Johann Gottfried Seume

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Porträt Johann Gottfried Seumes
Porträt Johann Gottfried Seumes

Johann Gottfried Seume (* 29. Januar 1763 in Poserna, Kursachsen; † 13. Juni 1810 in Teplitz, Böhmen) war ein deutscher Schriftsteller und Dichter.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Seume wurde im Jahre 1763 als Sohn des Landwirts und vormaligen Böttchers Andreas Seume und der Bauerntochter Regine Liebing geboren. Er besuchte die Dorfschule und die Lateinschule des Rektors Korbinsky in Borna.

Seume studierte an der Universität Leipzig Theologie und wurde 1781 auf dem Weg nach Paris von Soldatenwerbern ergriffen, zum Dienst in der Armee gezwungen und vom Landgrafen von Hessen-Kassel an England für den Kampf im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg verkauft. Nach 22-wöchiger Überfahrt landete er im September 1782 bei Halifax in Kanada, wo es jedoch nicht mehr zu Kampfhandlungen kam. Seine Bewunderung für die natürliche Ungezwungenheit der Einwohner schlug sich in seinem oft zitierten Gedicht Der Wilde nieder: „Ein Kanadier, der Europens übertünchte Höflichkeit nicht kannte...“

Im August oder September 1783 wurde er nach Bremen zurücktransportiert und nach einem Fluchtversuch von Werbern des Preußenkönigs Friedrich II. nach Emden gebracht, wo er bis 1787 als Musketier diente. Zwei weitere Fluchtversuche scheiterten; ihm drohte die todbringende Strafe des Spießrutenlaufens, die durch Vermittlung von Oberst Wilhelm René de l'Homme de Courbière in eine Kerkerstrafe umgewandelt wurde. Seine Autobiographie, die auch die Qualen seiner Überfahrt nach Amerika schildert, verdient als Zeitzeugenbericht beachtet zu werden.

Nach der Freilassung studierte er Jura und arbeitete als Hofmeister. Seine Anstellung als Erzieher im Dienste eines Grafen von Igelström verschaffte ihm bald eine Stelle als Sekretär von dessen Bruder, des russischen Generals von Igelström. Als solcher erlebte er die Niederwerfung des polnischen Aufstandes auf der Seite der herrschenden Russen, doch wurde er 1796 aus der russischen Armee ausgeschlossen. Dennoch blieb ihm zeitlebens ein großes Interesse an militärischen Fragen erhalten, so dass er in seinen Reiseschriften wiederholt darauf eingeht, wie viele Soldaten man zur Verteidigung oder Eroberung der jeweils besichtigten Festung oder Stadt benötige.

Seume arbeitete von 1797 an bis zu seiner ersten großen Wanderung in Grimma als Korrektor bei seinem Freund, dem Verleger Göschen, nachdem dieser sein Verlagshaus nach Grimma verlegt hatte.

In den folgenden Jahren ab 1801 unternahm er zwei große Reisen, die ihn in weite Teile Europas führten, so nach Syrakus, nach Russland, Finnland und Schweden. Am Ende seines Spaziergang nach Syrakus schrieb Seume nicht gleich eine Elegie auf seinen Schuhmacher namens Heerdegen (wie Goethe auf Mieding), doch gedachte er seiner in folgenden Worten: „...Zum Lobe meines Schuhmachers, des mannhaften alten Heerdegen in Leipzig, muß ich Dir noch sagen, daß ich in den nämlichen Stiefeln ausgegangen und zurückgekommen bin, ohne neue Schuhe ansetzen zu lassen, und daß diese noch das Ansehen haben, in baulichem Wesen noch eine solche Wanderung mitzumachen.“ Dazu kam es dann in den folgenden Jahren wohl auch. Allerdings musste er ihre Besohlung während seines „Spazierganges“ in Palermo zum zweitenmal reparieren lassen, wie er selbst schrieb.

Seine Eindrücke auf diesen Reisen beschrieb er mit besonderem Blick auf die jeweiligen sozialen, ökonomischen und politischen Verhältnisse. Johann Gottfried Seume gilt demnach als kulturhistorischer Reiseschriftsteller, der mit Genauigkeit und Nüchternheit über die Verhältnisse in fremden Ländern berichtete. Aufgrund seiner eigenen Erlebnisse als Soldat in Nordamerika und Deutschland setzte er sich besonders für die Freiheitsrechte einzelner Menschen und ganzer Völker ein.

Obwohl er wohl recht umgänglich war, stieß er mit der Entschiedenheit seiner Anschauungen viele ab. Über seine asketische Lebensweise sagte er:

„Ich trinke keinen Wein, keinen Kaffeeh, keinen Liqueur,
rauche keinen Tabak und schnupfe keinen,
eße die einfachsten Speisen,
und bin nie krank gewesen, nicht auf der See und unter den verschiedensten Himmelstrichen.“

Sie wird manchen von einem näheren Umgang mit ihm abgehalten haben. Doch auch den asketischen Zug trieb er nicht so weit, dass er sich dauerhaft an seine Äußerung gehalten hätte; vielmehr weiß er von seinem Spaziergang nach Syrakus von manchem Wein zu berichten, freilich stets mit dem Hinweis, dass er als Nicht-Kenner ihn nicht beurteilen könne.

Ein weiteres, sehr berühmtes Zitat, das ihm zugeordnet wird, ist: „Wo man singt, da laß' dich ruhig nieder,
böse Menschen haben keine Lieder.“

Hierbei handelt es sich mit einiger Sicherheit um eine im Volksmund entstandene Abwandlung einer Strophe seines Gedichtes Die Gesänge von 1804:

„Wo man singet, lass dich ruhig nieder,
Ohne Furcht, was man im Lande glaubt;
Wo man singet, wird kein Mensch beraubt;
Bösewichter haben keine Lieder.“


Nach Seume sind die Johann-Gottfried-Seume-Gymnasien in Vacha und Grimma benannt und in Berlin-Friedrichshain und Wien-Meidling trägt eine Straße seinen Namen. In Friedrich Christian Delius' Erzählung Der Spaziergang von Rostock nach Syrakus (Rowohlt 1995) reist der Protagonist auf Seumes Spuren.

Siehe auch: Soldatenhandel

[Bearbeiten] Werke (Auswahl)

Titelblatt und Frontispiz der Erstausgabe von 1803
Titelblatt und Frontispiz der Erstausgabe von 1803
Titelblatt des Erstdruckes 1813
Titelblatt des Erstdruckes 1813
  • Gedichte
  • Über das Leben und den Karakter der Kaiserin von Russland Katharina II., 1797
  • Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802, 1803 (Abb. links)
  • Apokryphen, postum 1811
  • Mein Sommer 1805, 1806
  • Mein Leben (Autobiographie), postum 1813 (Abb. rechts)
  • Briefe. Hg. v. Jörg Drews. Frankfurt 2002.

[Bearbeiten] Literatur (Auswahl)

  • Johannes Paul: Johann Gottfried Seume: Spaziergang nach Syrakus. In: Abenteuerliche Lebensreise - Sieben biographische Essays. Wilhelm Köhler Verlag Minden 1954, S. 113–139
  • Albert Meier: Seume, Johann Gottfried. In: Walther Killy (Hrsg.): Literaturlexikon Bd. 11, S. 16–18
  • Urs Meyer: Politische Rhetorik. Theorie, Geschichte und Analyse der Redekunst am Beispiel des Spätaufklärers Johann Gottfried Seume. mentis, Paderborn 2001
  • Jakob Starzinger: „Felsenwand“ vs. „Blumental“. Fremdwahrnehmung und Selbststilisierung in J. G. Seumes „Mein Sommer 1805“. In: transit, 2. Jg. (2006), H. 1 (Volltext, PDF)
  • Eberhard Zänker: Johann Gottfried Seume. Eine Biographie. Faber & Faber, Leipzig 2005.
  • Wolfgang Griep u. Dirk Sangmeister: Ausflucht in den Norden. Über Johann Gottfried Seumes Reise im Sommer 1805. Eutin: Eutiner Landesbibliothek, 2004. ISBN 3-9808529-6-2.

[Bearbeiten] Weblinks