St. Lambertus (Erkelenz)
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Die dem Heiligen Lambertus geweihte katholische Pfarrkirche zu Erkelenz hatte drei Vorgängerbauten, deren erster ein fränkischer Saalbau war und Anfang des 11. Jahrhunderts zu einem romanischen Längsbau erweitert wurde, der seinerseits einem im Jahre 1418 konsekrierten und im Zweiten Weltkrieg zerstörten gotischen Kirchenschiff wich. Der 83 Meter hohe Kirchturm ist im Jahre 1458 im Stil flandrischer oder brabanter Türme erbaut worden.
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[Bearbeiten] Baugeschichte
[Bearbeiten] Frankenzeit
Als man Ende 1947 mit dem Neubau des heutigen Kirchenschiffs begann, wurden bei Ausgrabungen die Grundmauern älterer Kirchenbauten erkennbar, die innerhalb der zerstörten Kirche lagen. Das innerste, in etwa Ost-West ausgerichtete Bauwerk war eine fränkische Saalkirche, die ein Rechteck von doppelter Länge wie Breite bildete und der sich im Osten ein rechteckiges Chor anschloss.
Die Fundamentmauerwerke bestanden aus Quarzitsandsteinen und Sandsteinquadern bis zu einem halben Meter Kantenlänge, die zum Teil präzise ausgearbeitete Dübellöcher von zehn mal zehn Zentimeter Größe aufwiesen, was ihre vorherige anderweitige Verwendung belegt. In diesen Fundamenten kamen vereinzelt Bruchstücke von römischen Ziegeln vor.
Innerhalb des Rechteckchores fanden sich zwischen drei von der planmäßigen Auffüllung des Geländes herrührenden Lehmschichten zwei verschiedene Schichten aus Holzkohle und unter einer Mörtelpfanne eine weitere Schicht aus Lehm wie er als Stakwerk beim Fachwerkbau verwendet wurde. Diese Lehmschicht war durch Feuer auch von oben her rot gefärbt. In ihr lagen zwei Gefäßscherben, deren eine mit Wulstrand und eingestempelten Mustern Badorfer Keramik war. Da die Mörtelschicht mit dem Rechteckchor in Verbund stand, war sie zusammen mit ihm angelegt worden, so dass der Schluss naheliegt, dass die tiefergelegene Stakwerkschicht von einem älteren Bauwerk, möglicherweise von einer Kapelle, herrührt. Darunter stieß man auf die beigabenlose Füllung eines Grabschachtes mit wenigen Skelettresten und Teilen einer Holzbohle auf der Sohle des Schachtes.
[Bearbeiten] Romanische Erweiterung
Wie die weiteren Ausgrabungen ergaben, war der fränkische Saalbau in romanischer Zeit durch Anfügen zweier Seitenschiffe, einer Apsis, die das alte Rechteckchor ganz umfasste, und kleinerer Anbauten zu einem Längsbau erweitert worden. Nahe dem Rechteckchor lagen vor der Stirnwand des nördlichen Seitenschiffes Bruchstücke eines römischen Estrichbodens. Im Westen hatte man auf dem Fundament des alten Saalbaus außen einen im Grundriss quadratischen Turm angefügt, dessen Fundamente wiederum mit Quarzitsandsteinen erbaut waren, zwischen denen größere Bruchstücke von römischen Dachziegeln vorkamen. Im Aufgehenden war das Mauerwerk des Turmes mit Tuffquadern verblendet, sein Sockelprofil wies auf das 11. Jahrhundert hin. Kirchwärts lagen noch Reste des romanischen Fußbodens aus quadratischen Tonfliesen und darauf eine dünne Brandschicht. Als Baumaterial für die Apsis hatte man zum Teil Basen und Kapitelle verwendet, deren einfache Ausführung hingegen auf das 12. Jahrhundert schließen ließen. Alle Fundamente, sowohl die des fränkischen Saalbaus als auch die des romanischen Längsbaus, waren über einem älteren Gräberfeld mit Holzsargbestattungen errichtet worden.
[Bearbeiten] Gotischer Neubau
Als die Stadt im Jahre 1371 erobert und zum Teil zerstört wurde, hatte vermutlich auch das Schiff der romanischen Kirche Schaden genommen, so dass unter Beibehaltung des romanischen Turmes ein gotischer Neubau an seine Stelle trat, der 1418 konsekriert und 1482 noch einmal mit einem Chorumgang erweitert wurde. Zwar brannte bei dem großen Stadtbrand von 1540 das Dach ab, doch sollte dieses Kirchenschiff bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges mehr als 500 Jahre überdauern.
Im Jahre 1457 war der alte Turm eingestürzt und ein Jahr später hatte man weiter westlich neben den alten Turmfundamenten mit dem Bau des heute noch erhaltenen Turmes begonnen. Zwei in Stein gemeißelte Inschriften geben darüber Auskunft, eine kurzgefasste in lateinischer Sprache außen neben dem Portal und eine etwas ausführlichere in niederdeutscher Sprache innen in der Turmhalle. Letztere lautet: „In den jaren ons heren MCCCCVII des eirsten dags nae sent peter und pauwels dach toe IV uren veil hie eyn tore ned ind des andere jairs op de selne dach wart dese begonden weder.“ (In den Jahren unseres Herrn 1457 am ersten Tag nach Sankt Peter und Pauls Tag gegen vier Uhr fiel hier ein Turm nieder und im anderen Jahr am selben Tag war dieser begonnen worden.)
Der siebengeschossige Turm ist 83 Meter hoch, seine Mauern teilweise mehr als drei Meter mächtig und im Stil flandrischer oder brabanter Türme aus Backsteinen mit hellen Blausteinbändern erbaut. Nachdem schon im 18. Jahrhundert ein Blitz die damals hölzerne Turmspitze abgebrannt hatte, fiel sie bei einem schweren Schneesturm im Februar 1860 von einem Blitz getroffen erneut dem Brand zum Opfer. Seit 1883 besteht sie aus einem Eisengerüst, das mit dünnen Kupferplatten verkleidet ist.
Auch das Mittelalter über bis zur Anlage des Friedhofs außerhalb der Stadt im Jahre 1825 war die Kirche Begräbnisplatz gewesen. Die Toten wurden auf dem rund um die Kirche gelegenen Kirchhof beigesetzt und auf der Nordseite der Kirche stand ein früher übliches Beinhaus, in dem zwecks Neubelegung die Gebeine aus alten Gräbern gesammelt und aufgetürmt wurden. Vornehme Bürger bestattete man auch unter dem Fußboden in der Kirche. Übereinanderliegende Mehrfachbestattungen waren häufig. Zwei heute in der Westwand der Seitenschiffe eingemauerte Grabplatten geben von den „Kirchenleichen“, wie man sie nannte, Zeugnis.
[Bearbeiten] Kriegszerstörungen und Wiederaufbau
In den letzten Monaten des Zweiten Weltkrieges erhielt der Kirchturm, in dem sich hoch oben ein Beobachtungsposten und zeitweilig auch eine Funkabteilung der Wehrmacht befanden, bei einem Luftangriff auf die Stadt im Dezember 1944 die ersten Treffer. Bei einem weiteren Luftangriff im Januar 1945 wurde das Chor der Kirche stark beschädigt. In den letzten Tagen dieses Krieges, der in Erkelenz im Februar 1945 zu Ende ging, sollte die reich ausgestattete Kirche mit ihrem monumentalen Turm von Pioniereinheiten der deutschen Wehrmacht, die sich auf dem Rückzug von der Rurfront befand, aus militärischen Gründen gesprengt werden. Letztlich nahm man Abstand von diesem Vorhaben, aber schon wenige Tage später fiel die Kirche am 23. Februar 1945 dem vierten und schwersten Luftangriff auf die Stadt zum Opfer. Das Kirchenschiff wurde durch mehrere Bombenvolltreffer im Inneren vollständig zerstört und die Westseite des Turmes unterhalb der Hauptgalerie über zwei Stockwerke aufgerissen. In den folgenden Tagen lag er immer wieder unter alliiertem Granatbeschuss, der sein Mauerwerk weiter zerstörte.
Im Januar 1946 begann die Enttrümmerung der Kirche durch mehr als hundert freiwillige Helfer. Der schwer beschädigte und dem Einsturz nahe Kirchturm konnte noch in jenem Jahr durch den Einzug von drei Betondecken gesichert werden. In den Jahren von 1952 bis 1964 erfolgten umfangreiche Wiederherstellungsarbeiten am Mauerwerk und an den Galerien.
Pläne, das zerstörte Kirchenschiff wieder aufzubauen oder seine letzten Reste in einen Neubau mit einzubeziehen, wurden verworfen, so dass man den stehengebliebenen Chorumgang und die Südwand im Jahre 1947 sprengte, um dem heutigen, umstrittenen neoromanischen Neubau zu weichen. Die Krypta unter dem Chor war Weihnachten 1948 fertiggestellt worden und im Chor selbst konnte Weihnachten 1950 die erste heilige Messe gefeiert werden. Nach Vollendung des Kirchenschiffs wurde das Gotteshaus im August 1954 geweiht.
[Bearbeiten] Kunstwerke
Im Turm hängen 5 Glocken mit der Tonfolge b°,des`,es`,f`,ges`. Älteste ist die Marienglocke, die der Glockengießer Jan van Treer 1535 gegossen hat, so die Inschrift auf der Glocke. Im neugebauten Kirchenschiff befinden sich neben anderen Kunstwerken, die aus der zerstörten Kirche gerettet werden konnten, der neugotische Hochaltar aus dem Jahre 1896, der siebenarmige und vier Meter hohe Marienleuchter aus vergoldetem Schmiedeeisen und Schnitzwerk aus dem Jahre 1517, das mehr als zwei Meter hohe Adlerpult, das in der Mitte des 15. Jahrhunderts in Dinant in Gelbguss hergestellt wurde, sowie eine spätgotische Kanzel aus der Zeit vor 1500, die ehemals in der 1802 von den Franzosen konfiszierten Leonhardkapelle gestanden hatte. Die große Oberlinger-Orgel aus dem Jahre 1978 im Altarraum besitzt 53 Register.
[Bearbeiten] Literatur
- Josef Gaspers, Leo Sels u.a.: Geschichte der Stadt Erkelenz, Erkelenz 1926, S. 104 ff.
- Jack Schiefer: Zerstörung und Wiederaufbau im Kreise Erkelenz, Grenzland-Verlag Heinrich Hollands, Aachen 1948, S. 10 ff.
- Edwin Pinzek: Erkelenz – Eine Stadt ändert ihr Gesicht, Bildband mit erläuternden Texten, Stadt Erkelenz 1966
- Josef Lennartz: Als Erkelenz in Trümmer sank, Stadt Erkelenz 1975, S. 56 ff., 95 ff.
- P.A. Tholen: Die Ausgrabungen in der Pfarrkirche St. Lambertus zu Erkelenz, in: Früher Kirchenbau im Kreis Heinsberg, Museumsschriften des Kreises Heinsberg Band 8, Heinsberg 1987, S. 206 f, ISBN 3-925620-02-8
[Bearbeiten] Weblinks
-
Commons: St. Lambertus (Erkelenz) – Bilder, Videos und Audiodateien
- Weitere Bilder aus dem Kircheninneren
Koordinaten: 51° 04′ 48″ N, 6° 18′ 56″ O