Jean Lannes

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Jean Lannes, prince de Sievers, duc de Montebello, (* 10. April 1769 in Lectoure, Gers; † 31. Mai 1809 in Ebersdorf bei Wien) war ein französischer General und einer der engsten Freunde Napoléon Bonapartes.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Jean Lannes war der Sohn eines Stallknechts in Lectoure und arbeitete zunächst als Färber, bevor er 1792 als Unteroffizier in die Armee eintrat. Schon 1795 erhielt er das Kommando über ein Bataillon und erwarb sich 1796 in Italien den Rang eines Obersten.

Durch seine Tapferkeit tat er sich beim Übergang über den Po und die Brücke von Lodi hervor, im Gefecht bei Bassano und beim Sturm von Pavia, wo er zum Brigadegeneral ernannt wurde. Er kämpfte mit Auszeichnung bei der Belagerung von Mantua und in der Schlacht von Arcole.

1798 folgte er Bonaparte nach Ägypten. Bei den Ereignissen des 18. Brumaire leistete er Bonaparte wesentliche Dienste, folgte ihm 1800 nach Italien und schlug hier den Feind am 9. Juni bei Montebello. 1801 ernannte ihn Bonaparte zum bevollmächtigten Minister in Lissabon, 1804 zum Marschall (19. Mai), 1807 zum Fürst von Siewierz in Schlesien (30. Juni) und 1808 zum Herzog von Montebello (15. Juni).

Jean Lannes
Jean Lannes

Im Feldzug gegen Österreich (1805) erhielt Lannes den Befehl über die Vorhut der Grande Armée und lieferte der russischen Armee am 16. Oktober das Treffen bei Hollabrunn. Bei Austerlitz trug er an der Spitze des linken Flügels viel zum Sieg bei. 1806 befehligte er in der Schlacht bei Jena das Zentrum, schlug am 26. Dezember die Russen bei Pultusk und wurde schwer verwundet. Im Mai 1807 übernahm er das Kommando über das Reservekorps und nahm an den Gefechten bei Heilsberg und bei Friedland in Ostpreußen teil.

Er wurde zum Generalobersten der Schweizer ernannt, begleitete 1808 den Kaiser nach Spanien, wo er am 22. November den General Castaños bei Tudela schlug und danach die berühmte Belagerung von Saragossa leitete. Im Feldzug von 1809 gegen Österreich befehligte er zwei Divisionen in dem Treffen bei Eggmühl und bei der Einnahme von Regensburg und zog am 13. Mai nach zweitägiger Beschießung an der Spitze des Vortrabs in Wien ein.

Bei Aspern-Essling befehligte er das Zentrum. Als er am zweiten Schlachttag, 22. Mai, die Linien durchritt, um den Soldaten Mut zuzusprechen, verletzte ihn eine Kanonenkugel an beiden Beinen schwer. Ein Bein wurde noch notdürftig amputiert, aber er erlag schließlich dem nachfolgenden Wundbrand am 31. Mai in Ebersdorf bei Wien.

Seine Leiche wurde nach Straßburg gebracht, 1810 in Paris im Panthéon beigesetzt und später auf dem Friedhof Père Lachaise beerdigt. In seinem Geburtsort Lectoure wurde ihm eine Statue errichtet; in Wien wurde an der alten Dorfgrenze zwischen Aspern und Essling eine Straße nach ihm benannt.

[Bearbeiten] Bedeutung

Lannes stammte aus einfachen Verhältnissen und hatte nur eine geringe Schulbildung. Die Engländer bezeichneten ihn als Emporkömmling aus dem Bodensatz der Revolution. Aber Lannes war, neben Davout und Masséna, einer der fähigsten Generale Napoleons. Er war tapfer und couragiert, man könnte auch sagen draufgängerisch, und hatte große Führungsqualitäten.

Bewusst oder unbewusst passten sein Charakter und seine Fähigkeiten genau zu Napoleons Art, eine Schlacht zu schlagen. Daher seine beständige Verwendung für Aufgaben, die äußerste Entschlossenheit und Wagemut erforderten, besonders dann, wenn Napoleons Taktik von der Schlagkraft und der Aufopferung eines bestimmten Truppenteils abhing. Wie Napoleon die Fähigkeiten seiner Untergebenen einschätzte, kann fast exakt an der Häufigkeit abgelesen werden, mit der er sie zur Vorbereitung seines eigenen Entscheidungsschlags einsetzte.

Weniger herausragende Generale, oder vorsichtige und genau planende Truppenführer wie Soult oder MacDonald, hielt er für den letzten, entscheidenden Angriff, den er selbst führte, zurück. Aber die langen Stunden der vorbereitenden Gefechte mit ungewissem Ausgang, die den Entscheidungsschlag erst möglich machten, vertraute er nur Männern mit außerordentlicher Courage und hohen Führungsqualitäten an. Ein solcher Mann war Davout bei der Schlacht von Austerlitz und Auerstedt und war Lannes bei Friedland und Aspern.

Mit diesen Fähigkeiten erreichte Lannes den Aufstieg vom Bauernsohn und einfachen Soldaten bis zum Marschall. Napoleon sagte über ihn: „Chez Lannes, le courage l’emportait d’abord sur l’esprit; mais l’esprit montait chaque jour pour se mettre en équilibre; je l’avais pris pygmée, je l’ai perdu géant“. („Bei Lannes war der Mut größer als der Intellekt; aber der Intellekt wuchs jeden Tag, um sich dem Mut anzugleichen; ich traf einen Zwerg, aber ich verlor einen Riesen.“)

Lannes Tod traf Napoleon tief. Er verlor nicht nur einen seiner besten Generale, sondern auch einen langjährigen engen Freund und soll lange tränenüberströmt am Sterbelager seines Freundes gesessen haben. Der Witwe schrieb er noch am Todestag aus Eberstorf: „Ma cousine, le maréchal est mort ce matin des blessures qu’il a recues sur le champ d'honneur. Ma peine égale la vôtre. Je perds le général le plus distingué de mes armées, mon compagnon d’armes depuis seize ans, celui que je considérais comme mon meilleur ami. Sa famille et ses enfants auront toujours des droits particuliers à ma protection. C’est pour vous en donner l’assurance que j’ai voulu vous écrire cette lettre, car je sens que rien ne peut altérer la juste peine que vous ressentirez.“ („Meine Kusine, der Marschall ist heute morgen den Verletzungen erlegen, die er auf dem Feld der Ehre erlitten hat. Mein Schmerz ist Eurem gleich. Ich verliere den hervorragendsten General meiner Armeen, meinen Waffengefährten seit sechzehn Jahren, den ich als meinen besten Freund betrachtet habe. Seine Familie und seine Kinder werden immer besonderen Anspruch auf meinen Schutz genießen. Um Euch das zu versichern, wollte ich Euch diesen Brief schreiben, denn mir ist bewusst, dass nichts Euren berechtigten Schmerz lindern kann“).

[Bearbeiten] Familie

Jean Lannes war seit 1800 in zweiter Ehe mit Louise-Antoinette, comtesse de Guéheneuc (1782-1856) verheiratet, nachdem seine 1794 geschlossene Ehe mit Jeanne-Josephe-Barbe „Paulette“ Meric nur drei Monate zuvor wegen angeblicher Untreue Paulettes geschieden worden war. Paulettes Sohn wurde von Lannes nicht anerkannt. Aus der zweiten Ehe gingen fünf Kinder hervor:

  1. Louis Napoléon Auguste, 2. duc de Montebello (1801–1874), wurde Staatsmann und Minister
  2. Alfred, comte Lannes (1802–1861)
  3. Jean-Ernest, baron de Montebello (1803–1882)
  4. Gustave-Olivier, comte de Montebello (1804–1875), wurde General wie sein Vater
  5. Joséphine (1806–1889)

[Bearbeiten] Literatur

  • Désiré Lacroix: Die Marschälle Napoleons I. Übertragen von Oskar Marschall von Bieberstein; Verlag von Heinrich Schmidt & Carl Günther, 1898
  • Carl Bleibtreu: Marschälle, Generale, Soldaten Napoleons I. 2. Aufl., Verlag Alfred Schall, Berlin, vor 1911
  • Jean-Claude Damamme: Lannes. Maréchal d’Empire. Paris: Payot (1987).