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Carnitin – Wikipedia

Carnitin

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Strukturformel
Strukturformel des L-Isomers von Carnitin.
Allgemeines
Freiname Levocarnitin
Andere Namen
  • L-(−)-Carnitin
  • Trimethylbetain
  • (R)-(3-Carboxy-2-hydroxypropyl)- N,N,N-trimethylammoniumhydroxid
Summenformel C7H15NO3
CAS-Nummer 541-15-1
ATC-Code

A16AA01

Kurzbeschreibung farbloses, kristallines Pulver
Eigenschaften
Molare Masse 161,20 g·mol−1
Aggregatzustand fest
Schmelzpunkt

196–197 °C

Löslichkeit

sehr gut löslich in Wasser: 2500 g·l−1 (20 °C)

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung
R- und S-Sätze R: ?
S: ?
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Carnitin, genauer L-Carnitin, ist eine natürlich vorkommende, vitaminähnliche Substanz. Es spielt eine essentielle Rolle im Energiestoffwechsel menschlicher, tierischer und pflanzlicher Zellen. L-Carnitin fungiert als Rezeptormolekül für aktivierte Fettsäuren im Cytosol und in Zellorganellen wie den Mitochondrien. Es übt diese Funktion im Wechselspiel mit Coenzym A aus. Langkettige Fettsäuren können nur gebunden an L-Carnitin durch die Mitochondrienmembranen transportiert werden.[1]

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorkommen

Der menschliche Körper kann L-Carnitin aus den Aminosäuren Methionin und Lysin selbst bilden, nimmt es jedoch hauptsächlich über Fleisch auf. L-Carnitin befindet sich in großen Mengen in rotem Fleisch, insbesondere in Schaf- und Lammfleisch. Geflügelfleisch dagegen ist carnitinärmer, während vegetarische Lebensmittel wenig oder gar kein L-Carnitin enthalten. Bei einer gemischten Kost werden täglich zwischen 100 und 300 mg L-Carnitin durch die Nahrung aufgenommen. Vegetarier führen sich mit der Nahrung durchschnittlich etwa 2–10 mg Carnitin zu. Der restliche Bedarf wird durch die endogene Synthese gedeckt, wenn die essentiellen Kofaktoren Vitamin C, Vitamin B6, Niacin und Eisen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen.

Der Gesamtbestand an L-Carnitin im Körper beträgt etwa 20–25 g, wobei der Anteil in Geweben mit einem hohen Fettsäuremetabolismus besonders hoch ist. In Herz- und Skelettmuskulatur sind 98 % der Reserven gespeichert. Über die Nieren werden täglich etwa 20 mg in den Urin ausgeschieden. Der Normalwert des L-Carnitins im Plasma liegt zwischen 40 und 80 µmol/l, wovon etwa 70–85 % als freies Carnitin verfügbar sind. Der Rest liegt als Acylcarnitin verestert vor.

Da L-Carnitin ein wasserlösliches Molekül ist, wird es bei einer Hämodialyse mit aus dem Blut der Nierenpatienten entfernt. Dies hat die Folge, dass Dialysepatienten sehr niedrige L-Carnitin-Blutwerte haben. Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz nehmen häufig L-Carnitin, entweder oral oder intravenös, um diese Verluste wieder auszugleichen.

[Bearbeiten] Industrielle Herstellung

L-Carnitin kann über verschiedene Wege im industriellen Maßstab gewonnen werden[2]. Beispielsweise über einen, die körpereigene Biosynthese imitierenden, biotechnologischen Prozess: In großen Fermentationsbehältern wird dabei die Vorstufe von L-Carnitin (γ-Butyrobetain) mit Hilfe von gramnegativen Bakterien (Rhizobien) in L-Carnitin umgesetzt.

[Bearbeiten] Nahrungsergänzung

[Bearbeiten] Carnitin als Fettverbrenner

Wird eine Körpergewichtsabnahme mittels Sport und Diät angestrebt, wird Carnitin mitunter als Ergänzung empfohlen, um einen besseren Umsatz der Fettsäuren zu erreichen, da der Stoffwechsel bei Übergewichtigen i. d. R. nicht an die körperliche Leistung angepasst ist. Hierbei wird die zusätzliche Einnahme von Carnitin in Studien allerdings kontrovers diskutiert.

Im Jahre 2002 haben Wissenschaftler der Universität Leipzig erstmals nachgewiesen, dass L-Carnitin als Nahrungsergänzung den Abbau von langkettigen Fettsäuren in vivo bei gesunden Erwachsenen ohne L-Carnitin-Mangel steigern kann. Sowohl vor als auch nach zehntägiger Nahrungsergänzung erhielten die Probanden markierte Fettsäuren mit einer Mahlzeit. Anschließend wurde markiertes CO2 als Abbauprodukt der markierten Fettsäuren in der Ausatmungsluft gemessen. Die Wissenschaftler beobachteten einen signifikanten Anstieg an markiertem CO2 in der Ausatmungsluft, was auf eine deutliche Steigerung der Fettverbrennung bei gesunden Erwachsenen nach L-Carnitin-Einnahme hinweist. Inzwischen sind diese ersten Befunde durch eine Forschungsgruppe der Universität Rostock bestätigt worden. Mit einem etwas modifizierten Ansatz kamen sie zu ähnlichen Ergebnissen: die Nahrungsergänzung mit L-Carnitin konnte auch hier bei leicht übergewichtigen Erwachsenen die Oxidation langkettiger Fettsäuren deutlich erhöhen. Die Wissenschaftler wiesen darauf hin, dass diese Studienergebnisse wichtig seien für alle, die sich sportlich betätigen, die aktiv ein gesundes Körpergewicht anstreben, sowie für Menschen mit erhöhtem Energiebedarf.

[Bearbeiten] Stellungnahmen

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen äußert sich über Carnitin als Nahrungsergänzungsmittel und angeblicher Fatburner wie folgt: „Die Behauptung, dass der Körper zur Herstellung von 1 g Carnitin 34 g Muskel abbauen müsse, ist schlicht falsch, er nutzt dafür Eiweißbausteine aus der Nahrung. Eine zusätzliche Carnitin-Aufnahme in Tablettenform kann weder den Carnitingehalt in den Muskelzellen noch die Geschwindigkeit der Fettverbrennung steigern. Sie hat auch keinen Einfluss auf den Fettanteil des Körpers während einer Diät. (…) Überflüssiges Carnitin wird mit dem Urin ausgeschieden. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass bei einer dauerhaften hohen Zufuhr die körpereigene Carnitinbildung eingestellt wird. (…) Carnitin ist als Schlankheitsmittel genauso unwirksam wie als Leistungssteigerer, Herzstärkungs-, Potenzsteigerungs- und Antikrebsmittel.“ [3]

[Bearbeiten] Carnitin im Sport

Insbesondere Ausdauersportler nehmen L-Carnitin häufig als Nahrungsergänzungsmittel zu sich, da einige Studien suggerieren, dass durch die Einnahme von L-Carnitin Leistungssteigerungen erzielt werden können. Diese Leistungssteigerung bezieht sich auf die Regeneration nach großer sportlicher Anstrengung. Carnitin wird im Sport daher noch immer als einer der am stärksten wirkenden Leistungsförderer und Fatburner gehandelt. Als ein „Wundermittel“ gegen Fettpolster, wie vielfach propagiert wird, ist L-Carnitin auf keinen Fall zu sehen. Jedoch sollen Untersuchungen gezeigt haben, dass bei Fettleibigkeit ein L-Carnitin-Mangel vorliegen kann. Im Falle eines L-Carnitin-Mangels, der durch eine Blutuntersuchung festgestellt werden kann, könnte eine L-Carnitin-Substitution sicherlich sinnvoll sein. Die Einnahme von L-Carnitin kann aber nur in Verbindung mit Sport (Fettverbrennung bei aeroben Ausdauerbelastungen) wirken. Bei der Supplementierung ist zu beachten, dass die optimale Wirkung von L-Carnitin erst 1½–2 Stunden nach der Einnahme vorliegt.

[Bearbeiten] Studien

Über mögliche Leistungsverbesserungen durch die Supplementierung von L-Carnitin gibt es kontroverse Meinungen.

Experten wie Marconi oder Neumann (Lonza) sind auf Grund von Studien von der positiven Wirkung einer zusätzlichen Carnitineinnahme auf den aeroben und anaeroben Stoffwechsel der Muskulatur (Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel) überzeugt.

In verschiedenen Studien sollte die Einnahme von wenigen Gramm (2–4 g) L-Carnitin zu einer erhöhten Sauerstoffaufnahmekapazität (VO2 max.) – ein Parameter für den Trainingszustand eines Sportlers, einer Veränderung des respiratorischen Quotienten (RQ) (Ein verkleinerter RQ-Wert ist ein Zeichen dafür, dass zur Energiegewinnung vermehrt Fettsäuren anstelle von Glykogen/Glucose bereitgestellt werden) – und verringerten Laktatwerten führen.

Diese Befunde konnten in anderen Studien jedoch nicht bestätigt werden:

In einer Doppelblind-Crossover Studie von COLOMBANI et al. führte die Zufuhr von 2 g L-Carnitin zwei Stunden vor einem Marathon und nach 20 km abgesehen von einer Erhöhung der Carnitin-Werte im Blut – jedoch zu keinen signifikanten Veränderungen der Laufzeit, des Respirationsquotienten, der Plasmakonzentrationen der Kohlenhydrat-Metaboliten (Glucose, Lactat, Pyruvat), der Fettmetaboliten (freie Fettsäuren, Glycerol, b -Hydroxybutyrat) sowie der Enzyme (Creatinkinase, Lactatdehydrogenase). Bei einem submaximalen Lauftest am Morgen nach dem Marathonlauf wurden ebenfalls keine Veränderungen der gemessenen Parameter festgestellt. Die Autoren kommen zu dem Ergebnis, dass eine L-Carnitin-Substitution die Leistungs- und Regenerationsfähigkeit bei Ausdauersportlern nicht verbessern kann.

Auch bei einem Fahrrad-Ergometer-Test an der anaeroben Schwelle konnte Colombani keinen Einfluss von Carnitin auf die Erholung der untersuchten Athleten feststellen.

In einer neueren Studie von PLATEN et al. an der DSHS Köln wurden 20 männlichen und weiblichen Sprintern über 7 Tage jeweils 3 g L-Carnitin/d verabreicht. Bei einer intensiven Laufbandergometerbelastung und einem 200 m Lauf konnten keine positiven Effekte auf die Leistungsfähigkeit, die Herzfrequenz und Lactatansammlung sowie auf spiroergometrische Parameter (beim Ergometertest) gemessen werden. Sie kommen zu der Feststellung, dass eine kurzfristige Carnitin-Supplementierung keine Verbesserung der sprint- und ausdauerspezifischen Kapazität bewirkt.

Ergogene (leistungssteigernde) Effekte in manchen Studien erweisen sich häufig als versuchsdesign- oder placeboinduzierte Fehlinterpretationen.

Die Resultate von Wissenschaftlern der University of Connecticut in den USA eröffneten neue Perspektiven hinsichtlich der Rolle von L-Carnitin, neben den klassischen muskelenergetischen Funktionen: Die tägliche Einnahme von L-Carnitin vor intensiven Belastungen führte bei gesunden Freizeitsportlern zu einer deutlich niedrigeren Produktion von freien Radikalen, weniger Muskelkater und weniger Muskelschäden nach dem Training. Das bedeutet, dass die Einnahme von L-Carnitin die Erholung unterstützen kann, wie schon frühere Studien zeigen konnten. L-Carnitin verbesserte auch deutlich die durchschnittliche Leistung und resultierte in einer schnelleren Erholung nach großen körperlichen Anstrengungen. Diese Schutzwirkung ist wohl zum Teil auf eine verbesserte Sauerstoffversorgung der Muskeln durch verstärkte Durchblutung zurückzuführen

[Bearbeiten] Fußnoten

  1. Heinz Löster: Biochemical fundamentals of the effects of Carnitine. In: Carnitine and Cardiovascular Diseases. Ponte Press Verlags GmbH, Bochum 2003, S. 3–48, ISBN 3-920328-45-0.
  2. Pharmaceutical Substances, Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher und Dieter Reichert, 4. Auflage (2000) 2 Bände erschienen im Thieme-Verlag Stuttgart, ISBN 978-1-58890-031-9; seit 2003 online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen
  3. (aus: Verbraucherzentrale NRW, ABC der Schlankmacher, 2004)

[Bearbeiten] Literatur

  • Heinz Löster: Carnitine and Cardiovascular Diseases. Ponte Press Verlags GmbH, Bochum 2003, ISBN 3-920328-45-0.
  • Heinz Löster: Carnitin und seine Bedeutung bei kardiovaskulären Erkrankungen. Ponte Press Verlags GmbH, Bochum 2007, ISBN 3-920328-50-7.

[Bearbeiten] Weblinks

[Bearbeiten] Siehe auch

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