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Bektaschi – Wikipedia

Bektaschi

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Bektaschi-Tariqa ist einer der größten und einflussreichsten islamischen Derwisch-Orden in Anatolien und auf dem Balkan. Als Gründer gilt traditionell der in Persien geborene Turkmene Hadschi Baktasch Wali (türkische Schreibweise Hünkar Hacı Bektaş Veli; † 1270?).

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Struktur

Die Bektaschi betreiben Konvente (Tekken), in denen Derwische leben. Das Oberhaupt der Bektaschi-Tariqa ist der (Groß)-Dede, Dede bedeutet soviel wie Großvater. Der nächste Rang ist der Halifebaba anschließend der des Baba (Vater), der die Aufgaben Predigt und Seelsorge innehat. Die mittlere Station ist die des Derwisch, dieser kann wie der Baba verheiratet sein oder ein zölibatäres Leben führen. Am Ende der Hierarchie steht das normal initiierte Mitglied, der Talib oder Muhibb (Liebender). Derzeit werden die Bektaschi von Dedebaba Reshat Bardhi geleitet.

In Albanien sind die Bektaschi neben den christlichen Kirchen und dem sunnitischen Islam eine vom Staat offiziell anerkannte Religionsgemeinschaft. In der Türkei sind sie seit einem Verbot in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts nicht wieder zugelassen worden, werden aber von den Behörden mehr oder minder geduldet.

[Bearbeiten] Religiöse Praxis

Der Bektaschiorden bot der ländlichen Bevölkerung eine undogmatische, unorthodoxe und unkonventionelle Religionsausübung an, da die strikte und systematische Form des orthodoxen Islams zugunsten einer der anatolischen Bevölkerung angepassten Form evolutioniert wurde.

So war das Gebet, das Beten, nicht mehr an gewisse Tageszeiten angelehnt, sondern konzentrierte sich auf gewisse Abendstunden, in denen die Arbeit ruhte und die Gläubigen sich in kontemplativer Hingabe den Zeremonien des Cem geistig öffnen konnten.
In diesem Ritus wurde durch Gesang, durch Musik und durch die Rezitation von Hymnen und Heldensagen in Begleitung des Sazinstruments eine mystische Stimmung geschaffen, in deren Verlauf die Menschen - Frauen und Männer, Junge und Alte, Arme und Reiche - in eine Stimmung des Eins-Seins (El ele ve el hakka) versetzt wurden und in dem alle unterschiedlos und gemeinsam ihre Hände dem Schöpfer (Hak-Tanri-Allah) entgegenstreckten.

Der Semahtanz, der rituelle Tanz der Aleviten und Bektaschiten, der innerhalb der Cemzeremonie stattfindet, bildet den physisch-geistigen Ausdruck und die Mimese des Menschen ab, die Natur nachzuahmen und durch den Tanz das ewige Wiederkehren aller Schöpfungen auszudrücken, denn im Semahtanz drehen sich Frauen und Männer (als Sinnbild der antagonistischen und sich dennoch bedingender Gegensätzlichkeiten) im Kreis und bilden in diesem Ritus symbolisch den Umlauf der Planenten um die Sonne nach.

Ihr höchstes Fest begehen die Bektaschi alljährlich eine Woche lang am Berg Tomorr bei Berat.

[Bearbeiten] Geschichte

Der Orden der Bektaschi entstand in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts im seldschukisch beherrschten Kleinasien. Die Lehre und Gebetspraxis der Gemeinschaft geht auf Haddschi Bektasch Veli zurück. Er wanderte ursprünglich als Yesevi-Derwisch aus Chorasan nach Anatolien aus. Die Angehörigen des nach ihm benannten Ordens verehren ihn als Gründer der Gemeinschaft; wahrscheinlicher ist, dass sich erst frühe Anhänger von Hadschi Bektasch Veli zu einem Orden formten. Das Bektaschitentum verbreitete sich in Mazedonien und Kosovo ab dem 14 Jahrhundert. Sie umfasst den ganzen Balkan, Rumänien und Ungarn. Die aus Anatolien stammenden Derwische Sarı Saltık Baba, Hıdır Baba und Sersem Ali Dede zählen zu den ersten Missionaren.

Orhan I. gilt als Gründer der Janitscharen und soll Hadji Bektasch Veli um seine Segnung und nach einem Namen für seine Elitesoldaten gebeten haben. Vom 16. Jahrhundert an lebten Bektaschi-Derwische in der Nähe der Janitscharen-Garnisonen, um dort die Soldaten geistig zu leiten. Im Jahre 1826 erlitten die Bektaschi sowohl in Albanien wie auch in Anatolien einen herben Rückschlag, als Sultan Mahmud II. die Janitscharentruppe auflöste und die Schließung aller Bektaschi-Tekes im Reich anordnete. In Albanien lebte der Orden nach dem Tod dieses Sultans aber schnell wieder auf und erreichte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts seine höchste Blüte. 15 Prozent der Albanischen Bevölkerung bekannten sich zu den Bektaschi. In den Balkankriegen (1912/13) wurden 80 Prozent der Tekkes in Epirus und Südalbanien von den Griechen zerstört. Von diesem Schlag konnte sich der Orden nur schwer wieder erholen.

Bis zum Verbot aller Derwisch-Orden in der Türkei durch den Staatsgründer Atatürk im Jahr 1925 hatte der Orden sein Zentrum in Anatolien, danach in Albanien (Tirana). Seitdem sind die meisten Bektaschi Albaner. Mitte der 40er Jahre gab es in Albanien etwa 280 Babas und einfache Derwische und in den 60er Jahren immer noch fünfzig Bektaschi-Tekkes mit ungefähr achtzig Derwischen. Nach der Erklärung Albaniens zum ersten atheistischen Staat der Welt im Jahr 1967 wurden die meisten heiligen Stätten der Bektaschi zerstört. Viele Mitglieder wurden ins Gefängnis geworfen. Bis zum Zusammenbruch der kommunistischen Diktatur hatten nur fünf Babas und ein Derwisch überlebt. Es gab lediglich sechs Tekkes, die noch als Kultgebäude erkennbar waren.

Vor dem Zweiten Weltkrieg emigrierte Bektaschi führten die Tradition des Ordens in den USA fort. Die amerikanische Tekke ist 1954 in Detroit eingerichtet worden. Nach der Aufhebung des Religionsverbots in Albanien (1990) wurde das internationale Zentrum des Bektaschi-Ordens in Tirana eingerichtet. In Vlora haben die Bektaschi 2005/6 ein großes Studienzentrum erbaut.

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Weblinks


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