Einschalten des Transformators
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Beim Einschalten eines Transformators kann es bei ungünstiger Phasenlage der Netzspannung zu einem stark erhöhten Einschaltstrom kommen, weil der Kern in die Sättigung getrieben wird. Durch die damit verbundene Verringerung des induktiven Blindwiderstandes fließen kurzzeitig sehr hohe Ströme. Die Höhe des Einschaltstromes hängt von dem Einschaltzeitpunkt im Bezug zum zeitlichen Verlauf der angelegten Wechselspannung und des im Transformatorkern gespeicherten magnetischen Flusses, dem Restmagnetismus (Remanenz), ab.
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[Bearbeiten] Begründung
Im Regelfall sollte eine Induktivität wie die Primärspule eines Trafos problemlos an eine Spannungsquelle gelegt („eingeschaltet“) werden können, da der Strom laut Berechnung langsam ansteigt, wie im nebenstehenden Bild zu sehen ist. Er erreicht seinen Nennwert bei üblichen Baugrößen von Netztrafos erst nach Millisekunden – wenn die auf den Dauerbetrieb richtig, aber für das Einschalten an beliebigen Zeitpunkten zu sparsam dimensionierten Eisenkerne keine Probleme bereiten würden. Diese werden aus Gewichts- und Kostengründen so ausgelegt, dass der Eisenkern im Dauerbetrieb noch nicht gesättigt ist, wenn der Stromfluss durch die Primärwicklung nach 10 ms – das ist eine halbe Periodendauer der Netzfrequenz – umgepolt wird. Im „eingeschwungenen“ Betrieb ist das gewährleistet, nicht aber bei ungünstigen Bedingungen unmittelbar nach dem Einschalten der Netzspannung. Der ungünstigste Fall liegt vor, wenn der Kern durch hohen Restmagnetismus vormagnetisiert ist und unmittelbar nach dem Einschalten eine Halbwelle lang (10 ms bei 50 Hz) die Spannungszeitfläche der angelegten Netzspannung den magnetischen Fluss in der gleichen Richtung verstärkt. Dann kann der Maximalfluss bis zu dreimal so groß werden wie im eingeschwungenen Zustand, wodurch der (dann dafür nicht ausgelegte) Eisenkern weit in die Sättigung getrieben wird. (Er müsste dafür drei mal so groß sein, was unwirtschaftlich ist.) Das führt zu einem ungebremsten Stromanstieg, der nur durch die „Kupferwiderstände“ der Primärwicklung und der Zuleitung begrenzt wird und der die Trafo- und die Gebäude-Sicherung auslöst.
Die Begründung dieser Erscheinung erfordert einige mathematische Operationen. Bei einem guten Trafo ist Uinduziert in jedem Augenblick fast genauso groß ist wie UNetz. Man setzt großzügig beide gleich und formt die grundlegende Formel um. Aus
Diese Gleichung muss ab Einschaltzeitpunkt bis t integriert werden. Von entscheidender Bedeutung für das Ergebnis ist der Zeitpunkt, wann man die Primärwicklung mit der Netzspannung verbindet und ob der Eisenkern vormagnetisiert ist. Es gibt insgesamt vier Kombinationen, die getrennt erläutert werden.
[Bearbeiten] Einschalten beim Maximum der Netzspannung
Diese Beziehung beschreibt den zeitlichen Flussverlauf Φ als Funktion der Netzspannung UNetz an der Primärspule, wenn diese zu dem Zeitpunkt eingeschaltet wird, an dem sie ihren Maximalwert erreicht. Die Integrationskonstante C muss so bestimmt werden, dass bei t = 0 keine Sprungstelle für Φ auftritt.
- War der Eisenkern vor dem Einschalten entmagnetisiert, gilt die eingezeichnete Sinusfunktion Φ(t). C = 0. Das Bild gilt auch für den „eingeschwungenen“ Zustand des Trafos. Dann wechselt der magnetische Fluss Φ(t) ohne irgendwelche Besonderheiten regelmäßig die Polarität: Von 0 bis 5 ms wird Φ größer und erreicht den vorgesehenen maximalen magnetischen Fluss. Anschließend entmagnetisiert die inzwischen umgepolte Primärspannung den Eisenkern bis zum Zeitpunkt 10 ms. Das wiederholt sich immer wieder mit vertauschten Vorzeichen.
- Falls der Eisenkern noch Restmagnetismus besitzt, muss die Sinuskurve des magnetischen Flusses entsprechend nach oben oder nach unten verschoben werden, weil der Fluss vom Remanenzfluss aus startet, dann ist C ≠ 0 (siehe blauer Bereich im Bild darunter). Zum Zeitpunkt 5 ms ist der magnetische Fluss Φmax größer oder kleiner als im eingeschwungenen Zustand. Wenn er größer ist, wird der Kern kurzzeitig gesättigt und durch die Primärwicklung fließt zum Zeitpunkt t = 5 ms eine Stromspitze. Wäre dieser Restmagnetismus bekannt gewesen, hätte man 2 ms später einschalten und die Sättigung vermeiden können. Leider ist es viel zu aufwendig, den Restmagnetismus vor dem Einschalten im Eisenkern zu messen.
Eine ergänzende Erklärung bietet die Beschreibung der Funktion des Trafoschaltrelais an. Dort wird anhand der Wirkung der Spannungszeitfläche auf grafische Weise erklärt weshalb es zu den Einschaltstromstößen kommen kann und wie diese ganz vermieden werden können.
[Bearbeiten] Einschalten beim Nulldurchgang der Netzspannung
Diese Beziehung beschreibt den zeitlichen Flußverlauf Φ als Funktion der Netzspannung UNetz an der Primärspule, wenn diese zu dem Zeitpunkt eingeschaltet wird, an dem sie durch Null geht. Die Integrationskonstante C muss so bestimmt werden, dass bei t=0 keine Sprungstelle für Φ auftritt. Keine physikalische Größe kann sich sprungartig ändern.
- War der Eisenkern vor dem Einschalten entmagnetisiert, muss C = Umax/ω gewählt werden, damit Φ(t) zu diesem Zeitpunkt Null ist. C1=0. Jede andere Wahl von C würde eine Sprungstelle für t = 0 verursachen, das ist physikalisch unmöglich. Insgesamt gilt die eingezeichnete Funktion Φ(t), die so weit nach oben verschoben ist, dass sie im Nullpunkt startet. Das Ergebnis bewirkt bei jedem üblichen, (nicht extra für das einschalten) bemessenen Trafo, dass der Eisenkern im rot markierten Bereich deutlich in den Sättigungsbereich kommt, wo µr viel kleiner als vorgesehen ist. Er kann einfach nicht den doppelt so großen magnetischen Fluss Φ bewältigen, dafür enthält er zu wenige Weiss-Bezirke. Als Folge wird zu wenig Gegenspannung induziert und durch die Primärwicklung schießt eine gewaltige Stromspitze. Diese kann maximal 10 ms lang dauern - genug, um die Sicherung auszulösen. Wenn die (träge und oder zu große) Sicherung weiterhin Strom fließen lässt, folgen Ausgleichsvorgänge, die den magnetischen Fluss Φ bei t = 20 ms leicht negativ werden lassen. Die folgende Stromspitze ist nicht mehr ganz so gewaltig.
- Falls der Eisenkern vor dem Einschalten magnetisiert war, kommt eine weitere Verschiebung der Flusskurve nach oben oder unten dazu. In diesem Fall muss die Kurve Φ(t) um den Wert des Restmagnetismus nach oben oder unten verschoben werden, sie beginnt dann nicht mehr an Nullpunkt. Als Folge kann das Maximum des Flusses bis zu dreimal höher werden als der Wert, für den der Eisenkern ausgelegt wurde.
[Bearbeiten] Grafisches Integrieren (kurze Einführung)
Eine rein mathematische Argumentation ist nicht jedermanns Sache, deshalb wurden zur Integration graphische Lösungen entwickelt, die zum gleichen Ergebnis führen. Integrieren heißt, Fläche bestimmen. Das wird am Beispiel einer Cosinuskurve gezeigt. Diese liegt vor, wenn der Trafo eingeschaltet wird, sobald die Netzspannung ihren Maximalwert erreicht.
Hier muss die zwischen der Cosinuskurve U(t) und der Zeitachse eingeschlossene, grün markierte Fläche von t = 0 bis zu einem wählbaren Zeitpunkt t bestimmt werden, sie wird Spannungszeitfläche genannt. Der Grund dieser eigentümlichen Bezeichnung: Die Höhe wird in Volt gemessen, die Breite in Sekunden, deshalb hat die Spannungszeitfläche die Einheit Vs. Diese ist ein Maß für den bis zu diesem Zeitpunkt erzielten Magnetfluss Φ im Kern des Trafos; die Fläche wird im nebenstehenden Bild für vier willkürlich gewählte Zeitpunkte (1,5 ms, 3 ms, 5 ms und 7,5 ms) berechnet und jeweils als blauer Balken aufgetragen.
Im Bild wurde das für vier Zeitpunkte ab Einschaltzeitpunkt t = 0, im Scheitel der Netzspannung, durchgeführt. Man erkennt, dass die grüne Fläche, also Φ von t = 0 ms bis t = 5 ms ansteigt. Dann hat der Magnetfluss Φ seinen Maximalwert. Ab diesem Zeitpunkt liegen die Flächenstücke unterhalb der Zeitachse (hellgrün) und müssen negativ gezählt werden. Als Folge wird der magnetische Fluss Φ (das ist die vorzeichenrichtige Summe beider Flächen) wieder kleiner und erreicht zum Zeitpunkt t = 10 ms den Wert Null.
Die Magnetisierung des Kerns wird in der ersten Viertelschwingungen (0–5 ms) aufgebaut worden, in der folgenden Viertelschwingungen (5..10 ms) wird sie abgebaut. Weil dann die dunkelgrüne Fläche über der Zeitachse genauso groß ist wie die hellgrüne Fläche unter der Zeitachse, haben sich sich beide kompensiert, der Eisenkern ist wieder unmagnetisch. Das gilt im „eingeschwungenen“ Zustand und auch gleich nach dem Einschalten, wenn der Restmagnetismus zuvor Null war.
Falls der Eisenkern zu Beginn der Integration einen gewissen Restmagnetismus besaß, weil der Trafo zu einem ungünstigen Moment ausgeschaltet wurde, muss dieser zur grünen Fläche addiert oder subtrahiert werden. Dadurch kann der Magnetfluss Φ seinen zulässigen Wert überschreiten. Die Folgen der Sättigung wurde bereits beschrieben.
[Bearbeiten] Begrenzung des Stromes
Es gibt mehrere Möglichkeiten, das Auslösen des Überstromschutzes zu vermeiden.
- Im einfachsten Fall verwendet man eine träge auslösende oder überdimensionierte Sicherung mit erhöhter Belastbarkeit und nimmt einen gewissen Sicherheitsverlust in Kauf.
- Man schaltet zunächst einen Hochlastwiderstand von wenigen Ohm in Reihe zur Primärwicklung, der nach etwa 100 ms kurzgeschlossen wird.
- Eine elektronische Schaltung bestimmt die Nulldurchgänge der Primärspannung und schaltet genau 5 ms später ein, wenn die Netzspannung maximal ist. Das ist das Gegenteil von dem, was ein Nulldurchgangsschalter erledigen soll und heißt Scheitel-Spannungs-Schalter. Dieser eignet sich jedoch nur für Transformatoren, die einen erheblichen Luftspalt im Kern und deshalb nur eine geringen Restmagnetismus haben.
- Bei kleinen Trafos bis etwa 200 W hilft oft ein Heißleiter in Reihe zur Primärwicklung zur Einschaltstrombegrenzung. Es ist nicht sinnvoll, mehrere Heißleiter parallel zu schalten, weil dabei nie beide gleichzeitig heiß werden und so nur einer die Last trägt und überlastet wird.
- Man kann den Heißleiter mit einem Relais kurzschließen, damit es sich abkühlen kann. Dann steigt die Lebensdauer erheblich.
- Die Wartezeit bleibt dabei jedoch genauso nötig, wenn kurz hintereinander geschaltet werden soll.
- Eine weitere Möglichkeit besteht, mit einem Transformatorschaltrelais den Einschaltstrom vollkommen zu vermeiden.