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Italienisch-Äthiopischer Krieg – Wikipedia

Italienisch-Äthiopischer Krieg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Der Italienisch-Äthiopische Krieg, auch als Abessinienkrieg bezeichnet, dauerte vom 3. Oktober 1935 bis zum 9. Mai 1936 und endete mit der Annexion Äthiopiens, dem damaligen Kaiserreich Abessinien und der Gründung der Kolonie Italienisch-Ostafrika, durch das faschistische Italien.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Vorgeschichte

Einen ersten, scheinbar erfolgversprechenden, Anlauf zur Unterwerfung Äthiopiens hatten die Italiener schon Ende des 19. Jahrhunderts unternommen. Nach dem Zusammenbruch der Herrschaft Ägyptens über Eritrea wegen des Mahdi-Aufstands im Sudan hatte Italien 1882 Assab und 1885 Massaua besetzt und damit einen ersten Krieg mit Äthiopien provoziert. Die Niederlage bei Dogali 1887 veranlasste Italien, 1889 dem Friedensvertrag von Wetschale (italienisch: Uccialli) zuzustimmen. Da Äthiopiens Kaiser Johannes IV. aber gerade im Krieg gegen den Sudan gefallen war, bedeutete vor allem dieser Vertrag für dessen Nachfolger Menelik II. eine wesentliche Hilfe bei der Anerkennung als Negus. Italien betrachtete Meneliks Äthiopien deshalb als Protektorat, annektierte noch im gleichen Jahr Somaliland und organisierte 1890 die Kolonie Eritrea. Daraufhin kündigte Menelik II. den Protektoratsvertrag, was 1893 oder 1894 zum erneuten Einfall italienischer Truppen und zu deren erneuter, diesmal schwerer wiegender Niederlage in der Schlacht von Adwa am 1. März 1896 führte.

Der italienische Diktator Benito Mussolini träumte seit seiner Machtergreifung davon, das Imperium Romanum wieder aufleben zu lassen und als Reichsgründer in die Geschichtsbücher einzugehen. Zur Verwirklichung seiner Ideen bot sich vor allem das Kaiserreich Abessinien an, da Italien hier mit seinen Kolonien Eritrea und Somaliland ohnehin schon den Küstenstreifen besetzt hielt und somit eine gute Aufmarschbasis hatte. Außerdem war nach dem Wettlauf um Afrika das Kaiserreich Abessinien zu dieser Zeit (neben Liberia, das aber unter Schutz der USA stand) das einzige noch freie Land Afrikas. Schon 1932 ließ Mussolini durch Emilio De Bono, einen Veteranen des Ersten Weltkriegs, die Schlagkraft der äthiopischen Armee erkunden. Im Dezember 1934 entschloss er sich nach dem Zwischenfall von Wal-Wal (Ogaden), bei dem 30 in italienischen Diensten stehende somalische Askaris von äthiopischen Grenztruppen getötet worden waren, zum Überfall auf Äthiopien.

[Bearbeiten] Verlauf

Am 3. Oktober 1935 drangen italienische Truppen (330.000 Soldaten und 87.000 Askaris) in Äthiopien ein. Italien hatte damit die größte nichtafrikanische Streitmacht, die jemals auf dem afrikanischen Kontinent aktiv war, aufgestellt.

Den Befehl übernahm der bereits als Kundschafter eingesetzte General Emilio De Bono. Den italienischen Truppen gelang es zwar schnell die wichtigen Städte Adwa und Aksum zu erobern, beim Vordringen in den gebirgigeren Teil Äthiopiens geriet der Angriff jedoch unerwartet ins Stocken. Am 10. Oktober verhängte der Völkerbund Sanktionen gegen Italien.Teilweise gingen die unterlegenen äthiopischen Truppen (große Teile kämpften barfuß!) sogar zum Gegenangriff über. Wegen der Misserfolge enthob Mussolini General de Bono nach nur 45 Tagen seines Amtes. Als Ersatz berief er Feldmarschall Pietro Badoglio. Badoglio gruppierte die Truppen um und befahl nun pausenlose Angriffe.

Die Entscheidung fiel aber erst, nachdem Italien auch vor dem Einsatz von Giftgas nicht zurückschreckte und die Bombardements aus der Luft ausweitete. Unter Bruch des von Italien mitunterzeichneten Genfer Protokolls kam es zu massiven Luftangriffen mit Senfgas. Dies war der erste Luftkrieg mit Gas in der Geschichte der Menschheit (und erst im Irakisch-Iranischen Krieg sollte es wieder zu einem sochen Einsatz von chemischen Kampfstoffen kommen). Italien setzte das Giftgas nicht nur gegen äthiopische Soldaten, sondern auch gegen die Zivilbevölkerung ein; ebenso wurden die landwirtschaftlichen Anbauflächen mit Senfgas attackiert. Ganze Dörfer wurden eingeäschert, es kam zu Massenerschießungen unter der einheimischen Bevölkerung. Die italienischen Verbände bombardierten zudem gezielt Lazarette des Roten Kreuzes und des Roten Halbmondes. Die Italiener nutzten dazu kartographisches Material, das das Rote Kreuz bei Kriegsbeginn an Rom übermittelt hatte, um so (versehentliche) Angriffe auf Hospitäler zu verhüten.

Obgleich damit eine neue Dimension kolonialer Gewalt erreicht wurde, nahm die westliche Welt davon kaum Notiz. Vergeblich trat Kaiser Haile Selassie persönlich vor dem Völkerbund auf und forderte Unterstützung; Italien war wegen der Proteste kurzerhand aus der Weltgemeinschaft ausgetreten. Am 5. Mai 1936 zog der italienische Feldmarschall Pietro Badoglio schließlich in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba ein und beendete so den Krieg. Am 4. Juli 1936 hob der Völkerbund seine Sanktionen gegen Italien auf, das am 11. Dezember 1937 trotzdem den Völkerbund verließ.

Siehe auch: Italienische Kriegsverbrechen in Afrika

[Bearbeiten] Auswirkungen

Die Verkündung des Sieges am 9. Mai 1936 vom Balkon des Palazzo Venezia aus, löste bei der italienischen Bevölkerung - der die Gräueltaten verheimlicht wurden - Freudenstürme aus. So wurde der Duce Benito Mussolini 42-mal von der Bevölkerung zurückgerufen, um ihn wegen des Sieges zu feiern. Der italienische König Viktor Emanuel III. wurde zum Kaiser von Äthiopien ernannt und der Befehlshaber der Südarmee in Äthiopien, Rodolfo Graziani, erhielt den Titel des äthiopischen Vizekönigs.

In der Folgezeit kam es in Äthiopien immer wieder zu Guerillaangriffen gegen die italienische Herrschaft. Italien setzte auch nach offiziellem Kriegsende noch Giftgas gegen Rebellen ein und ermordete zahlreiche Gefangene. Zwischen 1935 und 1941 fielen zwischen 350.000 und 760.000 Äthiopier dem brutalen Expansionsdrang des faschistischen Italiens zum Opfer. Die italienische Herrschaft endete im Zweiten Weltkrieg, als britische Truppen Äthiopien eroberten und der äthiopische Kaiser Haile Selassie im Mai 1941 wieder in Addis Abeba einzog.

[Bearbeiten] Zitate

„Wir pfeifen auf alle Neger der Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft und deren eventuelle Verteidiger. Es wird nicht lange dauern und die fünf Erdteile werden ihr Haupt vor dem faschistischen Willen beugen müssen.“

Benito Mussolini am 6. Juli 1935 in einer Ansprache an seine Soldaten

„Wir arbeiten mit Gott zusammen in dieser nationalen und katholischen Mission des Guten - vor allem in diesem Augenblick, in dem auf den Schlachtfeldern Äthiopiens die Fahne Italiens im Triumph das Kreuz Christi vorwärtsträgt.“

Alfredo Ildefonso Kardinal Schuster, Erzbischof von Mailand, am 9. Mai 1936 bei der Segnung der heimkehrenden Soldaten. Alfredo Ildefonso Schuster wurde am 12. Mai 1996 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen.

„Überall, unter allen Bäumen, liegen Menschen. Zu tausenden liegen sie da. Ich trete näher, erschüttert. An ihren Füßen, an ihren abgezehrten Gliedern sehe ich grauenhafte, blutende Brandwunden. Das Leben entflieht schon aus ihren von Yperit verseuchten Leibern.“

Dr. Marcel Junod, Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz: Kämpfer beiderseits der Front; Europa-Verlag Zürich/Wien 1947

[Bearbeiten] Literatur

  • Giulia Brogini Künzi: Italien und der Abessinienkrieg 1935/36. Kolonialkrieg oder Totaler Krieg?, Paderborn: Schoeningh 2006, ISBN 3506729233 (Rezension)
  • Aram Mattioli: Experimentierfeld der Gewalt - Der Abessinienkrieg und seine internationale Bedeutung 1935-1941, Orell Füssli Verlag 2005, ISBN 3-280-06062-1 (Rezension)
  • Aram Mattioli: Entgrenzte Kriegsgewalt. Der italienische Giftgaseinsatz in Abessinien 1935–1936. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte (VfZ) 51/2003, S. 311-337
  • Michael Thöndl: Der Abessinienkrieg und das totalitäre Potential des italienischen Faschismus in Italienisch-Ostafrika (1935 - 1941). In: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 87/2007, S. 402-419

[Bearbeiten] Verwandte Themen

  • Faccetta Nera - Ein Marschlied des Italienisch-Äthiopischen Krieges


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