Londoner Übereinkommen
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Das Londoner Übereinkommen (ausführliche Bezeichnung: Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ, auch als Londoner Protokoll oder Londoner Abkommen bezeichnet) ist ein Zusatzabkommen zum Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) und regelt die Einreichung von Übersetzungen von Europäischen Patenten in den einzelnen Mitgliedstaaten.
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[Bearbeiten] Geschichte
Art. 65 EPÜ erlaubt es den Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens, bei einer Validierung des Patents in ihrem Land eine Übersetzung der gesamten Patentschrift, also der Beschreibung, der Ansprüche und eventueller Zeichnungsbeschriftungen zu verlangen. Da die dadurch entstehenden Kosten für den Anmelder sehr hoch sind, wurde in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts nach kostengünstigeren Lösungen gesucht. Diese Bemühungen führten zum Abschluss eines Übereinkommens über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ auf einer Regierungskonferenz in London am 17. Oktober 2000[1] und wird daher kurz als Londoner Übereinkommen bezeichnet.
In Kraft treten sollte das Übereinkommen am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegung der letzten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde von acht Vertragsstaaten des EPÜ einschließlich der drei Staaten, in denen 1999 die meisten europäischen Patente wirksam wurden, d.h. Deutschland, Großbritannien, Frankreich.
Deutschland hinterlegte die Ratifikationsurkunde am 19. Februar 2004, Großbritannien am 15. August 2005. Nachdem die Niederlande als achtes Land ihre Ratifikationsurkunde am 5. Oktober 2006 hinterlegt hatten hatten, stand nur noch die Ratifizierung durch Frankreich aus. Frankreich hinterlegte die Ratifikationsurkunde am 29. Januar 2008.
Somit trat das Londoner Übereinkommen am 1. Mai 2008 in Kraft und betrifft alle europäischen Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung nach dem 1. Mai 2008 veröffentlicht wird. Maßgebend ist also nicht das Datum des Erteilungsbeschlusses, sondern das Datum der Veröffentlichung der Patenterteilung.
[Bearbeiten] Vertragsstaaten des Londoner Übereinkommens
Bis zum 1. Mai 2008 haben lediglich 14 Vertragsstaaten das EPÜ das Londoner Übereinkommen ratifiziert oder sind ihm beigetreten, als letztes Schweden am 29. April 2008. Die übrigen Mitgliedsstaaten des EPÜ können weiterhin Übersetzungen von europäischen Patentschriften in ihre Amtssprache verlangen.
[Bearbeiten] Staaten mit Deutsch, Englisch oder Französisch als Amtssprache
Die Vertragsstaaten des Londoner Übereinkommens, die eine der Amtssprachen des Europäischen Patentamts (Deutsch, Englisch oder Französisch) als Amtssprache haben, verzichten auf die Einreichung einer Übersetzung von europäischen Patenten. Künftig ist es daher in diesen Ländern nicht mehr erforderlich, eine vollständige Übersetzung einer europäischen Patentschrift in die jeweilige Landessprache einzureichen. Die Ansprüche eines Europäischen Patents sind weiter in alle drei Amtssprachen zu übersetzen.
Amtssprache | Länder |
---|---|
Deutsch | Deutschland - Liechtenstein - Schweiz |
Englisch | Großbritannien |
Französisch | Frankreich - Luxemburg - Monaco |
[Bearbeiten] Staaten mit anderen Amtssprachen als Deutsch, Englisch oder Französisch
Die Vertragsstaaten des Londoner Übereinkommens mit einer anderen Amtssprache als Deutsch, Englisch oder Französisch können dagegen nur noch eingeschränkt Übersetzungen von europäischen Patenten verlangen. Zum einen können diese Länder eine Übersetzung der Patentansprüche - nicht dagegen der vollständigen Patentschrift - in ihre Amtssprache verlangen. Zum anderen können diese Länder von der vollständigen Patentschrift wahlweise eine deutsche, französische oder englische Übersetzung verlangen, wobei die meisten Staaten voraussichtlich eine englische Übersetzung verlangen werden. Lettland und Slowenien akzeptieren Patentschriften in jeder der drei Amtssprachen des Europäischen Patentamts.
Land | Sprache für Ansprüche | Sprache für die Patentschrift |
---|---|---|
Dänemark | Dänisch | Englisch |
Island | Isländisch | Englisch |
Kroatien | Kroatisch | Englisch |
Lettland | Lettisch | Deutsch, Englisch oder Französisch |
Niederlande | Niederländisch | Englisch |
Schweden | Schwedisch | Englisch |
Slowenien | Slowenisch | Deutsch, Englisch oder Französisch |
[Bearbeiten] Beispiele
- Jedes erteilte europäische Patent kann ohne Übersetzungen in den Ländern Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Liechtenstein, Luxemburg, Monaco, und Schweiz validiert werden.
- Für ein in deutscher Sprache erteiltes Patent sind auch in folgenden Ländern keine Übersetzungen erforderlich:
- Lettland, Slowenien, da diese Staaten keine bestimmte Sprache vorgeschrieben haben
- Österreich, obwohl es nicht dem Londoner Übereinkommen angehört, da dort Deutsch Amtssprache ist.
- Für ein in englischer Sprache erteiltes Patent sind auch in folgenden Ländern keine Übersetzungen erforderlich:
- Dänemark, Island, Kroatien, Niederlande, Schweden, da diese Staaten Englisch vorgeschrieben haben
- Lettland, Slowenien, da diese Staaten keine bestimmte Sprache vorgeschrieben haben
- Irland, obwohl es nicht dem Londoner Übereinkommen angehört, da dort Englisch Amtssprache ist.
[Bearbeiten] Kuriosum
Wegen eines Fehlers in dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen vom 10. Dezember 2003[2] entfällt die Erfordernis der Übersetzung der Beschreibung für Deutschland nur für Europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung an oder nach dem 1. September 2008 veröffentlicht wird. In diesem Gesetzt ist nämlich als Zeitpunkt des Inkrafttretens der erste Tag des vierten Monats nach Inkrafttreten des Londoner Übereinkommens festgelegt und nicht, wie es in dem Übereinkommen vorgesehen ist, der erste Tag des vierten Monats nach der Ratifizierung durch die in dem Übereinkommen vorgesehenen Staaten.
Das Bundesministerium der Justiz arbeitet derzeit an einer Gesetzesvorlage, durch die die Erfordernis der Übersetzung rückwirkend ab 1. Mai entfallen soll.[3][4]
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Amtsblatt des Europäischen Patentamts 2001, S. 549
- ↑ Bundesgesetzblatt Jahrgang 2003 Teil I Nr. 59 S.2470 (pdf-Version)
- ↑ Hinweis zur Umsetzung des Londoner Übereinkommens auf der Webseite des Deutschen Patent- und Markenamts
- ↑ Londoner Übereinkommen auf der Webseite des Bundesverbandes Deutscher Patentanwälte e.V.
[Bearbeiten] Weblinks
- Vertragstext (als pdf-Datei)
- Seite des Europäischen Patentamts zum Londoner Übereinkommen (mit Länderliste und wesentlichen Punkten)
- Hinweisblatt zum Londoner Übereinkommen ACHTUNG! Spezialfall Deutschland (s. Kuriosum nicht berücksichtigt!)