Flottenkommando
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Das Flottenkommando ist eine Höhere Kommandobehörde der Deutschen Marine mit Sitz in Glücksburg bei Flensburg und Hauptquartier des Befehlshabers der Flotte. Dem Befehlshaber der Flotte sind die schwimmenden und fliegenden Verbände der Marine unterstellt. Er trägt den Dienstgrad Vizeadmiral und untersteht truppendienstlich dem Inspekteur der Marine im Bundesministerium der Verteidigung. Im internationalen Umgang führt der Befehlshaber der Flotte die englische Bezeichnung Commander-in-Chief German Fleet (CINCGERFLEET), das Flottenkommando wird als Maritime Headquarters Gluecksburg (MHQ Gluecksburg) bezeichnet.
In der Führungsorganisation der Bundeswehr ist das Flottenkommando eines der Führungskommandos der Teilstreitkräfte und Organisationsbereiche neben dem Heeresführungskommando, dem Luftwaffenführungskommando, dem Sanitätsführungskommando und dem Streitkräfteunterstützungskommando.
Das Flottenkommando ist in einer Kasernenanlage untergebracht, die vor dem Zweiten Weltkrieg als Teil der Offizierschule der Kriegsmarine entstanden ist. Die Führungszentrale selber, auch als Marinehauptquartier (MHQ) bezeichnet, befindet sich in einer unterirdischen Schutzbauanlage. Bereits seit den 1980er Jahren verfügt sie über ein rechnergestütztes Führungssystem. Zum MHQ gehören umfangreiche Fernmeldeanlagen.
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[Bearbeiten] Geschichte
In den verschiedenen deutschen Marinen der Vergangenheit sind die größeren Kampfschiffe meist unter der Bezeichnung Flotte zusammengefasst worden, so zum Beispiel in der Kaiserlichen Marine unter dem Namen Hochseeflotte. Die Befehlshaber trugen traditionell die Bezeichnung Flottenchef, die auch heute noch gelegentlich inoffiziell gebraucht wird. Der Stab des Flottenchefs trug die Bezeichnung Flottenkommando.
Mit Aufstellung der Bundesmarine 1956 wurde als nationale Führungsstelle am 15. Juni 1956 das Kommando der Seestreitkräfte in Sengwarden bei Wilhelmshaven aufgestellt, das am 5. März 1958 zunächst in Kommando der Flotte und am 1. Januar 1967 in Flottenkommando umbenannt wurde. Erster Kommandeur (später Befehlshaber) war Konteradmiral Johannesson. Am 1. Dezember 1960 begann der Umzug des Flottenkommandos an seinen heutigen Standort Glücksburg-Meierwik.[1]
Die deutschen Seestreitkräfte waren zunächst für den Einsatz der NATO unterstellt, so dass das Flottenkommando nur eine administrative Funktion hatte. Dem Befehlshaber der Flotte waren mit den Befehlshabern der Seestreitkräfte Nordsee (BSN) und Ostsee (BSO) zunächst truppendienstlich zwei weitere Kommandos unterstellt, die jedoch für die Einsatzführung direkt der NATO unterstanden. Das Kommando BSO wurde bereits am 31. August 1961 aufgelöst und seine Führungsaufgaben gingen auf das Flottenkommando über. Der BSN bestand bis 1993 fort und führte die NATO-Bezeichnung Commander German North Sea Subarea (COMGERNORSEA). Er unterstand seit August 1961 direkt dem Befehlshaber der Flotte. Sein Dienstort war Sengwarden bei Wilhelmshaven.
Gleichzeitig wurde 1961 die NATO-Kommandostruktur in Nordeuropa den Veränderungen angepasst, die durch die deutsche Wiederbewaffnung und die Aufstellung der Bundesmarine als größter NATO-Seemacht im Ostseeraum entstanden waren. Das Flottenkommando erhielt neben der nationalen Funktion eine Aufgabe als ein der NATO assigniertes Hauptquartier, der Befehlshaber der Flotte führte die NATO-Bezeichnung Flag Officer Germany (FOG). Erster FOG war Konteradmiral Smidt. In dieser Funktion unterstand er dem am 6. Dezember 1961 aufgestellten NATO-Befehlshaber Seestreitkräfte Ostseezugänge (Commander Naval Forces Baltic Approaches, COMNAVBALTAP) in Karup/Dänemark, dessen Position abwechselnd von einem dänischen und einem deutschen Vizeadmiral wahrgenommen wurden. Der BSN/COMGERNORSEA war dem Befehlshaber der Flotte einsatzmäßig und truppendienstlich unterstellt.
[Bearbeiten] Aufgaben des Flottenkommandos
[Bearbeiten] Truppendienstliche Führung
Die der nationalen, truppendienstlichen Führung des Flottenkommandos unterstellten See- und Seeluftstreitkräfte der Marine sind in Einsatzflottillen und Marinefliegergeschwadern zusammengefasst. Der Befehlshaber der Flotte ist truppendienstlicher und Disziplinarvorgesetzter der ihm unterstellten Typkommandeure. Er ist verantwortlich dafür, dass die Einheiten und Verbände für Einsätze vorbereitet werden. Dazu gehören die personelle Besetzung, die Ausrüstung und die Ausbildung.
[Bearbeiten] Einsatzführung
Während das Flottenkommando in der Zeit des Kalten Krieges für die NATO die Einsätze der deutschen Flotte und verbündeter Kräfte in einem definierten geographischen Verantwortungsbereich zu führen hatte, ist diese Aufgabe inzwischen entfallen. Auch wurde die NATO-Assignierung im Rahmen mehrerer Anpassungen der NATO-Kommandostruktur aufgehoben. Statt dessen führt das Flottenkommando Marineeinheiten in Auslandseinsätzen der Bundeswehr, sofern die daran beteiligten Einheiten nicht dem Einsatzführungskommando bei Potsdam unterstellt werden. Außerdem steht es für maritime Führungsaufgaben bei militärischen Operationen der Europäischen Union zur Verfügung. Auch werden alle deutschen Seestreitkräfte, die an Übungen und Manövern in See teilnehmen, vom Flottenkommando direkt geführt.
Das Flottenkommando ist als SAR-Leitstelle für den Einsatz militärischer Rettungshubschrauber im Bereich der deutschen Küstengewässer, in Schleswig-Holstein und in Hamburg zuständig.
Für die technische Unterstützung der Einsatzführung bedient sich das Flottenkommando des etwa bataillonsstarken Führungsunterstützungszentrums Marine A, das in der selben Liegenschaft untergebracht ist.
[Bearbeiten] Organisation der Flotte
Bei der Aufstellung der Bundesmarine wurden die See- und Seeluftstreitkräfte zunächst in so genannten Typkommandos zusammengefasst, die ursprünglich als Kommandos (z.B. Kommando der Schnellboote), später in ihrer Mehrheit als Flottillen (z.B. Zerstörerflottille) bezeichnet wurden. Die Anzahl und Gliederung der Typkommandos hat sich im Laufe der Zeit mehrfach geändert. Im Jahre 1985 waren dem Flottenkommando beispielsweise truppendienstlich direkt unterstellt:
- Marinefliegerdivision
- Amphibische Gruppe
- Flottille der Minenstreitkräfte
- Marineführungsdienstkommando
- Schnellbootflottille
- Unterseebootflottille
- Versorgungsflottille
- Zerstörerflottille
- BSN (als Dienststelle)
- Seetaktische Lehrgruppe
Nach 1990 ist die Anzahl dieser Kommandos reduziert worden. 2006 gab es eine weitere Umgliederung, bei der die Typkommandos durch Einsatzflottillen ersetzt wurden, während die Marinefliegergeschwader direkt dem Flottenkommando unterstellt wurden.
(siehe Deutsche Marine).
alte Struktur | aktuelle Struktur |
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[Bearbeiten] Befehlshaber
Die Bezeichnung des militärischen Vorgesetzten der Flotte wechselte in den Anfangsjahren mehrfach. Nacheinander galten die Bezeichnungen Kommandeur der Seestreitkräfte, Kommandeur der Flotte, Befehlshaber der Seestreitkräfte und später Befehlshaber der Flotte.[2]
Nr. | Name | Beginn der Berufung | Ende der Berufung | Bemerkungen |
---|---|---|---|---|
17 | Vizeadmiral Hans-Joachim Stricker | seit 2006 | ||
16 | VADM Wolfgang E. Nolting | 2003 | 2006 | danach Inspekteur der Marine |
15 | VADM Lutz Feldt | 2000 | 2003 | danach Inspekteur der Marine |
14 | VADM Dirk Horten | 1995 | 2000 | |
13 | VADM Hans-Rudolf Boehmer | 1993 | 1995 | danach Inspekteur der Marine |
12 | VADM Dieter Franz Braun | 1990 | 1993 | |
11 | VADM Klaus Rehder | 1986 | 1990 | |
10 | VADM Hans-Joachim Mann | 1985 | 1986 | danach Inspekteur der Marine |
9 | VADM Günter Fromm | 1978 | 1985 | längste Dienstzeit als „Flottenchef“ in der deutschen Marinegeschichte |
8 | VADM Hans-Helmut Klose | 1975 | 1978 | |
7 | VADM Paul Hartwig | 1972 | 1975 | |
6 | VADM Armin Zimmermann | 1970 | 1972 | danach Generalinspekteur der Bundeswehr |
5 | VADM Karl Hetz | 1966 | 1970 | |
4 | VADM Heinrich Gerlach | 1963 | 1966 | |
3 | Konteradmiral Karl E. Smidt | 1961 | 1963 | erster Flag Officer Germany |
2 | KADM Rolf Johannesson | 1957 | 1961 | anfangs Flottillenadmiral |
1 | Flottillenadmiral Max-Eckhardt Wolff | 1956 | 1957 | Führte das Kommando der Seestreitkräfte kommissarisch, anfangs als Kapitän zur See |
[Bearbeiten] Verweise
[Bearbeiten] Wikilinks
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Lars Jährling, Ein halbes Jahrhundert erfolgreicher Wandel, Fünfzigjähriges Bestehen des Flottenkommandos, in: Marineforum 9-2006 S.26ff (Teil I) und Marineforum 10-2006 S.48ff (Teil II)
- ↑ Rolf Johannesson, Offizier in kritischer Zeit, Herford und Bonn 1989, S.123; ISBN 3-8132-0301-8
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