Apostelkirche (Konstantinopel)
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Die Apostelkirche (griechisch Άγιοι Απόστολοι - Aghioi Apostoloi, von den Byzantinern auch Polyandreion oder Myriandrion genannt), war eine christliche Basilika in Konstantinopel, der ehemaligen Hauptstadt des Byzantinischen Reiches. Nach der Hagia Sophia war die Apostelkirche die bedeutendste unter den großen Kirchen des Oströmischen Reiches. Nach der Eroberung von Konstantinopel im Jahr 1453 durch die Osmanen und der Umwandlung der bisherigen Hauptkirche Hagia Sophia in eine Moschee wurde sie Kathedrale der Patriarchen von Konstantinopel. 1461 wurde die Apostelkirche durch die Eroberer beschlagnahmt und zerstört, um Platz für eine Moschee zu schaffen.
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[Bearbeiten] Vorgängerbau
Die ursprüngliche Apostelkirche wurde etwa 330 von Konstantin dem Großen errichtet, der Konstantinopel zur Hauptstadt des Römischen Reichs machte. Der Bau der Kirche war unvollendet als Konstantin 337 starb, erst sein Sohn und Nachfolger Konstantin II., stellte sie fertig und ließ seinen Vater hier begraben. Die Kirche wurde den Jüngern Jesu, die auch „die zwölf Apostel“ genannt werden, geweiht. Es war die erklärte Absicht Konstantins, Reliquien aller zwölf Aposteln in der Kirche zu sammeln. Im Jahre 356 konnten jedoch nur die Reliquien von Andreas, Lukas und Timotheus (die beiden letzteren waren Apostelschüler) in die Apostelkirche übertragen werden, in späteren Jahrhunderten wurde angenommen, die Kirche sei nur für diese Drei errichtet worden. Vom Aussehen der ursprünglichen Apostelkirche ist wenig bekannt. Vermutlich entsprach sie ähnlich der Lateranbasilika in Rom, der Grabeskirche in Jerusalem oder den ursprünglichen Bauten der Hagia Sophia und der Hagia Eirene, die ebenfalls ihren Ursprung in der Zeit Konstantins des Großen haben, dem Bautyp der Basilika, der nach der Anerkennung des Christentums als offizielle Religion zunehmend die kleinen Hauskirchen der Verfolgungszeit ablöste. Der Historiker Eusebius schrieb, sie sei ein hohes Gebäude, mit kreuzförmigem Grundriss, Portiken entlang der vier Seiten, mit Mauern aus Marmor und einem goldenen Dach gewesen.
[Bearbeiten] Zweitwichtigste Kirche in Konstantinopel
Während der Herrschaft des Kaisers Justinian I. galt die Kirche als nicht mehr großartig genug. Die Apostelkirche wurde daher am selben Platz von Grund auf neu errichtet. Der Geschichtsschreiber Procopius schrieb den Neubau Justinian zu, während der als Pseudo-Codinus bekannte Historiker ihn der Kaiserin Theodora zuordnete. Die zweite Apostelkirche wurde am 28. Juni 550 geweiht.
[Bearbeiten] Beschreibung
Die neue Kirche war von den Architekten Anthemios von Tralles und Isidor von Milet als ein Zentralbau über dem Grundriss eines griechisches Kreuzes mit fünf Kuppeln entworfen und errichtet worden. Je eine Kuppel überwölbte die vier Arme des Kreuzes. Die Vierung zwischen den Kreuzarmen trug die fünfte, noch größere und mit Fenstern ausgestattete Kuppel; jeder Kreuzarm war dreischiffig. Der westliche Arm des nach Westen ausgerichteten Kreuzes bildete das Atrium. Die Reliquien von Konstantin und den drei Heiligen wurden auch in der neuen Kirche bewahrt, am Ende des Nordarmes wurde ein Mausoleum für Justinian und seine Familie errichtet.
[Bearbeiten] Geschichte
Für mehr als 700 Jahre war die Apostelkirche nach der Hagia Sophia die zweitwichtigste Kirche in Konstantinopel. Während sich die Hagia Sophia im ältesten Teil der Stadt befand, stand die Apostelkirche in der Mitte des neueren Teils der Hauptstadt des byzantinischen Reiches, an der großen Prachtstraße, die Mese oder Mittel-Straße genannt wurde, und war die meistbesuchte Kirche in der Stadt. Die meisten Kaiser sowie viele Patriarchen und Bischöfe wurden in der Kirche begraben. Die Reliquien der Kirche wurden von den Gläubigen in allen Jahrhunderten verehrt.
Der wertvollste Besitz der Kirche waren die Reliquien von Andreas, Lukas und Timotheus, aber die Apostelkirche bewahrte auch Reliquien des Heiligen Johannes Chrysostomus und anderer Kirchenväter, Heiliger und Märtyrer. Die Kirche besaß einen Teil der Geißelsäule, an die Jesus gebunden und dann geschlagen worden war. In den Jahren ihrer Existenz erwarb die Apostelkirche große Mengen Gold, Silber und Edelsteine, die von den Gläubigen gespendet wurden.
Die Kirche wurde im 9. Jahrhundert durch Kaiser Basileios I. erneuert und wahrscheinlich auch vergrößert. Im 10. Jahrhundert verfasste Konstantin von Rhodos eine Beschreibung des Gotteshauses der Apostel in Versen, die er Konstantin VII. Porphyrogenitus widmete. Die Basilika wurde 1204 während des Vierten Kreuzzugs geplündert. Der Chronist Niketas Choniates notierte, dass die Kreuzfahrer die Gräber der Kaiser plünderten und die Sarkophage ihres Schmucks aus Gold und Edelsteinen beraubten. Auch das Grab Justinians wurde nicht verschont. Das Grab des Kaisers Heraklios wurde geöffnet und seine goldene Krone wurde mit den Haaren die noch daran klebten gestohlen. Einige dieser Schätze wurden nach Venedig gebracht, wo sie im Markusdom besichtigt werden können.
Als Michael VIII. Palaiologos die Stadt von den Kreuzfahrern zurück eroberte, ließ er eine Statue des Erzengels Michael in der Apostelkirche aufstellen, um sich und diesen Sieg zu feiern. Die Kirche wurde unter Kaiser Andronikos II. im frühen 14. Jahrhundert wiederhergestellt, verfiel jedoch bald, da das byzantinische Reich große Teile seines Machtbereichs verlor und die Bevölkerung der Hauptstadt sich verringerte. Der Florentiner Cristoforo Buondelmonti sah die verfallende Kirche im Jahre 1420.
1453 erlag Konstantinopel dem Ansturm der osmanischen Türken. Die Hagia Sophia wurde in eine Moschee umgewandelt und Sultan Mehmed II. befahl dem griechischen Patriarchen Gennadius Scholarius in die Apostelkirche umzuziehen, die dadurch zum Mittelpunkt der Orthodoxie wurde. Das Stadtviertel, in dem sich die Kirche befand, wurde von Türken besiedelt, und bald wuchsen die Feindseligkeiten gegenüber einem so großen und zentral gelegenen Gebäude in den Händen der Christen. Gennadius entschied sich, den Sitz des Patriarchats in die Pammakaristos-Kirche im christlichen Stadtteil Phanar zu verlegen.
Sultan Mehmed II. ließ die Apostelkirche zerstören und gab den Auftrag, am selben Platz eine Moschee von vergleichbarer Schönheit und Großartigkeit zu errichten. Das Resultat war die Fatih-Moschee (Moschee des Eroberers), die heute an der Stelle der Apostelkirche steht und das Grab Mehmeds birgt. Abgesehen von der Abbildung die oben gezeigt wird, gibt es keine Darstellung der Kirche. Nicholas Mesarites, ein Schriftsteller des 12. Jahrhunderts, hat eine Beschreibung der Apostelkirche hinterlassen, die jedoch nur teilweise erhalten geblieben ist.
[Bearbeiten] Nachwirkung
Für den Bau des Markusdoms in Venedig diente die Apostelkirche als Vorbild, so dass dieser eine Vorstellung von der ehemaligen baulichen Gestalt der Apostelkirche vermittelt. Ein weiteres Beispiel für den architektonischen Einfluss der Apostelkirche in Europa ist die Kathedrale St. Front in Perigueux.