Deep Blue – Kasparow, Philadelphia 1996, 1. Wettkampfpartie
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Deep Blue – Kasparow, Philadelphia 1996, 1. Wettkampfpartie ist eine berühmte Schachpartie. Es ist die erste Niederlage eines amtierenden Schachweltmeisters gegen einen Schachcomputer in einer unter Turnier- und Wettkampfbedingungen gespielten Partie. 1996 fand in Philadelphia ein weit beachteter Zweikampf zwischen dem von IBM entwickelten Programm Deep Blue und dem 13. Weltmeister des Schachs Garri Kasparow statt. Nach sechs Partien ging Kasparow mit 4-2 als Sieger hervor, doch verlor er am 10. Februar 1996 die erste Partie des Matches. In ihr führte Deep Blue die weißen Steine.
[Bearbeiten] Partie
- 1.e2-e4 c7-c5 2.c2-c3
Kasparow wählte seine Lieblingseröffnung, die Sizilianische Verteidigung, auf die das Schachprogramm mit der soliden Alapin-Variante antwortete, benannt nach dem russischen Meister des 19. Jahrhunderts Simon Alapin. Die Hauptvariante ist hier 2.Sg1-f3, doch hat Kasparow in ihr große Erfahrung und darum überraschte das Abweichen von üblichen Pfaden an dieser Stelle die Experten nicht besonders.
- 2...d7-d5 3.e4xd5 Dd8xd5 4.d2-d4 Sg8-f6 5.Sg1–f3 Lc8-g4 6.Lf1–e2 e7-e6 7.h2-h3 Lg4-h5 8.0–0 Sb8-c6 9.Lc1–e3 c5xd4 10.c3xd4 Lf8-b4!
Eine starke Neuerung an dieser Stelle. Zuvor spielte man 10...Lf8-e7. Kasparow, der diese Stellung in seiner Heimanalyse untersucht hatte, verbesserte mit diesem Zug die bekannte Theorie und der Schachcomputer war gezwungen, selbstständig zu rechnen. Zuvor war er den einprogrammierten Eröffnungszügen gefolgt.
- 11.a2-a3 Lb4-a5 12.Sb1–c3 Dd5-d6 13.Sc3-b5 Dd6-e7?!
Diese Ungenauigkeit erlaubt es Weiß, seine Figuren aktiver zu stellen. In Frage kamen statt dessen Züge wie 13...Dd6-b8 oder 13...Dd6-d5, die vermutlich besser wären.
- 14.Sf3-e5! Lh5xe2 15.Dd1xe2 0–0 16.Ta1–c1 Ta8-c8 17.Le3-g5
Schwarz hat jetzt ein Problem, besonders aufgrund des gefesselten Springers auf f6.
- 17...La5-b6 18.Lg5xf6 g7xf6
Kasparow durfte nicht mit der Dame auf f6 wiedernehmen wegen 19.Se5-d7 mit Qualitätsgewinn, doch ist nun die schwarze Königsstellung geschwächt.
- 19.Se5-c4! Tf8-d8
Aber nicht 19...Sc6xd4? 20.Sb5xd4 Lb6xd4 21.De2-g4+ und Weiß gewinnt eine Figur.
- 20.Sc4xb6 a7xb6 21.Tf1–d1 f6-f5 22.De2-e3!
Ein hervorragendes Feld für die weiße Dame.
- 22...De7-f6
- 23.d4-d5!
Ein Bauernopfer im Kasparow-Stil! Kasparow selbst war über diesen Zug sehr erstaunt und schrieb anschließend, er selbst hätte diesen Zug ebenfalls gespielt, doch wäre er für ein Schachprogramm sehr ungewöhnlich. Weiß opfert seinen angegriffenen Bauern, um seinen Angriff auf den schwarzen König zu verstärken.
- 23...Td8xd5 24.Td1xd5 e6xd5 25.b2-b3! Kg8-h8?
Nach diesem Fehler kann Schwarz dem Mattangriff nichts mehr entgegensetzen. Kasparow möchte die g-Linie für seine Türme nutzen, doch dazu wird es nicht mehr kommen. Einzig 25...Sc6-e7!? versprach Rettung.
- 26.De3xb6 Tc8-g8 27.Db6-c5
Aber nicht 27.Db6xb7 Df6-g5, was Matt droht und gleichzeitig den Turm auf c1 angreift.
- 27...d5-d4 28.Sb5-d6 f5-f4 29.Sd6xb7
Ein typischer materialistischer Computerzug: Weiß verspeist einen gegnerischen Bauern, der gänzlich unbeteiligt am Geschehen ist und erhöht damit seine Stellungsbewertung. Deep Blue errechnete, daß ihm von Schwarz kein vernichtender Mattangriff droht und erweiterte seinen Materialbesitz.
- 29...Sc6-e5 30.Dc5-d5 f4-f3 31.g2-g3 Se5-d3
Auf 31...Df6-f4 folgte 32.Tc1–c8!! Df4-g5 33.Tc8-c5! und Weiß hat alles unter Kontrolle.
- 32.Tc1–c7
32.Tc1–c6? Tg8-g5 ist unklar.
- 32...Tg8-e8 33.Sb7-d6 Te8-e1+ 34.Kg1–h2 Sd3xf2
Kasparow droht jetzt ein einzügiges Matt an, doch Deep Blue hat alles unter Kontrolle.
- 35.Sd6xf7+ Kh8-g7 36.Sf7-g5+ Kg7-h6 37.Tc7xh7+
Schwarz gab auf, da nach dem erzwungenen 37....Kh6-g6 38.Dd5-g8+ Kg6-f5 39.Sg5xf3 die zahlreichen Drohungen nicht zu parieren sind und die schwarze Mattdrohung abgewehrt wurde. 1–0