Dionysiaka
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Die Dionysiaka („Geschichten von Dionysos“) sind ein in der Spätantike verfasstes Epos, das das Leben und den Triumph des Dionysos und vor allem seinen militärischen Siege in Indien und seine Triumphzüge durch Städte des Nahen Osten beschreibt. Der Autor ist Nonnos von Panopolis, der im fünften Jahrhundert n. Chr., wohl in Ägypten, lebte.
Der Schauplatz des Werkes ist praktisch die ganze damals bekannte Welt. Als Epos sind die Dionysiaka reich an Epitheta und Metaphern. Nonnos wendet für den Hexameterbau strengere Regeln als seine Vorgänger an.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Überlieferung
Der Text des Werkes ist nur in einem Exemplar überliefert, dem Codex Laurentianus 32.16. Das Manuskript entstand um 1280 und wurde 1423 von Francesco Filelfo erworben. Der Name des Autors wird im Manuskript nicht genannt und blieb zunächst unbekannt. Erst Angelo Poliziano (1489) und Gerhard Falkenburg (1569) ordneten dem Text Nonnos von Panopolis aufgrund von Agathias Historien 4.23 als Autor zu. Diese Zuordnung wurde 1907 aufgrund des Berlin Papyrus 10567 bestätigt.[1]
Die Erstausgabe im Druck erschien 1569 in Antwerpen, herausgegeben von Gerhard Falkenburg auf der Grundlage eines Manuskripts aus dem Besitz des Arsenios, im 16. Jahrhundert Erzbischof von Monemvasia, das ihm der ungarische Humanist Johannes Sambucus zur Verfügung gestellt hatte.
Ein weiteres Manuskript wurde von Cyriacus von Ancona 1444 bei einem Besuch der Klosterbibliotheken auf dem Berg Athos katalogisiert. Es scheint sich um eine von dem im Laurentianus-Codex überlieferten Text unabhängige Fassung gehandelt zu haben. Leider ist das Manuskript offenbar verloren.[2]
[Bearbeiten] Inhalt
Der Werk ist in 48 Bücher und 25 000 Hexametern gegliedert. Es handelt sich um das längste erhaltene Epos der Antike. Am Beginn wird die Entführung der Europa, die Schlacht zwischen Zeus und Typhon und die mythischen Geschichte von Theben beschrieben. Erst im achten Buch wird die Geburt des Dionysos zum Thema. Es folgt die Jugend des Gottes und in den Büchern 13 bis 24 der eigentliche Zug nach Indien und dann die Beschreibung der dortigen Kämpfe (24-40). Die letzten Bücher nehmen den Rückzug nach Europa ein.
Die folgende Liste fasst kurz den Inhalt der einzelnen Bücher zusammen:
Buch | Inhalt |
---|---|
I | Zeus entführt Europa. Ihr Bruder Kadmos sucht nach ihr und hilft Zeus im Kampf gegen Typhon. |
II | Typhon wird von dem als Hirte verkleideten Kadmos durch Schalmeienspiel eingeschläfert. Es gelingt Zeus, die von Typhon zuvor geraubten Blitze wieder an sich zu bringen. Typhon wird besiegt und unter den Ätna gebannt. Die geflohenen Götter kehren wieder auf den Olymp zurück. |
III | Auf der Suche nach Europa kommt Kadmos nach Samothrake, wo Harmonia, die Tochter von Ares und Aphrodite, von der Plejade Elektra erzogen wird. Kadmos erbitte Harmonia zur Frau. |
IV | Kadmos segelt mit Harmonia nach Griechenland und bringt den Griechen die Kenntnis der Buchstabenschrift und der Astrologie. Nach einem Besuch des Orakels von Delphi erlegt er am Ort des zukünftigen Theben einen Drachen, aus dessen Zähnen die Sparten sprießen. |
V | Mit fünf überlebenden Sparten gründet Kadmos Theben. Er feiert Hochzeit mit Harmonia in Anwesenheit aller Götter. Seine Tochter Autonoe verheiratet er mit Aristaios. Deren Sohn Aktaion wird von Artemis in einen Hirsch verwandlet und von seinen eigenen Hunden zerrissen. Die zweite Tochter Ino verheiratet er mit Athamas. Beginn des Berichts von der Zeugung des Bakchos-Zagreus, der Persephone, der Tochter der Demeter, in Gestalt eines Drachen beiwohnt. |
VI | Demeter, die um die Zukunft ihrer Tochter fürchtet, lässt sich von Astraios aus den Sternen das Schicksal lesen. Davor gewarnt, dass ihrer Tochter Nachstellungen drohen, verbirgt sie Persephone in einer von Drachen bewachten Höhle, was freilich Zeus nicht hindern kann, bei ihr einzudringen. Die Frucht der Verbindung ist Zagreus, der aber schon kurz nach der Geburt von Titanen ermordet wird. Erzürnt über den Mord, sendet Zeus eine Sintflut über die Erde. |
VII | Auf Zureden Aions plant Zeus die Zeugung des Dionysos, des zweiten Bakchos, der durch das Geschenk des Weins den Menschen ihr schweres Los erleichtern soll. Vom Pfeil des Eros getroffen, nähert er sich der badenden Semele, einer weiteren Tochter des Kadmos, in Gestalt eines Adlers. |
VIII | Phthonos, die Personifikation des Neides, hetzt Hera und Athene auf, sich an der schwangeren Semele für Zeus' Untreue zu rächen. In Gestalt der alten Amme des Kadmos beredet sie Semele von Zeus zu verlangen, sich ihr in der selben Weise zu seigen wie bei dessen Hochzeit mit Hera. Zeus erfüllt den Wunsch und erscheint von Blitzen umgeben im Gemach der Semele. Diese verbrennt, das ungeborene Kind Dionysos jedoch kann gerettet werden. |
IX | Zeus näht Dionysos in seinen Schenkel ein, um so die Schwangerschaft zu vollenden. Der neugeborene Dionysos wird von Hermes zu Ino, Semeles Schwester gebracht, die ihn mit ihrer Magd Mystis aufzieht. Schließlich wird er nach Lydien zur Göttermutter Rhea gebracht, die zur Amme des Dionysosknaben wird. Durch den Zorn der Hera fällt Ino in Wahnsinn und rast als Bakche durch die Wälder des Parnass bei Delphi, wo sie die Pythia und die Jungfrauen vom Altar des Orakels vertreibt. Schließlich wird sie von Apollon geheilt. |
X | Die Rache der Hera ist jedoch noch nicht vollendet. Ino und ihre Söhne Learchos und Melikertes fallen dem Wahnsinn ihres Vaters Athamas zum Opfer. Währenddessen wächst Dionysos in Lydien in bukolischer Umgebung auf. Er verliebt sich in den gleichaltrigen Ampelos, dessen Schönheit in reichen Farben geschildert wird. |
XI | Ampelos schmückt einen Stier und versucht, ihn zu reiten. Der Stier aber wirft ihn ab und Ampelos bricht sich das Genick. Dionysos verfällt über den Verlust des Geliebten in tiefe Trauer. Eros versucht in Gestalt eines Silens, Dionysos durch die Erzählung von Kalamos und Karpos zu trösten. Die Horen der vier Jahreszeiten begeben sich zum Haus des Helios. |
XII | Im Haus des Helios untersuchen die Horen der Jahreszeiten und die Horen der 12 Monate auf astrologischem Weg die Bestimmung der Weinrebe und finden heraus, dass sie die Pflanze des Dionysos sein soll. Dionysos wird durch die Verwandlung des Ampelos in eine Rebe getröstet und erfindet den Wein, an dem sich der Chor der Satyrn berauscht. |
XIII | Zeus befiehlt dem Dionysos, einen Feldzug gegen die Inder zu unternehmen, um sich den Weg zum Olymp zu bahnen. Rhea veranlasst Pyrrhichos, einen der Korybanten, ein Heer aufzustellen. Es werden die einzelnen Abteilungen des Heeres nach ihren Völkern, Wohnsitzen und Führern aufgezählt. |
XIV | Rhea bemüht sich, für das Heer des Dionysos auch Götter zu rekrutieren. V. 17-227 enthält eine Aufzählung. Ab V. 221 wird der Auszug des Heeres und die Ausrüstung der einzelnen Abteilungen geschildert. Hera nimmt die Partei der Inder, die die Gesandtschaft des Dionysos vertreiben. V. 329-410 enthält eine Schilderung der folgenden Schlacht am Ufer des astakischen Meerbusens. Schließlich verwandelt Dionysos das Wasser des Meeres in Wein, wodurch seine Gegner betrunken und kampfunfähig werden. |
XV | Die Gegner vollführen im Rausch allerlei Tollheiten. Nachdem sie in Schlaf gesunken sind, werden sie auf Befehl Dionysos' gefesselt. Ab V. 169 bis Ende wird die idyllisch-bukolische Geschichte der Liebe des Berghirten Hymnos zur Jägerin Nikaia geschildert. Hymnos wird von der jungfräulichen Jägerin abgewiesen. Er bittet sie darum, ihn zu töten, um so seinen Liebesqualen ein Ende zu machen. Nikaia erfüllt ihm die Bitte und erschießt ihn. Der Gott Eros ist über die kaltherzige Tat erzürnt und schwört, Nikaia der Gewalt des Dionysos zu unterwerfen (die Geschichte spielt in den Bergwäldern nahe des astakischen Meerbusens). |
XVI | Dionysos wird vom Pfeil des Eros getroffen, als er Nikaia beim Baden beobachtet. Er verfolgt sie zunächst als schmachtender Liebhaber. Als eine Nymphe ihn darauf hinweist, dass sein Vater Zeus bei seinen Liebschaften auch nicht lange nach Einwilligung gefragt hat, ändert Dionysos die Strategie: er verwandelt das Wasser einer Quelle, aus der Nikaia trinkt, in Wein. Wie die Inder, wird auch Nikaia betrunken und sinkt in betäubten Schlaf, in dem sie von Dionysos vergewaltigt und geschwängert wird. Als sie erwacht, bemerkt sie voll Verzweiflung, was ihr geschehen ist und versucht, sich das Leben zu nehmen. |
XVII | Dionysos zieht weiter. Er trifft den Bauern Brongos, den er die Kunst des Weinbaus lehrt. Astraeis, der als einziger des indischen Heeres nicht trank und entkommen ist, berichtet dem Orontes, dem Onkel des Inderkönigs Deriades von der Gefangennahme des Heeres. Orontes stellt sich dem Dionysos zur Schlacht. Als im Einzelkampf mit dem Gott sein Panzer von Dionysos' Thyrsos gespalten wird, stürzt er sich in sein Schwert und versinkt in dem Fluss, der von da an seinen Namen trägt. |
XVIII | Der assyrische König Staphylos hört vom heranziehenden Heer des Dionysos und bittet den Gott, sein Gast zu sein. Bei einem Gastmahl im Palast des Staphylos werden die Assyrer von dem ihnen unbekannten Wein sämtlich betrunken. Staphylos erzählt die Geschichte vom Kampf des Zeus mit dem Untier Kampe. Dionysos zieht weiter, kehrt aber noch einmal zurück und erfährt vom plötzlichen Tod des Staphylos. Die Namen des Königs und seiner Familie sind sprechend: Staphylos bedeutet „Weinstock“, seine Frau heisst Methe („Trunkenheit“) und der Sohn Botrys („Traube“). |
XIX | Methe und Botrys erklären sich zu Anhängern des Dionysos. Zu Ehren des Staphylos werden Leichenspiele mit Gesang, Leierspiel und Tanz veranstaltet. Dabei besiegt Oiagros, der Vater des Orpheus, den Athener Erechtheus. Silen strauchelt beim Tanz und wird in einen Fluss verwandelt. |
XX | Die Leichenspiele des Staphylos gehen weiter, bis Dionysos durch einen Traum gemahnt wird, den Indienzug fortzusetzen. Bakchos nimmt sich die Mahnung zu Herzen und zieht mit Methe und Botrys nach Arabien, wo Lykurgos, der Sohn des Ares herrscht. Die immer noch eifersüchtige Hera sendet dem Lykurgos ein unbezwingliches Schlachtbeil, dem Dionysos dagegen sendet sie Iris in Gestalt des Hermes, die ihn beredet, dem angeblich mildgesinnten Lykurgos nicht in Waffen entgegenzutreten, sondern im Festgewand, nur mit der Gabe des Weins in Händen und von den Bakchen begleitet. Es wird ein ungleicher Kampf: die Bakchen fliehen in die Berge und Dionysos ist gezwungen, im Meer bei Nereus und Tethis Zuflucht zu nehmen. |
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[Bearbeiten] Einzelnachweise
- ↑ Siehe die Ausgabe von A. Ludwich 1909.
- ↑ Exzerpt des Katalogs in MS Vat. Lat. 52502 fol. 19v. Siehe auch: Aubrey Diller: A Lost Manuscript of Nonnus' Dionysiaca. Classical Philology Bd. 48, Nr. 3, (Juli 1953), S. 177
[Bearbeiten] Ausgaben
[Bearbeiten] Textausgaben
- Nonni Panopolitae Dionysiaca, nunc primum in lucem edita, ex Bibliotheca Joannis Sambuci. Cum lectionibus et coniecturis Gerarti Falkenburgii, et indice copioso. Officina Plantiniana, Antwerpen 1569
- Christian Friedrich Graefe (Hrsg.): Nonni Panopolitae Dionysiaccorum libri XLVIII. Suis et aliorum conjecturis emendavit et illustravit Fridericus Graefe. Vogel, Leipzig 1819 u. 1826
- Arthur Ludwich (Hrsg.): Nonni Panopolitani Dionysiaca. 2 Bde. Teubner, Leipzig 1909 u. 1911
[Bearbeiten] Übersetzungen
- Nonnos. Werke in zwei Bänden. Aus dem Griechischen übertragen und herausgegeben von Dietrich Ebener. Aufbau-Verlag, Berlin + Weimar 1985.
- Die Dionysiaka des Nonnos. Verdeutscht von Thassilo von Scheffer. 2 Bde. Bruckmann, München 1929 u. 1933. 2., überarbeitete und durchgesehene Aufl. Dieterich, Wiesbaden 1953. Übersetzung in Hexametern.
- Nonnu Panopolitu Dionysiaka. Nunc denuo in lucem edita, et Latine reddita per Eilhardvm Lvbinvm Poëseos in Academia Rostochina professorem. Ex Bibliotheca Ioannis Sambvci Pannonij. Cum lectionibus, & coniecturis Gerarti Falkenbvrgii Nouiomagi, & Indice copioso. Marnius & Aubrius, Hannover 1605. Versübersetzung in lateinischen Hexametern von Eilhard Lubinus.
- Friedrich Graefe (Übers.): Nonnu tu Panopolitu ta kata 'ymnon kai nikaian. Des Nonnos Hymnos und Nikaea. Pluchart, St. Petersburg 1813. Versübersetzung. Text griechisch und deutsch.
[Bearbeiten] Literatur
- Wolfgang Fauth: Eidos poikilon: zur Thematik der Metamorphose und zum Prinzip der Wandlung aus dem Gegensatz in der Dionysiaka des Nonnos von Panopolis. Hypomnemata Bd. 66. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1981. ISBN 3-525-25162-9
- Barbara Abel-Wilmanns: Der Erzählaufbau der Dionysiaka des Nonnos von Panopolis. Dissertation Univ. Bochum, Abt. f. Philologie. Europäische Hochschulschriften Reihe 15: Klassische Sprachen und Literatur Bd. 11. Lang, Frankfurt + Bern 1977. ISBN 3-261-02395-3
- Maria Blumentritt / Walter Peek (Hrsg.): Lexikon zu den Dionysiaka des Nonnos. Herausgegeben von den Mitarb. der Abteilung Klassische Philogie der Sektion Orient- und Altertumswissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Olms, Hildesheim 1975.
- Joachim-Friedrich Schulze: Untersuchungen zu den erotischen Erzählungen in den Dionysiaka des Nonnos von Panopolis. Habilitationsschrift 28. Jan. 1970. Philosophische Fakultät der Universität Halle.
- Werner Peek: Kritische und erklärende Beiträge zu den Dionysiaka des Nonnos. Abhandlungen der Deutschen Akademie der Wissenschaften, Klasse für Sprachen, Literatur und Kunst 1969,1. Akademie-Verlag, Berlin 1969.
- Martin String: Untersuchungen zum Stil der Dionysiaka des Nonnos von Panopolis. Phil. Fakultät der Universität Hamburg vom 4. Feb. 1966.
- Joachim-Friedrich Schulze: Die Erzählung von Hymnos und Nikaia in Nonnos' Dionysiaka Buch 15, 169-422. Phil. Fakultät der Universität Halle vom 29. April 1961.
- Viktor Stegemann: Astrologie und Universalgeschichte. Studien und Interpretationen zu den Dionysiaka des Nonnos von Panopolis. Studien zur Geschichte des antiken Weltbildes und der griechischen Wissenschaft Bd. 9. Teubner, Leibzig 1930.
- Reinhold Köhler: Über die Dionysiaka des Nonnus von Panopolis. Pfeffer, Halle 1853
- Sergej Semenovič Uvarov: Nonnos von Panopolis der Dichter. Ein Beytrag zur Geschichte der griechischen Poesie. Pluchart, St. Petersburg 1842
[Bearbeiten] Weblinks
- Dionysiaka Bücher 1-14 (von 48) - englische Übersetzung von W. H. D. Rouse