Asylkompromiss

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Am 6. Dezember 1992 einigten sich in Deutschland unter dem vierten Kabinett Helmut Kohl die Parteien CDU, CSU, FDP und SPD auf den unter Druck improvisierten Asylkompromiss und damit auf eine Änderung des Grundgesetzes. Die Möglichkeiten, sich erfolgreich auf das Asylrecht zu berufen, wurden dadurch eingeschränkt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichtlicher Ablauf

1992 war die Zuwanderung auf 1.219.348 Zuzüge angestiegen. Unter den Zugezogenen befanden sich fast 440.000 Asylbewerber. Die hohen Antragszahlen führten zu einer zunehmend langen Verfahrensdauer und verursachten erhöhte Kostenlasten bei den Kommunen für Unterbringung und Versorgung während des Asylverfahrens.1992 schnellten die deutschen Asylbewerberzahlen in die Höhe, die Migranten kamen vor allem aus dem damals sich im Bürgerkrieg befindenden Jugoslawien. Teile der deutschen Bevölkerung empfanden die Zahl der in die Bundesrepublik Deutschland einreisenden Flüchtlinge und Asylbewerber als zu hoch. Abweisende Gefühle wurden in der öffentlichen Wahrnehmung möglicherweise auch durch die sprunghaft angestiegenen Antragszahlen unterstützt und den Anstieg der Straftaten in Westdeutschland 1992 von 25% gegenüber 1990, der teilweise mit der problematischen Sozialstrukur vieler Asylbewerber zusammenhing. Da nur 4,25 Prozent der Anträge tatsächlich positiv beschieden wurden, wirkte sich der hohe Anteil nicht asylberechtigter Antragsteller negativ auf die Akzeptanz des Asylgrundrechts in Teilen der Bevölkerung aus, tatsächlich sprach die niedrige prozentuale Zahl der Asylgewährungen im Vergleich zu den Anträgen aber dafür, dass eine massive Kontrolle und strenge Beschränkung des Zuzugs durch Asylgewährung vorlag. Dem hielten Kritiker der alten Asylgesetzgebung entgegen, dass viele Asylbewerber auch nach Ablehnung in Deutschland blieben oder untertauchten. Das Thema wurde wiederholt kontrovers diskutiert, wobei es auch von rechtsradikalen Gruppen und reisserischen Medienbeiträgen populistisch ausgebeutet wurde. Am Thema Asylmissbrauch entzündete sich dann eine heftige politische und gesellschaftliche Auseinandersetzung betreffend der Ausländer- und Asylpolitik. Verschiedene Gruppen fürchteten eine Bedrohung für den sozialen Frieden oder legten diese nahe. Solche diffusen Ängste artikulierten sich nicht nur verbal sondern äußerte sich auch in fremdenfeindlichen Verbrechen, was wiederum Trittbrettfahrer anspornte, die geschürten Ängste als Anlass für ihr kriminelles Verhalten vorzuschützen. Es kam zu teilweise tödlich verlaufenden Brandanschlägen und schweren Ausschreitungen vor allem gegen Asylbewerberunterkünfte und deren Bewohner. Zahlreiche Einheimische drückten zeitgleich ihre Solidarität mit den Opfern und Bedrohten in Form von Kundgebungen und Lichterketten aus.

Angesichts der Eskalationen stimmten FDP und SPD nach höchst kontroversen innenpolitischen Diskussionen einer Änderung des Grundrechts auf Asyl zu. Im Juni 1993 trat die über den Asylkompromiss erzielte Asylrechtsreform in Kraft.

[Bearbeiten] Inhalt des Asylkompromiss

Durch den Asylkompromiss wurde der Zugang zum politischem Asyl stark eingeschränkt. Der Kompromiss ruht auf drei Säulen:

1. Prinzip der sicheren Drittstaaten: Wer aus einem als sicherer Drittstaat klassifiziertem Land nach Deutschland einreist, kann sich nicht mehr auf das Grundrecht auf Asyl berufen, wobei alle Deutschland unmittelbar umgebenden Länder unter diese Klassifizierung fallen. Bei einem Aufgriff an der Staatsgrenze oder in Grenznähe kann die Person sofort zurückgeschickt werden.

2. Prinzip der sicheren Herkunftstaaten: Stammt eine Person aus einem sicheren Herkunftsstaat, erfolgt in der Regel die Ablehnung des Asylantrages. Die sicheren Herkunftstaaten werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgelegt.

3. Flughafenregelung: Eine Einwanderung mit Asylberechtigung ist somit nur per Flugzeug möglich, da sonst immer über einen sicheren Drittstaat eingewandert wird. Hierbei werden aber Schnellverfahren im Transitbereich des Frankfurter Flughafens mit eingeschränkter materieller Prüfung durchgeführt, damit die Asylbewerber erst gar nicht Einwohner werden können, sondern direkt zurück geschickt werden.

[Bearbeiten] Verfassungsrechtliche Beurteilung des Asylkompromiss

Auch nach ihrem Inkrafttreten war die Grundgesetzänderung noch umstritten. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte am 14. Mai 1996 mit drei Urteilen die Verfassungsmäßigkeit der Grundgesetzänderung als auch der sich daraus ergebenden einfachgesetzlichen Bestimmungen.

[Bearbeiten] Folgen

In der Folge des Asylkompromisses und dem Endes des Jugoslawien-Krieges kam es zu einem deutlichen Rückgang der Asylbewerberzahlen. Binnen zweier Jahre sank diese auf rund 127.210 Bewerber, 1995 folgte ein erneuter Anstieg auf 166.951, in Folge sank die Zahl bis auf eine Ausnahme jedes Jahr bis heute. Im Jahr 2006 (2007) wurden nur noch 30.100 (19.164) Anträge gestellt, von denen nur 251, also 0,8% (2007: k.A.) als berechtigt anerkannt wurden (laut BAMF).

Eine Studie des KFN[1] kam zu folgendem Ergebnis:

"Die oben beschriebene Reduzierung der Zuwanderung von Asylbewerbern von über 400.000 im Jahr 1992 auf ca. 115.000 im Jahr 1996 hat dazu geführt, daß sich die Sozialstruktur der in Deutschland lebenden Ausländer in den letzten Jahren stabilisiert hat. [...] Es überrascht deshalb nicht, daß die polizeilich registrierte Kriminalitätsbelastung der Ausländer sinkt, seitdem der "Import von Armut" durch die neue Asylgesetzgebung drastisch verringert wurde."

[Bearbeiten] Siehe auch

Asylrecht (Deutschland)

[Bearbeiten] Literatur

  • Herbert, Ulrich : "Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland: Saisonarbeiter, Zwangsarbeiter, Gastarbeiter, Flüchtlinge", München: Beck,2001.