De-facto-Regime
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Als De-facto-Regime wird in der Politikwissenschaft ein Herrschaftsverband dann bezeichnet, wenn durch die faktische und dauerhafte hoheitsförmige Gewalt einer aufständischen Gruppe oder Partei ein Grad an Stabilität erreicht wird, der dem eines Staates gleich kommt, jedoch ihm weitgehende internationale Anerkennung aus unterschiedlichen Gründen verweigert wird. Die Merkmale eines Staates sind nach der Drei-Elemente-Lehre Georg Jellineks das Staatsgebiet, das Staatsvolk und die Staatsgewalt. Die Anerkennung, die teilweise als viertes Element aufgeführt wird, hat nach der herrschenden Meinung keine konstituierende, sondern nur deklaratorische Wirkung.
Verschiedentlich wird angeführt, eine Anerkennung eines „stabilisierten“ De-facto-Regimes bedeute eine unzulässige Einmischung in die Angelegenheiten des Staates, auf dessen bisher anerkanntem Gebiet sich das De-facto-Regime befindet. Dagegen wird eingewandt, dass sich das Staatswesen dieses Staates gar nicht mehr auf das Gebiet des anzuerkennenden Staates erstrecke.
Die Anerkennung eines De-facto-Regimes de jure ist keine Voraussetzung für seine Staatlichkeit. Das Fehlen der Anerkennung berührt folglich seinen völkerrechtlichen Status als Staat nicht, sondern bedeutet allein eine faktische Einschränkung der außenpolitischen Handlungsspielräume.
Gründe für die Nichtanerkennung sind zumeist politischer oder wirtschaftlicher Natur. So führt die weltweit überwiegend akzeptierte Ein-China-Politik der Volksrepublik China dazu, dass der Republik China die Anerkennung seit 1972 entzogen wurde, obwohl diese de facto weitgehend zweifelsfrei ein eigenständiger Staat ist. Der Status Taiwans blieb bis heute ungeklärt und spiegelt sich im Taiwan-Konflikt wider.
[Bearbeiten] Beispiele
Folgende Herrschaftsverbände werden verschiedentlich als Beispiele für De-facto-Regime genannt:
- Abchasien wird von den Vereinten Nationen als Teil Georgiens betrachtet
- Bergkarabach wird von den Vereinten Nationen als Teil Aserbaidschans betrachtet
- Die Republik China (Taiwan) wird von den Vereinten Nationen nicht anerkannt, aber von 23 Staaten offiziell anerkannt
- Kosovo wurde von einigen Staaten offiziell anerkannt, nicht aber vom bisherigen Mutterland Serbien und wird von den Vereinten Nationen als Teil Serbiens betrachtet
- Die Türkische Republik Nordzypern wird von den Vereinten Nationen als Teil der Republik Zypern betrachtet und nur von der Türkei als unabhängig anerkannt
- Somaliland wird von den Vereinten Nationen nicht anerkannt
- Südossetien wird von den Vereinten Nationen als Teil Georgiens betrachtet
- Transnistrien wird von den Vereinten Nationen als Teil Moldawiens betrachtet
[Bearbeiten] Siehe auch
- Konvention von Montevideo
- Liste der von den Vereinten Nationen nicht als selbständige Staaten anerkannten Gebiete
[Bearbeiten] Literatur
- Jochen Abr. Frowein: Das de-facto-Regime im Völkerrecht: Eine Untersuchung zur Rechtsstellung „nichtanerkannter Staaten“ und ähnlicher Gebilde. Carl Heymanns Verlag, Köln 1968.
- Noelle Quénivet: Konstituierung staatsähnlicher Gebilde? Fallbeispiele aus der ehemaligen Sowjetunion. In: Volker Epping, Hans-Joachim Heintze (Hrsg.): Wiederherstellung staatlicher Strukturen in Nach-Konflikt-Situationen. Berliner Wissenschafts-Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-8305-1195-3, S. 139–169.
- Michael Schoiswohl: Status and (Human Rights) Obligations of Non-Recognized De Facto Regimes in International Law: The Case of „Somaliland“. Martinus Nijhoff, Leiden 2004, ISBN 90-04-13655-X.