Civitas Taunensium
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Die Civitas Taunensium war eine römische Civitas im rechtsrheinischen Teil der Provinz Germania Superior im heutigen Rhein-Main-Gebiet.
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[Bearbeiten] Geografie
Die Civitas umfasste in etwa den Bereich der heutigen Wetterau, des Vordertaunus und die Gebiete nördlich des Mains zwischen dem heutigen Hanau und Hattersheim, wobei Gebiete direkt südlich des Maines möglicherweise auch zur Civitas Taunensium gehörten. Ihre Grenzen im Nordwesten, Norden und Osten wurden vom Wetteraulimes gebildet, als Westgrenze wird der Schwarzbach vermutet. Hier grenzte direkt die Civitas Mattiacorum mit dem heutigen Wiesbaden als Hauptort an. Im Süden lag die Civitas Auderiensium mit dem Hauptort Dieburg. Von diesem Gebiet war die Civitas Taunensium vermutlich durch den Dreieich-Forst oder den Main getrennt.
Hauptort der Civitas Taunensium war der Vicus Nida. Er lag zwischen den heutigen Frankfurter Stadtteilen Heddernheim und Praunheim im Gebiet der Siedlung Römerstadt. Im Gebiet der Civitas sind noch zahlreiche weitere Vici als Marktplätze und Wohnort der Handwerker nachgewiesen, so etwa in Friedberg, im Bereich der Frankfurter Altstadt, in Hofheim, Höchst, in Frankfurt-Nied, Hanau-Salisberg und in Nidderau-Heldenbergen. Außerdem lagen vor allen größeren Kastellen kleine Dörfer. Dennoch ist diese Aufstellung gering im Vergleich mit der Dichte der mittelalterlichen Dorfsiedlungen. Vorherrschend war die Besiedlung in Einzelhofwirtschaft, das gesamte Maintal und vor allem die Wetterau wurde wegen der fruchtbaren Böden intensiv bewirtschaftet. Die civitas Taunensium weist deshalb eine relativ hohe Dichte an Gutshöfen auf. Bisher sind Baureste von über 200 solcher Anlagen bekannt, flächig ausgegraben aber nur ganz wenige. Diese Villae Rusticae stellten die Lebensmittelversorgung der am Limes stationierten Einheiten sicher.
[Bearbeiten] Geschichte
Das Gebiet der späteren Civitas Taunensium rückte zuerst mit den Germanenfeldzügen des Kaisers Augustus in das Blickfeld der römischen Expansion. Hier reichte der Rheingraben in Form der Wetterau zapfenförmig weit in germanisches Territorium hinein. Deshalb wählte man dieses Gebiet als eine der beiden Haupteinmarschstrecken neben dem Lippe-Raum. Vom Legionslager Mainz aus legte man eine Reihe von Kastellen an, die den sicheren Marsch der Einheiten vom Rhein aus in die innergermanischen Gebiete ermöglichten. Diese Kastelle befanden sich in Hofheim, Nida, Friedberg und bei Bad Nauheim. Sie waren untereinander durch eine Militärstraße verbunden, die heute als Elisabethenstraße bekannt ist. Ein zweiter Versorgungsweg war das Wasser. Der Main und die Nidda dienten vornehmlich dem Transport von Waren und Material. Zur Sicherung diente hier das Kastell in Höchst.
Durch die verheerende Niederlage im Teutoburger Wald wurde die Römische Expansion nur kurzfristig gestoppt. Ein bescheidenerer Versuch zur Aneignung Germaniens geschah unter Domitian. Das Gebiet der Civitas Taunensium wurde während der Chattenkriege des Kaisers 83 – 85 n. Chr. Teil des römischen Reichs. In dieser Zeit wurde der Wetterau-Limes angelegt und somit die Grenze der römischen Expansion zunächst provisorisch, später als endgültig festgelegt. Die innerhalb des Limes gelegenen Gebiete wurden in das römische Verwaltungssystem integriert. Zunächst wurden in den bisher schon eroberten Gebieten Germaniens neue Provinzen gegründet. Die Provinz Germania Superior mit der Hauptstadt Mainz umfasste auch die so genannten agri decumates, also rechtsrheinische Gebiete, die schon vor der formalen Annexion römisch beeinflusst waren.
Wenige Jahre nach der Eroberung etablierte sich auch in den rechts des Rheins besetzten Gebieten eine zivile Verwaltung. Die Gründung der civitas Taunensium wird allgemein um das Jahr 100 n. Chr., also in der Zeit Kaiser Trajans angenommen. Dieser war zuvor Statthalter in Obergermanien und blieb auch nach dem Tod seines Vorgängers Nerva bis zum Jahr 99 in Germanien.
Das vom Limes geschützte Gebiet erlebte im Verlauf des 2. Jahrhundert unter den Adoptivkaisern eine lange Friedensperiode. Handel und Kultur blühten auf, Nida begann (wenn auch nicht im rechtlichen Sinne so doch im baulichen Sinne) eine Stadt zu werden. Militärischer Mittelpunkt war das Kastell von Friedberg, das mit allen Limeskastellen über direkte Straßen verbunden war. Die ehemals keltischen Salinen von Bad Nauheim wurden auch unter den Römern betrieben.
Erste Schwierigkeiten scheinen das Gebiet gegen Ende des 2. Jahrhundert n. Chr. betroffen zu haben, möglicherweise in Verbindung mit den Markomannenkriegen. Aus einigen römischen Villen gibt es Zerstörungsspuren aus der Zeit zwischen 160 und 180 n. Chr., ebenso aus dem Hauptort Nida. In der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts wurde die Limesstrecke im Taunus durch die Numeruskastelle Holzhausen, Kleiner Feldberg und Kapersburg verstärkt.
Die Alamanneneinfälle in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts beendeten die römische Präsenz und auch die Existenz der Civitas Taunensium. Selbst die aufwendig errichtete Stadtmauer von Nida konnte nicht verhindern, dass sich Rom hinter die Rheingrenze zurückziehen musste. Im Gegensatz zu den vielen anderen Civitates rechts des Rheins fielen die Zerstörungen noch verheerender aus; die Hauptstadt Nida wurde vollkommen vernichtet und nicht wieder besiedelt. Allerdings bestätigen spätrömische Münzfunde, dass die Bewohner weiterhin Handel mit dem Imperium trieben; zahlreiche Siedlungen wie Friedberg blieben, wenn auch in bescheidenem Rahmen, durchgehend besiedelt. Friedberg bewahrte sich sogar seine römische Siedlungsstruktur: Der Ort des Kastelles wurde zur Reichsburg, der Vicus zur mittelalterlichen Stadt, die Römerstraße, die genau auf das Südtor des Kastelles zuführte und die Marktstraße des Ortes bildete, führte nun auf das Burgtor zu und wurde zum Straßenmarkt der sich entwickelnden Stadt im Hohen Mittelalter.
[Bearbeiten] Römerstraßen
Wichtigste Verbindung war die schnurgerade angelegte Elisabethenstraße. Sie stellte die Verbindung von Mainz zum Hauptort Nida und weiter zum militärischen Vorposten Friedberg her. Von ihr zweigten Nebenstraßen zu allen Kastellen am Limes ab. Eine weitere Römerstraße führte von der römischen Stadt Nida rechtsmainisch über eine Militärstation auf dem Domhügel (welcher auch mit der alten Mainfurt in Frankfurt verbunden war) durch das Gebiet des heutigen Osthafens über die Fechenheimer Gemarkung zu einer befestigten Mainbrücke bei Bürgel. Auch die Strassen zu den Orten südlich des Mains wie Dieburg und Groß-Gerau nutzten die Mainfurt am Domhügel. Nördlich von dieser Strecke führte eine weitere Verbindung von Nida über Preungesheim ("Eselsweg") nach Bergen-Enkheim und von dort südlich zur Bürgeler Mainbrücke. Linksmainisch führte eine Straße von der Frankfurter Mainfurt entlang der heutigen Strahlenberger Straße im Offenbacher Stadtteil Kaiserlei über die Bernardstraße in Offenbach nach Bürgel, wo eine größere römische Siedlung bestand.
Der Straßenbau wurde unter militärischer Regie ausgeführt. Straßen dienten in erster Linie der Versorgung und der Kommunikation der am Limes stationierten Truppen. Erst mit der zivilen Besiedlung des Landes und der Einrichtung der civitas, wenige Jahre nach der Besetzung, bildeten sich entlang dieser Verkehrsadern verschiedene Gutshöfe. Deshalb führten viele Straßen zum Limes bzw. zu den dort den Grenzverkehr überwachenden Kastellen. So wurden Verbindungen zu den Taunusübergängen (z.B. Feldberg, Kapersburg und Butzbach) ausgebau oder neu angelegt (z.B. zur Saalburg), ebenso wurden die Wetterau-Übergänge ins germanische Hinterland (Kastell Arnsburg) und in den Vogelsberg (Altenstadt, Marköbel) an das römische Straßennetz angeschlossen. Direkte Verbindungen zwischen den einzelnen Limes-Kastellen fehlten, und Nachschub wurde über das Hinterland bzw. vom Legionslager in Mogontiacum gewährleistet. Ebenso wurden Militärstraßen zu strategisch wichtigen Einheiten, wie z.B. zum Reiterkastell in Echzell, angelegt. Vorrömische Altstraßen wie z.B. die Hohe Straße wurden von den Römern ausgebaut und unterhalten. Überregionale Fernstraßen verbanden die wichtigsten Hauptorte in der Obergermanischen Provinz und sicherten die Verbindung ins restliche römische Imperium.
An Straßenkreuzungen bildeten sich bisweilen kleinere Dörfer (vici), etwa in Nidderau-Heldenbergen oder am Salisberg bei Hanau. Hier gab es häufig Handwerksbetriebe; so wurden in Heldenbergen mehrere Töpferöfen freigelegt.
[Bearbeiten] Bevölkerung
Die Herkunft des Namens der Civitas Taunensium ist ungeklärt. Zahlreiche Theorien vermuten als Namensgeber entweder das Gebirge Taunus oder den Bergrücken auf dem Friedberg, der schon immer die Mitte der Wetterau bildete. In Betracht kommen aber auch Bevölkerungsbezeichnungen, da die römischen Civitates nicht primär als Gebietskörperschaften, sondern als Stammesgebiete zu verstehen sind. Für eine kontinuierliche Besiedlung seit der keltischen Zeit gibt es aber nur sehr vereinzelte Belege, etwa an der Saline von Bad Nauheim. Frontinus berichtet von Zahlungen der Römer an eine Stammeseinheit der Kubier als Entschädigung für die Errichtung von Kastellen in deren Gebiet, was anscheinend deren Ernteertrag gemindert hat [1]. Auch bestanden mit dem Glauberg, dem Dünsberg und dem Oppidum über Oberursel drei befestigte keltische Orte, die jedoch nach bisherigen Erkenntnissen der Archäologie zur Zeit der römischen Besetzung nicht mehr besiedelt waren. Tacitus erwähnt, dass sich in den schwach besiedelten agri decumates Leute aus Gallien niederließen [2].
Das Gebirge Taunus erhielt seinen Namen erst im 19. Jahrhundert; es hieß vorher schlicht "die Höh´". Die Umbenennung erfolgte im Rahmen einer geschickten Kampagne, die für die Weltkurstädte Wiesbaden und Bad Homburg sowie den Vordertaunus warb. Man nutzte hier erfolgreich den Anschluss an die römische Geschichte, um der Entwicklung der Region einen würdigen Rahmen zu geben. Im diesem Zusammenhang ist auch der Wiederaufbau der Saalburg zu sehen.
[Bearbeiten] Fundstätten
[Bearbeiten] Zivilsiedlungen
Frankfurt am Main - Heddernhein
- antike Stadt Nida
Dörfer (vici, ausgenommen Kastelldörfer)
- Friedberg
- Hanau-Salisberg
- Höchst
- Hofheim
- Nidderau-Heldenbergen
Gutshöfe (villae rusticae)
- Bad Homburg – Ober-Eschbach „Steingritz“
- Bad Homburg – Ober-Erlenbach „Im Holderstauden“
- Frankfurt „Ebelfeld“
- Frankfurt-Bornheim, am Güntersburgpark
- Frankfurt-Heddernheim „Philippseck“
- Friedberg „Auf der Pfingstweide“
- Friedrichsdorf-Seulberg „Hunburg“
- Hungen-Bellersheim „Markwald“
- Münzenberg-Gambach „Brückfeld“
- Niddatal-Bönstadt "Raubschloss"
- Niddatal-Kaichen "Auf dem Steinrutsch"
- Wölfersheim-Wohnbach „Wahleburg“ und „Hinterwald“
[Bearbeiten] Römerstraßen
[Bearbeiten] Militärische Anlagen
Limeskastelle im Bereich der civitas Taunensium
siehe auch: Liste der Limeskastelle
- Kastell Alteburg, Idstein-Heftrich
- Kleinkastell Maisel, Glashütten (Taunus)
- Kastell Kleiner Feldberg, Schmitten-Niederreifenberg
- Kleinkastell Altes Jagdhaus, Schmitten-Arnoldshain/Hegewiese
- Kleinkastell Heidenstock, Schmitten-Arnoldshain/Hegewiese
- Kastell Saalburg, Bad Homburg vor der Höhe
- Kleinkastell Lochmühle, Wehrheim-Saalburgsiedlung
- Kastell Kapersburg, Wehrheim-Pfaffenwiesbach
- Kleinkastell Ockstädter Wald, Wehrheim-Pfaffenwiesbach
- Kleinkastell Kaisergrube, Wehrheim-Pfaffenwiesbach
- Kleinkastell Am Eichkopf, Ober-Mörlen-Langenhain/Ziegenberg
- Kastell Langenhain, Ober-Mörlen-Langenhain/Ziegenberg
- Kleinkastell Hunnenkirchhof, Butzbach-Hausen
- Kastell Butzbach, Butzbach
- Kleinkastell Degerfeld, Butzbach
- Kleinkastell Dicker Wald, Butzbach-Kirch-Göns
- Kleinkastell Holzheimer Unterwald, Pohlheim-Grüningen
- Kleinkastell Hainhaus, Pohlheim-Grüningen
- Kastell Arnsburg, Lich-Arnsburg
- Kleinkastell Langsdorf, Lich-Langsdorf
- Kleinkastell Feldheimer Wald, Hungen
- Kleinkastell Auf dem Wingertsberg, Hungen
- Kastell Inheiden, Inheiden
- Kleinkastell Massohl, Hungen-Steinheim
- Kleinkastell Auf der Burg
- Kleinkastell Haselhecke, Echzell
- Kastell Echzell, Echzell
- Kleinkastell Lochberg, Echzell-Bingenheim
- Kleinkastell Staden, Florstadt-Staden
- Kastell Oberflorstadt, Florstadt-Oberflorstadt
- Kleinkastell Stammheim, Florstadt-Stammheim
- Kastell Altenstadt, Altenstadt
- Kastell Marköbel, Marköbel
- Kleinkastell Langendiebach, Erlensee-Langendiebach
- Kastell Rückingen, Rückingen
- Kleinkastell Neuwirtshaus, Hanau-Wolfgang
- Kastell Großkrotzenburg
Kastelle im Hinterland des Limes
- Militäranlage auf dem Frankfurter Domhügel
- Kastell Friedberg
- Kastell Hanau-Kesselstadt
- Kastell Hanau-Salisberg
- Kastell Heddernheim
- Kastell Heldenbergen
- Kastell Hofheim
- Kastell Okarben
Wachttürme zur Signalübermittlung
- Hofheim, Kapellenberg
- Wölfersheim-Wohnbach
- Wp 4/ 16 Auf dem "Gaulskopf" zwischen Ockstadt und Pfaffenwiesbach
- Bad Nauheim, Johannisberg (von Friedberg zum "Gaulskopf")
[Bearbeiten] Einzelnachweise
[Bearbeiten] Literatur
- Dietwulf Baatz/Fritz-Rudolf Herrmann (Hrsg.), Die Römer in Hessen² (Theiss-Verlag Stuttgart 1989).
- Ingeborg Huld-Zetsche, NIDA – eine römische Stadt in Frankfurt am Main. Kleine Schr. Kenntnis Röm. Besetzungsgeschichte Südwestdeutschlands (Schriften des Limesmuseums Aalen) 48 (Stuttgart 1994).
- Alfred Kurt: Zur Geschichte von Straßen und Verkehr zwischen Rhein und Main, Teil 2, Die Heerstraßen der Römer, Dissertation, Frankfurt am Main, 1957.
- Jörg Lindenthal, Die ländliche Besiedlung der nördlichen Wetterau in römischer Zeit. Materialien zur Vor- und Frühgeschichte von Hessen 23 (Wiesbaden 2007).
- Vera Rupp, Römische Landwirtschaft in der Wetterau. In: V. Rupp (Hrsg.), Archäologie der Wetterau (Friedberg 1991) 207 – 216.
- Georg Wolff, Die südliche Wetterau in vor- und frühgeschichtlicher Zeit mit einer archäologischen Fundkarte (Frankfurt a. M. 1913).