Johannes Bockenrod

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Johannes Bockenrod (* ca. 1488; † ca. 1536) war ein deutscher Poet und Theologe. Er war ein nicht sehr bekannter, aber für die spätmittelalterliche Bistumsgeschichtsschreibung bedeutender Humanist.

Sein Geburtsdatum lässt sich wohl nicht mehr feststellen, da bei der Zerstörung seiner Heimatstadt Worms im Jahre 1689 auch der größte Teil des Stadtarchivs zugrunde ging. Auch der Ort seiner Ausbildung ist unbekannt. Sicher belegt jedoch ist ein Aufenthalt in Köln von 1513 bis 1517.

N. Fickermann veröffentlichte Figurengedichte und den bisher einzigen Brief, der Bockenrod zugeschrieben werden kann. Inzwischen fanden sich in einer Darmstädter Handschrift noch weitere Figurengedichte und ein zweiter Brief, der aber wohl nicht von Bockenrod selbst stammt. Der größte Teil der Werke Bockenrods ist ungedruckt in zwei gleichlautenden Handschriften überliefert. Die eine davon befindet sich in der Bayerischen Staatsbibliothek in München, die andere im Bayerischen Staatsarchiv Würzburg.

Dank zweier „Vorworte“, die sich in den Handschriften befinden, erfahren wir nicht nur, von welcher Absicht er sich bei der Abfassung seiner Bistumskataloge leiten ließ, sondern zugleich von zeitgenössischen Zuträgern und Geschichtsschreibern, zu denen Wilhelm Werner von Zimmern und der bekannte Domdekan Lorenz Truchseß von Pommersfelden zählen.

Auch auf dem Gebiet der Musik hat Bockenrod einiges geleistet (Köln war zu seiner Zeit ein Zentrum der Musikwissenschaft, so dass man von einer „Kölner Schule“ sprechen kann.) Als dichterische Form bevorzugte Bockenrod die Ode, wobei der Einfluss Celtis' unverkennbar ist, auf dessen Anregung hin und unter dessen wissenschaftlicher Wegweisung Kompositionen über die 19 Oden und Epoden des Horaz entstanden.

[Bearbeiten] Quellenkritische Untersuchung zu Johannes Bockenrods Bistumschroniken

Die Vorworte Bockenrods zu seinen Bischofschroniken

Der größte Teil des literarischen Nachlasses von Johannes Bockenrod besteht aus Bischofschroniken und Bischofskatalogen, gereimt und in Prosa, zu denen er Vorworte verfasste. Als Praefatio I[1] wird im Folgenden die Einleitung zu den Bischofschroniken bezeichnet; die zu den in Versen verfassten Bischofskatalogen als Praefatio II[2]. Das geschieht entsprechend der Reihenfolge ihrer Entstehung. Die Bischofskataloge entstanden, wie aus der Praefatio I hervorgeht, vor den Bischofschroniken. Sind die in der Praefatio II gemachten Aussagen Bockenrods über die Quellen und Kontribuenten auch zunächst nur für die Bischofskataloge zu verstehen, so zeigt ein Vergleich beider Werke, dass Bockenrod dieselben Bischofslisten seiner Gewährsleute auch für die Bischofschroniken benützt hat. In welchem Maße er darüber hinaus von denselben weiteres Quellenmaterial wie z.B. Auszüge aus Bistumschroniken erhalten hat, lässt sich nicht feststellen. Die Praefatio I ist für die Frage nach den Quellen, aus denen Bockenrod geschöpft hat, kaum von Bedeutung. Aber wir erfahren von ihm die Motive, die ihn zur Abfassung der Bischofschroniken bewogen haben. In dieser Einleitung entwickelt Bockenrod nämlich die theologische Begründung für sein Werk. Immer wiederkehrender Begriff ist die „Ordnung“, welche allerorts ins Wanken geraten ist. Eng damit verknüpft wird die Frage des Primats und des Gehorsams gegenüber den Bischöfen. Er begründet seine Ansicht durch aristotelische und biblische Zitate. Bockenrod verschließt seine Augen aber nicht gegenüber den beklagenswerten Zuständen seiner Zeit. Vor allem bedauert er, dass die Priester auf die Geschichtsschreibung und die Dinge des täglichen Lebens so wenig Wert legen, stattdessen dem Kartenspiel und Trinken umso mehr huldigen[3]. Da die Praefatio II wichtige Informationen über seine Gewährsleute enthält, ist die Wiedergabe des vollen Wortlautes gerechtfertigt. Ich werde den Inhalt des Textes allerdings paraphrasieren. Denn eine wörtliche Übersetzung ist überflüssig, da ein Großteil des Textes nur eine Aufzählung von Namen ist.

Bockenrod rechtfertigt sich zunächst dafür, dass er in seiner Wormser Bistumschronik die „cives Wormatienses“ als „Vangiones“ und die „cives Spirenses“ als „Nemetes“ bezeichnet hat. Denn er weiß um die Meinung, wonach die „Nemetes“ als „Wormatienses“ und die „Vangiones“ als „Spirenses“ bezeichnet werden. Und seine „Gegner“ führen gegen ihn Ptolemäus an. Diese Auseinandersetzung hat es ihm 15./16. Jahrhundert in der Tat gegeben, aber sie ist gegen Bockenrods Widersacher ausgegangen. Interessant ist, dass er für seine Ansicht Reuchlin als Autorität anführt. Danach geht er auf die mögliche Frage ein, warum er im Katalog der Speyerer Bischöfe Jesse nicht aufgenommen habe. Und eine letzte Vorbemerkung bezieht sich auf seinen Kölner Bischofskatalog, in welchem Kunibert an 7. Stelle und nicht- wie in anderen Katalogen – an 10. Stelle steht. Diese Vorüberlegungen zeigen, dass Bockenrod nicht kritiklos irgendwelche Kataloge seinem Werk zugrunde gelegt hat. Und was die von ihm geäußerten Ansichten angeht, so sind diese im Laufe der Zeit bestätigt worden. In Bezug auf den Kölner Katalog ist Bockenrods Bischofsliste zudem ein wichtiger Zeuge für einen inzwischen verbrannten Text[4]. Und jene, auf die er sich stützt, so führt er weiter aus, sind keineswegs von niederem Stande, wie das auch die folgenden Namen beweisen.

Als ersten Gewährsmann nennt er Bischof Philipp von Flersheim, über den wir insgesamt gut unterrichtet sind. Bedauerlich ist indessen, dass das reichlich vorhandene Material im Generallandesarchiv Karlsruhe bisher zum großen Teil unerschlossen blieb. Als Bischof regierte er von 1529-1552. Von ihm erhielt Bockenrod einen Katalog der Bischöfe Speyers, in dem Jesse nicht aufgeführt war. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um die „Nomina episcoporum ecclesie Spirensis“ aus dem Lehenbuch von Bischof Matthias von Rammung, der dann – von anderen Händen – bis 1529 fortgesetzt wurde.

Den Katalog der Kölner Bischöfe erhielt er durch Reinhard von Leiningen-Westerburg, der von 1530–1540 Domdekan in Köln war und auch dem Mainzer Domkapitel angehört hat. Nachrichten über ihn müssen aus vielen Einzelquellen bezogen werden. Anders ist die Situation in Bezug auf Lorenz Truchsess von Pommersfelden. Aus seinem literarischen Nachlass besitzen wir u.a. auch einen Katalog der Bamberger Bischöfe, der aber von Bockenrod so nicht übernom¬men wurde. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Bockenrod und C.Bruschius Bischof Berthold von Leiningen als „Leopold“ von Leiningen bezeichnen[5]. Wilhelm Werner von Zimmern hat das Bistum in seiner Sammlung der Bischofschroniken nicht aufgenommen.

In diesem Vorwort beschreibt Bockenrod den Personenkreis, der sich gleich ihm für Bistums¬geschichte interessierte bzw. sich darum verdient gemacht hatte. Diese Gelehrten bildeten oftmals selbst wieder das Zentrum gleichgesinnter Persönlichkeiten. Dabei sei z.B. an Lorenz Truchsess von Pommersfelden und Wilhelm Werner von Zimmern erinnert.[6] Zu diesen kamen noch weitere Gelehrte aus der Kölner Zeit von 1513 und 1535 hinzu. Namentlich bekannt sind Simon von Spiegelberg[7], Ortwin Gratius und Friedrich Nausea. Bei diesen handelt es sich um dichterisch bzw. musikalisch interessierte Personen, mit denen Bockenrod wissenschaftliche Kontakte pflegte.

Gegen Ende des Vorwortes wird Bockenrods Grundeinstellung deutlich, wenn er, nicht nur aus stilistischen Gründen, drei Sprichwörter zitiert, welche auch heute noch bekannt sind[8], wobei er sich auf Baptista Platina und Robert Gaguin beruft.

[Bearbeiten] Verweise

  1. Ms. Nr. 7, fol. 235r – 238v = Cod. Lat. 1317, fol. 193r – 196r.
  2. Ms. Nr. 7, fol. 331v – 332v = Cod. Lat. 1317, fol. 291v – 292v.
  3. Ms. Nr. 7, fol. 238r.
  4. Vgl. Anm. 81: F. W. Oediger, S.19*, Katalog II. Erhalten nur in Abschrift des 17 Jahrhunderts (Stadtarchiv Köln, Farr. Gelenii XXIX 45 – 51).
  5. Diese Namensgebung kommt nicht, wie einige meinen, erstmals bei Bruschius vor
  6. Es kristallisieren sich -unter geographischem Gesichtspunkt betrachtet- Worms/Ladenburg, Speyer und Mainz heraus.
  7. Vgl. Über ihn N. Fickermann, a.a.O., S.41
  8. Vgl. In diesen wird dazu aufgefordert, über Abwesende oder gar über Verstorbene nicht abfällig zu sprechen. Diese irenische Haltung unterscheidet sich von der J. Wimphelings, der sich in seinem Widmungsbrief zum Katalog der Straßburger Bischöfe nicht scheut, auch auf deren Schwächen einzugehen<ref> Vgl. Otto Herding/Dieter Mertens (Hrsg.): Jakob Wimpfeling, Briefwechsel, 2 Bde, München 1990, Bd. 2, S. 612 f.</li></ol></ref>

    [Bearbeiten] Literatur

    • Zu seinen Werken vgl. VD 16, Bockenrode, Johannes. Eine bisher unbekannte Schrift Johannes Bockenrods befindet sich in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel unter der Signatur 472.3 Quod. Es handelt sich dabei um ein Lob auf Wien und erschien 1533 im Druck bei Quentel in Köln, hrsg. von Ortwin Gratius.
    • Löbbert, Bernhard: Johannes Bockenrod (von 1488 bis ca. 1536). Dichter, Historiker, Theologe, in: Der Wormsgau 23 (2003), S. 109-125.
    • Ders.: Geschichtliche Quellen zur Stadt und zum Bistum Worms. Handschriften aus dem Hessischen Staatsarchiv Darmstadt, in: Archiv für hessische Geschichte 62 (2004), S. 293-300.
    • Fickermann, N. in: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 83 (1961/62), 36-46.