Vergesslichkeit

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Vergesslichkeit ist nicht nur eine menschliche Eigenschaft (im Sinne des Zitats: „Hach, was bin ich nur vergesslich“, Eduard Künnekes Operette Liselott; u.v.a.m.) sondern auch eine notwendige Fähigkeit des Gehirns.

Vergesslichkeit ist normal. Auch wenn es zunächst unlogisch klingt: Das Gedächtnis (die Fähigkeit, sich an einzelne Ereignisse, an Erlebtes zu erinnern) funktioniert nur, wenn es Vergesslichkeit gibt. Eine Ausnahme sind einige vom Savant Syndrom betroffene Personen, die nicht in der Lage sind zu Vergessen, aber ein perfektes Gedächtnis haben.

Allerdings kann sie auch Symptom einer Vorstufe krankhaften Intelligenzabbaus (des Alterssyndroms) sein. Als Symptom gilt sie jedoch erst bei einer länger als sechs Monate anhaltenden veränderten Gedächtnisleistung, die auch für Dritte beobachtbar ist (und nicht, wenn immer wieder einmal „Kleinigkeiten“ wie ein Passwort, ein Termin oder ein Einkauf entfallen).

Lurija und Vester wiesen ziemlich als Erste darauf hin: Könnte das Gehirn nicht, relativ automatisch, etwas vergessen, müsste dort jede Wahrnehmung verarbeitet werden. Und zwar lebenslang, dauerhaft. Jede Reaktion auf einen Reiz erfordert zuerst einen Vergleich des Neuen mit früheren Reizen, ob tatsächlich etwas neu ist - etc. Die notwendige Zahl der Neuronen-Verknüpfungen würde schnell in unvorstellbare Größenordnungen anwachsen. Weit über die Kapazität der zahlreichen Gehirnzellen hinaus. Diese neuronale Arbeit wird durch Vergesslichkeit „gespart“ und damit Gehirnleistungskapazität für unbewusste (z. B. Reflexe) und bewusste Denkprozesse bereitgestellt.

Mehrspeichermodell des menschlichen Gedächtnisses
Mehrspeichermodell des menschlichen Gedächtnisses

Aus allen drei Speicherarten (einem wichtigen Modell der Neurowissenschaft) des Gehirns gibt es stets auch einen Ausweg für „überflüssige“ Informationen in den Papierkorb der Vergesslichkeit: Sensorischer Speicher (Eingangsfilter), Arbeitsgedächtnis (früher Kurzzeitgedächtnis genannt), Langzeitgedächtnis können vergessen.

Allerdings können wir nicht willentlich etwas vergessen. Durch das Denken daran werden die entsprechenden Neuronen-Verbindungen aktiviert und es tritt genau das Gegenteil ein. Der Beitrag der Psychoanalyse zur Verdrängung widerspricht dem nicht.

Sozialpsychologisch ist der Ansatz von Harald Welzer u. a. recht gut fundiert, der sagt, dass nicht die Realität sondern die wiederholte Bearbeitung von Erinnerungen unseren Eindruck von der Wirklichkeit stets neu schafft. Erwünschtes (individuell oder sozial) wird so teilweise zur Erklärung von Vergessen oder Behalten.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Erklärungsmodelle:

Es gibt verschiedene Ursachen für unerwünschten Gedächtnisverlust. Sie wirken evtl. nebeneinander:

  • Der häufigste Grund ist Stress. Zu hohe Konzentrationen des Stresshormons Cortisol schädigen wahrscheinlich die Nervenzellen.
  • Störungen beim Aufnehmen von Informationen
  • Auch das Alter mit seinem Gewebsverlust wird in der Gerontologie bzw. Biogerotologie, seit langem angeschuldigt. Dieser Annahme widerspricht allerdings der relativ hohe Anteil über 90-Jähriger, der nicht an Alzheimer o. ä. erkrankt. Genaueres erhofft sich zur Zeit die gentechnische Untersuchung der Ursachen der Alzheimer-Krankheit.
  • Drogen, Medikamente und Alkohol können unsere Speicher- und Erinnerungsfähigkeiten angreifen.
  • auch Ernährungs-Mangel ist als eine Ursache zunächst vorübergehender verminderter Gedächtnisleistung im Sinne eines Delirs nachgewiesen, wenn erneut Nahrungszufuhr erfolgt.
  • Sicher ist auch, dass sich Depressionen negativ auswirken - ohne diesen Zusammenhang quantifizieren zu können.
  • Die Interferenztheorie geht von der Überlagerung oder Störungen durch neue Informationen aus.
  • Die Theorie des Kanadiers Endel Tulving, die HERA-Theorie (Hemispheric Encoding and Retrieval Asymmetry)

Wieweit eine kumulative Wirkung verschiedener Ursachen vorliegt, ist nicht erforscht. Weder auf der Individualebene noch allgemein.

[Bearbeiten] siehe auch:

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks

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