Grafschaft Diez
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Die Grafschaft Diez war ein mittelalterliches Territorium im mittleren Lahngebiet.
Vermutlich entstand die Grafschaft als Nachfolgerin der Grafschaft der Konradiner im Niederlahngau, nachdem diese Familie in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts ihren Herrschaftsschwerpunkt von Franken nach Schwaben verlegt hatte. Wahrscheinlich stammt die Grafenfamilie von Diez aus der Region an der Nahe und übernahm die Grafschaft an der Lahn im Auftrag der Salier als Amtsgrafschaft, die bald erblich wurde. Zentrum der Grafschaft war das Grafenschloss Diez. Ihr Territorium dehnte sich entlang des Lahntals bis unterhalb Weilburg, nach Norden in den Westerwald und nach Osten in den Goldenen Grund aus.
Erstmals urkundlich erwähnt wurden die Grafen von Diez im Jahr 1073, als ein Graf Embricho und sein Brüder von Diez (Didesse), Güter bei Badenheim an das St. Victorstift in Mainz-Weisenau verkauften. Ein Graf Embricho ist seit 1048 im Lahngau nachgewiesen. Sein Brüder war vermutlich der ab 1053 im Niederlahngau nachgewiesene Graf Godebold. Ein enger Verwandter Embricho war vermutlich der Augsburger Bischof Imbricho (1063–1077)
Unter den Staufern, vor allem unter Friedrich Barbarossa, erreichten die Grafen von Diez den Scheitelpunkt ihrer Macht. Vermutlich aus seiner Ehe mit einer unbekannten Erbtochter der Grafen von Nüring erbte Heinrich II. von Diez (1145-1189) erheblichen Besitz in der Wetterau. Er begleitete Barbarossa auf dessen Italienzügen und war dort an diplomatischen Verhandlungen beteiligt, ebenso sein Sohn Heinrich III. 1207 treten Heinrich III. und sein Bruder Gerhard II. die Vogtei über Mainz-Kastell an das Erzbistum Mainz ab, und erhalten im Gegenzug von König Philipp von Schwaben alles Reichsgut bei Usingen. Gerhard II. gehörte dem Regentschaftsrat und dem Erzieherkreis Heinrichs VII. an.
Die Brüder Heinrich III. und Gerhard II.veranlassten vor 1255 die Gründung des Stiftes in Salz aus Hausstift der Grafen von Diez. Das Stift Salz wurde bereits 1289 von Graf Gerhard VII. dem Kollegiatstift Diez inkorporiert.
Die Grafschaft wurde bereits von ihren Zeitgenossen als Goldene Grafschaft bezeichnet. In der Grafschaft bestanden die Hochgerichte: Stuhllinden bei Winden-Höhn, St. Maximinus bei Ellar und Reckenforst bei Dietkirchen. Sie gliederte sich in folgenden Zentgerichten: Altendiez, Flacht, Hanstätten, Lindenholzhausen, Dauborn, Niederhadamar (Dehrner Zent), Hundsangen, Nentershausen, Meud, Salz, Rotzenhahn, Hoen-Rennerod, Vilmar, Schuppach, Panrod, Kirberg und Camberg, Lahr, Elsoff, Blessenberg (Frickhofen) und Niederzeuzheim.
Der Niedergang der Grafen von Diez begann gegen Ende des 13. Jahrhunderts mit der endgültigen Abspaltung der Weilnauer Linie, die zunächst in Altweilnau und ab 1302 in Neu-Weilnau ihren Sitz hatte. Mit dem Ende der Staufer verlor die Familie zudem ihren reichspolitischen Einfluss. Dazu kamen wirtschaftliche Probleme und der daraus resultierende sukzessive Verkauf des Territoriums.
Im Jahre 1302 trennten sich die beiden Linien endgültig und bildeten zwei getrennte Grafschaften. 1326 verlegte die Weilnauer Linie ihren Sitz nach Birstein im Vogelsberg. Ihr Territorium an der Lahn wurde weitgehend vom Haus Nassau übernommen.
Auch die durch die Teilung von 1302 geschwächte Diezer Linie verlor in den folgenden Jahren Besitzungen und Rechte, vor allem durch Verpfändungen an die übermächtigen Nachbarn Nassau und Kurtrier sowie Katzenelnbogen und Eppstein. Graf Gottfried von Diez (1303–1348) galt als regierungsunfähig, so dass Emicho von Nassau-Hadamar von 1317 bis 1332 die Vormundschaft übernahm. Ab 1332 regierte Gerhard VI. für seinen Vater die Grafschaft, er starb am 17. Oktober 1343 in einem Händel mit der Stadt Limburg.
1386 starb der letzte Graf von Diez, Gerhard VII. Sein verbleibendes Herrschaftsgebiet fiel über seine Tochter Jutta an seinen Schwiegersohn, Graf Adolf von Nassau-Dillenburg. Zu diesem Zeitpunkt war ein erheblicher Teil der Grafschaft an zahlreiche Pfandgläubiger übertragen. Adolf von Nassau-Dillenburg starb 1420 jedoch ebenfalls ohne direkt männliche Nachkommen. Das Haus Nassau konnte nur den Besitz der halben Grafschaft wahren.
Die andere Hälfte fiel über seine Tochter Jutta an Gottfried VII. von Eppstein-Münzenberg. Das Haus Eppstein verkaufte die Hälfte seines Anteil 1453 an die Grafschaft Katzenelnbogen. Das Katzenelnbogener Viertel fiel mit Aussterben der Grafen von Katzenelnbogen an die Landgrafen von Hessen, die es mit dem Frankfurter Vertrag vom 30. Juni 1557 an Nassau-Dillenburg abtrat. Das verbleibende Eppsteiner Viertel gelangte 1535 an Kurtrier. Mit dem Diezer Vertrag von 1564 teilten Nassau-Dillenburg und Kurtrier die Grafschaft.
[Bearbeiten] Dynasten
Wahrscheinlich zu den Grafen von Diez gehörten:
- Embricho (vor 1044 – nach 1073) und Godebold (vor 1053 – nach 1073)
Grafen der Diezer Linie sind:
- Die Brüder: Heinrich I. und Gerhard I. (vor 1101 – nach 1007)
- Embricho II. (vor 1145)
- Heinrich II. (1145–1189)
- Die Brüder: Gerhard II. (1189–1223) und Heinrich III. (1189–1234), Heinrich gründet sich ab 1208 die Weilnauer Linie
- Gerhard III. (1234–1276)
- Gerhard IV. (1281–1306)
- Die Brüder: Gerhard V. (1301– vor 1308) und Gottfried (1303–1348)
- Gerhard VI. (1317–17. Oktober 1343)
- Gerhard VII. (1347–1388)
- Jutta (1368–1397) vermählt mit Adolf von Nassau-Dillenburg
Grafen der Weilnauer Linie sind:
- Heinrich III. (1189–1234)
- Die Brüder: Gerhard I. (1274–1282) und Heinrich I. (1249–1275)
- Die Brüder: Heinrich II. (1282–1344) und Reinhard (1282–1333) Söhne Gerhard I. gemeinsam mit ihrem Neffen Heinrich III. (1275–1307) einem Sohn von Heinrich I.
- Gerhard II. (1360–1389) Nachkomme von Reinhard
- Heinrich IV. (1389–1413)
- Die Brüder Adolf (1420–1451), Heinrich V. (1426–vor 1438) und Reinhard 1424–1472)
[Bearbeiten] Literatur
- Hermann Heck, Die goldene Grafschaft. Bilder aus der Geschichte der Grafschaft und der Stadt Diez, Diez/Lahn 1956
- Karl E. Demandt: Geschichte des Landes Hessen, 1. Auflage, Kassel, 1959
- Michael Hollmann/Michael Wettengel: Nassaus Beitrag für das heutige Hessen, Wiesbaden, 1992
- Christian Daniel Vogel: Beschreibung des Herzogtums Nassau, Wiesbaden, 1844
- Helmuth Gensicke: Landesgeschichte des Westerwald, Wiesbaden, 1958