäischen Zentralbank.
Unterhält eine Geschäftsbank bei der Zentralbank einen Betrag, der die Mindestreserve übersteigt, so ist der überzählige Betrag eine Überschussreserve.
[Bearbeiten] Geschichte
In den 1930er Jahren forderte Walter Eucken, später auch Milton Friedman, eine 100-prozentige Mindestreserve. Diese Idee setzte sich jedoch nicht durch. Mit ihr wäre den Geschäftsbanken jegliche Geldschöpfung unmöglich gemacht und die Geldschöpfung allein in die Hand der Zentralbanken gelegt worden. Damit hätten diese die volle Kontrolle über die Geldmenge erhalten und dadurch wirkungsvoller gegen Inflation und Deflation vorgehen können. – Eine 100-prozentige Mindestreserve hätte der Zentralisierung des Rechts zur Banknotenausgabe (Banknotenmonopol) von den regionalen Notenbanken in eine einzige zentrale Notenbank, der Zentralbank des jeweiligen Landes, entsprochen, wie es um die Wende zum 20. Jahrhundert verbreitet stattgefunden hat, um die Vielfalt verschiedener Währungen in ein und demselben Land zu beseitigen.
Die Mindestreserve hat als Instrument zur geldpolitischen Steuerung an Bedeutung verloren. Einige Staaten sind sogar dazu übergegangen, die Mindestreserve abzuschaffen. Von anderen Zentralbanken wird die Mindestreserve noch genutzt, jedoch mehrheitlich nicht zu geldpolitischen Zwecken.
[Bearbeiten] Mindestreservesatz
Der Mindestreservesatz rSE wird von der Zentralbank bestimmt und bezeichnet das proportionale Verhältnis zwischen der Mindestreserve und dem Volumen an Sichteinlagen, das Geschäftsbanken dem Nichtbankensektor ausgestellt haben.
Der Mindestreservesatz der EZB beträgt zur Zeit in den meisten Fällen 2,00 %, bestimmte sind mindestreservefrei, d. h. der Satz beträgt 0 %. Für die Steuerung der Geldschöpfung spielt dieser Satz aber eine untergeordnete Rolle, bisher wurde er noch nie geändert. Die Einlagen der Geschäftsbanken bei der EZB werden zum durchschnittlichen „marginalen Zuteilungssatz“(zweitrangiger Zuteilungssatz) der Hauptrefinanzierungsgeschäfte während der Mindestreserve-Erfüllungsperiode verzinst. Ein Beispiel was dies praktisch bedeutet: Person X tätigt eine Einlage in Bar von 10.000 €. Diese Einlage kann die Geschäftsbank Y als die geforderte 2% Mindestreserve bei der Zentralbank hinterlegen. In Folge ist es der Geschäftsbank möglich 500.000 € Kredite zu gewähren und dafür den jeweils fälligen Zins zu fordern. Oder auch: die Bank bezahlt 3,75 % für 10.000 € der Einlage an X. Verleihen kann sie: 500.000 € zu, sind wir vorsichtig, 5,5 %. Sie bezahlt also 10.000 x 0,0375 = 375 € Zins an X. Dafür bekommt Sie, im idealen Falle, bei voller Inanspruchnahme bzw. Nachfrage der Kreditmenge 500.000 x 0,055 = 27.500 €.
[Bearbeiten] Überschussreserve
Unter einer Überschussreserve versteht man den Betrag, um den die Zentralbankeinlagen einer Geschäftsbank ihre sich aus der Mindestreserveverpflichtung ergebene Mindestreserve übersteigt. Die Überschussreserve ist meist nur sehr gering.
Die Überschussreserve entspricht dem Sichtguthaben der Geschäftsbanken bei der Zentralbank minus der Mindestreserve minus dem Bargeldbestand der Geschäftsbanken, welcher für Barabhebungen der Nichtbanken bereitgestellt ist.[1]
[Bearbeiten] Mindestreserveverpflichtung
Die Mindestreserveverpflichtung ist ein Instrument der Zentralbank in der Geldpolitik, mit dessen Hilfe sie die Geldschöpfung beeinflussen will, indem sie den Bedarf nach Zentralbankgeld steuert.
Sie zwingt Geschäftsbanken dazu, mindestens proportional zu dem von ihnen hereingenommenen Volumen an Sichteinlagen SE an den Nichtbankensektor, in der Regel zinslos Einlagen EL bei der Zentralbank zu unterhalten.
Die Mindestmenge dieser Einlage werden als Mindestreserve MR bezeichnet. Es gilt also , wobei rSE den Mindestreservesatz bezeichnet.
Bis 1999 legte die Deutsche Bundesbank bis zu 27 verschiedene nach Einlagenform (z. B. Spar-, Kontokorrent-, Termineinlagen) und Größe der Bank differenzierte Mindestreservesätze fest. Da Banken aus Ländern, in denen eine Mindestreserveverpflichtung besteht, Nachteile im Wettbewerb mit Kreditinstituten aus Ländern erleiden, die dieses Instrument nicht nutzen, setzte die Bundesbank zuletzt die Mindestreserveverpflichtung nicht mehr als Politikinstrument ein.
[Bearbeiten] Das Mindestreservesystem der Europäischen Zentralbank
Die Geschäftspartner ( = die Kreditinstitute) des Europäischen System der Zentralbanken (ESZB) sind gezwungen, bestimmte Prozentsätze (z. Zt. 2 %) ihrer Verbindlichkeiten als verzinsliche Guthaben auf den Girokonten der Nationalen Zentralbanken zu unterhalten. Diese Mindestreserven werden mit dem Zinssatz für Hauptrefinanzierungsinstrumente verzinst. Er liegt sehr nahe bei den kurzfristigen Geldmarktzinssätzen.
Ziele der Liquiditätsknappheit im Bankensystem.
[Bearbeiten] Mindestreservebasis und Mindestreservesätze
A. In die Mindestreserve einbezogene Verbindlichkeiten mit positivem Reservesatz Einlagen:
- täglich fällige Einlagen
- Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu 2 Jahren
- Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von bis zu 2 Jahren
ausgegebene Schuldverschreibungen:
- Schuldverschreibungen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu 2 Jahren
B. In die Mindestreserve einbezogene Verbindlichkeiten mit einem Reservesatz von 0% Einlagen:
- Einlagen mit einer vereinbarten Laufzeit von über 2 Jahren
- Einlagen mit einer vereinbarten Kündigungsfrist von über 2 Jahren
- Repogeschäfte
ausgegebene Schuldverschreibungen:
- Schuldverschreibungen mit vereinbater Laufzeit von über 2 Jahren
C. NICHT in die Mindestreserve einbezogene Verbindlichkeiten
- Verb. gegenüber Kreditinstituten die selber Mindestreserve unterhalten
- Verb. gegenüber EZB und NZB's
- Verb. aufgrund geldpolitischer Maßnahmen des ESZB
[Bearbeiten] Mindestreservepflichtige Kreditinstitute
Mindestreservepflichtig sind alle im Euro-Währungsraum niedergelassenen Kreditinstitute, die das Kreditgeschäft und das Einlagengeschäft mit jedermann durchführen.
Die Mindestreservepflicht macht das Kreditinstitut zum Geschäftspartner, der berechtigt ist, an geldpolitischen Geschäften des Eurosystems teilzunehmen.
Ausgenommen von der Mindestreservepflicht können u. a. sein: Kreditinstitute, die Sanierungsmaßnahmen unterworfen sind und bestimmte Spezialinstitute.
[Bearbeiten] Das Mindestreserve-SOLL
- EZB ermittelte die reservepflichtigen Verbindlichkeiten aufgrund der Meldungen der Monatsbestände des Vormonats
- Anwendung des Mindestreservesatzes (z. Zt. 2 %)
- Es kann noch ein Abzug von pauschal 100.000,00 EUR Freibetrag erfolgen
- Reserve-Soll ist jeweils maßgeblich für die im übernächsten Monat beginnende Mindestreserve-Erfüllungsperiode
[Bearbeiten] Das Mindestreserve-IST
- Durchschnitt aller Tagesbestände auf dem Konto bei der Nationalen Zentralbank
- alle Tagesbestände werden addiert und durch die Anzahl der Tage geteilt
- errechnete Betrag entspricht dem Reserve-IST
- Erfüllungszeitraum ist immer der 1. Donnerstag des Monats (am darauffolgenden Freitag beginnt dann die neue Mindestreserveperiode)
[Bearbeiten] Sanktionen bei NICHT-Einhaltungder Mindestreserve
- Sonderzins von bis zu 5 % über dem Spitzenrefinanzierungssatz
- bzw. bis zu dessen doppelter Höhe für den Zeitraum der Nichterfüllung
- Ausschluss von den Offenmarktgeschäften und den Fazilitäten
- Hereinnahme einer unverzinslichen Einlage bis zur 3-fachen Höhe des Fehlbetrages
[Bearbeiten] Wirkung der Mindestreserven
Die Mindestreserve wirkt unmittelbar auf die Liquiditätslage der Banken. Eine Erhöhung der Reservesätze entzieht den Kreditinstituten Liquidität, eine Senkung führt Liquidität zu.
Die Mindestreserven dienen der Beeinflussung des Geldumlaufs und der Kreditgewährung.
Wegen der Verzinsung der Mindestreserve wirkt sie sich nicht negativ auf die Ertragslage der Kreditinstitute aus.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Horst Wagenblaß, Volkswirtschaftslehre, öffentliche Finanzen und Wirtschaftspolitik, 7. Auflage, Heidelberg 2001, S. 159